AstraZeneca-Impfstoff
APA/AFP/Miguel Medina
AstraZeneca

WHO tritt Zweifeln am Impfstoff entgegen

Nach der Aussetzung der Impfungen mit dem Coronavirus-Vakzin von Astrazeneca in mehreren europäischen Ländern ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Zweifeln an dessen Sicherheit entgegengetreten. Nichts spreche gegen den Einsatz des Impfstoffs, hieß es am Freitag. Laut der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) sollten aber allergische Reaktionen als mögliche Nebenwirkungen aufgenommen werden.

Dänemark hatte am Donnerstag bekanntgegeben, die Impfungen mit dem in der EU zugelassenen Präparat des britisch-schwedischen Unternehmens AstraZeneca für 14 Tage auszusetzen. Als Grund nannte die dänische Gesundheitsverwaltung Berichte über schwere Fälle von Blutgerinnseln, nachdem Menschen mit dem Präparat geimpft worden seien. Allerdings gaben die Behörden an, nicht zu wissen, ob es einen Zusammenhang gebe. Mehrere Länder folgten Dänemark.

„AstraZeneca ist ein hervorragender Impfstoff, genau wie die anderen eingesetzten Vakzine“, sagte WHO-Sprecherin Margaret Harris. Nichts spreche dagegen, ihn weiterhin einzusetzen. Die WHO lässt sich bei Beurteilungen von einem Impfausschuss unabhängiger Fachleuten beraten. Man untersuche die Berichte wegen möglicher Nebenwirkungen nach der Verabreichung des Impfstoffes, sagte Harris weiter. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und den gemeldeten Gesundheitsproblemen konnte bisher nicht festgestellt werden.

Zuvor hatte schon die EMA dem Impfstoff von AstraZeneca Rückendeckung gegeben. Diese kam nämlich zum Schluss, dass der Anteil der Thrombosekranken nach einer Impfung mit dem Präparat dem spontanen Auftreten dieser Erkrankung in der Normalbevölkerung entspreche. Allerdings gab die EMA etwas später auch bekannt, dass der Impfstoff allergische Reaktionen auslösen könne. Anaphylaxie sowie Überempfindlichkeitsreaktionen sollten in die Liste der möglichen Nebenwirkungen des Vakzins aufgenommen worden. Es gebe Berichte über 41 mögliche Anaphylaxiefälle unter fünf Millionen Geimpften in Großbritannien, berichtete die Behörde mit Sitz in Amsterdam.

Bereits im „Beipackzettel“ angeführt

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) erläuterte in einer Stellungnahme, dass die Anaphylaxie eine bekannte Nebenwirkung sei, die sehr selten bei Impfstoffen auftreten könne. Sie sei bereits in der Gebrauchsinformation („Beipackzettel“) und in der Fachinformation für medizinisches Fachpersonal für den Covid-19-Impfstoff von Astrazeneca als potenzielles Risiko angeführt worden.

Das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA empfahl eine Aktualisierung der Fachinformation: Anaphylaxie und Überempfindlichkeit (allergische Reaktionen) sollten nicht nur im Abschnitt „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“, sondern auch im Abschnitt „Nebenwirkungen“ nochmals als Nebenwirkung aufgelistet werden.

Pharmakologe Zeitlinger über AstraZeneca

Heftige Nebenwirkungen, weniger Wirksamkeit – der Impfstoff von AstraZeneca hat ein schlechtes Image, viele wollen sich nicht damit impfen lassen. Was ist dran an der Kritik? Dazu ist Pharmakologe Markus Zeitlinger im Studio.

Bei den anderen bereits zugelassenen Covid-19-Impfstoffen sei diese Information bereits in der Fachinformation angeführt, berichtete die BASG. Diese Aktualisierung solle lediglich zeigen, dass auch beim Impfstoff von AstraZeneca Fälle von Anaphylaxie berichtet wurden.

AstraZeneca wies Sorgen zurück

Nach einer sorgfältigen Auswertung der Daten halte das für die Impfstoffrisikobewertung zuständige Komitee einen Zusammenhang zwischen der allergischen Reaktion und der Impfung mindestens in einigen dieser Fälle für wahrscheinlich. Gleichzeitig wies die EMA darauf hin, dass schwere allergische Reaktionen auch bei Impfungen gegen andere Krankheiten eine bekannte seltene Nebenwirkung sind.

Der AstraZeneca-Beipackzettel empfiehlt bereits jetzt, dass Patienten und Patientinnen nach einer Impfung noch mindestens 15 Minuten unter Beobachtung bleiben sollten, um auf mögliche allergische Reaktionen reagieren zu können. Der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca wies indes Sorgen wegen schwerer Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Gerinnungsstörungen seines Coronavirus-Impfstoffs zurück.

„Eine Analyse unserer Sicherheitsdaten von mehr als zehn Millionen Datensätzen hat keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Lungenembolien oder tiefe Venenthrombosen gezeigt“, teilte ein Sprecher am Freitag mit. Das gelte für alle Altersgruppen, Geschlechter, Länder oder Chargen des AstraZeneca-Impfstoffs. „Tatsächlich kommen diese Ereignisse unter Geimpften sogar seltener vor als in der Allgemeinbevölkerung“, hieß es weiter.

Nur 100 Millionen Impfdosen im ersten Halbjahr

AstraZeneca kündigte unterdessen – nach einem bereits davor veröffentlichten Medienbericht – eine weitere drastische Kürzung seiner Impfstofflieferungen in die Europäische Union an. Man beabsichtige, im ersten Halbjahr 100 Millionen Dosen in die EU-Staaten zu liefern, 30 Millionen davon im ersten Quartal, teilte der Pharmakonzern mit. Zuletzt war der Konzern noch von 220 Millionen Dosen bis zur Jahresmitte ausgegangen.

„Obwohl unermüdlich daran gearbeitet wurde, die Lieferungen zu beschleunigen, muss AstraZeneca enttäuschenderweise eine Kürzung der geplanten Coronavirus-Impfstoff-Lieferungen in die EU ankündigen“, hieß es in einer Mitteilung. Schon vor Wochen hatte AstraZeneca Lieferkürzungen bekanntgegeben: Damals hatte der Konzern angekündigt, im ersten Quartal statt mindestens 80 Millionen Impfdosen nur 40 Millionen in die EU liefern zu können. Allerdings versprach der Hersteller, die Produktion schnellstmöglich hochzufahren und die EU auch aus anderen Teilen der „globalen Lieferkette“ zu versorgen.

„Leider werden Exportbeschränkungen die Lieferungen im ersten Quartal nun reduzieren und werden das wahrscheinlich auch im zweiten Quartal tun“, hieß es nun von AstraZeneca. Die EU hatte sowohl den USA als auch Großbritannien vorgeworfen, anders als sie selbst, keinen in den Ländern produzierten Impfstoff zu exportieren. Sowohl die USA als auch London haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Exporte seien nie blockiert worden.