Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo
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Belästigungsvorwürfe

Druck auf New Yorker Gouverneur steigt

Der Druck auf Andrew Cuomo, den Gouverneur von New York, steigt. Mittlerweile werfen ihm sechs Frauen Übergriffe und sexuelle Belästigung vor. Neben Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden jetzt auch Vorerhebungen für ein Absetzungsverfahren eingeleitet – betrieben von Cuomos demokratischen Parteifreunden.

Am Donnerstag leitete die demokratische Mehrheit im New Yorker Parlament erste Ermittlungen zu einem Impeachment-Verfahren ein. Das zeigt vor allem eines: dass sich die demokratischen Parteifreunde immer mehr gegen Cuomo wenden. Das Gremium wurde ermächtigt, bei der Untersuchung Zeugen zu befragen, Dokumente einzuholen und Beweise auszuwerten, sagte Carl Heastie, der Mehrheitsführer des Unterhauses. „Die Berichte über Anschuldigungen gegen den Gouverneur sind ernst“, sagte er.

Bereits zuvor hatte die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James einen Juristen und eine Juristin damit beauftragt, die Belästigungsvorwürfe gegen Cuomo zu untersuchen. Sie habe den ehemaligen Bundesanwalt Joon Kim und die Anwältin für Diskriminierung am Arbeitsplatz, Anne Clark, ausgewählt.

Entschuldigung und Dementi

Mittlerweile haben sechs Frauen, darunter vier Ex-Angestellte und eine weitere, die weiterhin im Gouverneursbüro arbeitet, Cuomo beschuldigt, sie begrapscht und belästigt zu haben. Fast alle schilderten in Medien, Cuomo habe sie unangebracht berührt und angesprochen. „Lass uns Strip-Poker spielen“, habe er etwa eine ehemalige Mitarbeiterin gefragt. Mehrere andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter warfen Cuomo ein „toxisches Arbeitsklima“ und „Mobbing“ vor.

Demonstration in New York
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Proteste gegen Cuomo auch auf der Straße

Nach langem Schweigen entschuldigte sich Cuomo, sagte aber gleichzeitig, er habe nie jemandem wehtun oder jemanden in Verlegenheit bringen wollen und fühle sich „schrecklich“ und „beschämt“. Zugleich betonte der 63-Jährige, er habe „nie jemanden unangemessen berührt“. Einige der Vorwürfe bestritt er auch heftig.

Am Freitag äußerte er sich abermals gegenüber Journalisten und Journalistinnen. Alle hätten das Recht, gehört zu werden. „Ich unterstütze das. Aber ich sage deutlich: Es ist noch immer eine Frage der Wahrheit. Ich habe nicht getan, was mir vorgeworfen wird.“

Rufe nach Rücktritt immer lauter

Die Rufe nach einem Rücktritt werden schon seit Ende Februar, als die erste Frau Vorwürfe erhob, immer lauter. Bereits am vergangenen Wochenende forderte die Vorsitzende im Senat des Bundesstaats, die Demokratin Andrea Stewart-Cousins, dass er sein Amt abgibt.

Anzeigetafel fordert Andrew Cuomo zum Rücktritt auf
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Rücktrittsaufforderung im öffentlichen Raum

„Jeden Tag gibt es einen neuen Bericht, der Aufmerksamkeit von der Regierungsarbeit abzieht“, erklärte Stewart-Cousins. „Wir müssen ohne tägliche Ablenkungen regieren. Gouverneur Cuomo muss zurücktreten.“ Auch Heastie äußerte sich kritisch. „Ich denke, es ist an der Zeit für den Gouverneur, ernsthaft zu überlegen, ob er die Bedürfnisse der Menschen in New York noch effektiv erfüllen kann“, sagte er.

„Genug ist genug“

Am Donnerstag schlossen sich mehr als 55 demokratische New Yorker Abgeordnete einem Brief an, in dem sie den Rücktritt Cuomos forderten. „Als Gesetzgeber und als New Yorker müssen wir alle entscheiden, was das Beste für die Zukunft des Staates New York ist“, heißt es in dem Brief, der von einer der Unterzeichnerinnen, der demokratischen Abgeordneten Amanda Septimo aus der South Bronx, auf Twitter veröffentlicht wurde. „Genug ist genug“, schrieb Septimo.

Am Donnerstag legte auch der Bürgermeister von New York City, Bill de Blasio, nach: Er sagte, Cuomo könne „einfach nicht mehr als Gouverneur dienen“. Die neuesten Anschuldigungen seien „beunruhigend“. Das kolportierte Verhalten des Gouverneurs sei „inakzeptabel“.

Vom Hoffnungsträger zum Buhmann

Doch nicht nur die Vorwürfe der sexuellen Belästigung haben Cuomos zuletzt unter Druck gebracht: Dem Gouverneur wird auch vorgeworfen, die Zahl von Todesopfern durch die Coronavirus-Pandemie in Altersheimen kleingeredet und verschleiert zu haben. Inzwischen ermittelt dazu auch die Justiz. Der „New York Times“ zufolge startete die Beschönigung der Zahlen Toter in Pflegeheimen schon im Juni 2020 und damit deutlich früher als bisher bekannt.

Cuomo hatte eine selektive Information zugegeben und erklärt, er habe Zahlen nach Anfragen aus Washington zurückgehalten, um eine politische Ausnutzung durch die Regierung von Präsident Donald Trumps zu verhindern. Dabei hatte Cuomo vergangenes Jahr stets die Wichtigkeit von Transparenz betont. Zum Höhepunkt der Krise in New York im vergangenen Frühjahr war Cuomo noch für seinen entschlossenen Kampf gegen die Pandemie gefeiert worden und damit zum politischen Hoffnungsträger der Demokratern, möglicherweise auch für eine Präsidentschaftswahl, geworden. Diese Träume sind jetzt mit Sicherheit vorbei.