Ein Polizeivan in London umgeben von Fotografen und Kameraleuten
AP/PA/Steve Parsons
Mordverdacht

Londoner Polizist vor Gericht

Nach dem Fund der Leiche einer 33-jährigen Frau nahe London ist ein in Untersuchungshaft sitzender britischer Elitepolizist offiziell wegen Mordes beschuldigt worden. Wie die Staatsanwaltschaft am Samstag mitteilte, wird dem 48-jährigen Wayne C. Entführung und Mord vorgeworfen. Noch am Samstag wurde er dem Richter vorgeführt. Der Fall hatte einen riesigen Aufschrei ausgelöst.

Der Beamte, der einer Einheit zum Schutz von Parlamentariern und Diplomaten angehört, war am vergangenen Dienstag zunächst wegen des Verdachts auf Entführung festgenommen worden, nachdem die 33-jährige Sarah E. spurlos verschwunden war. Später erhärtete sich der Mordverdacht gegen ihn. Wie genau der festgenommene Polizist in Verbindung mit dem Verschwinden stehen soll, ist noch unklar. Ihm wird zusätzlich unsittliche Entblößung vorgeworfen.

Während einer kurzen Anhörung am Samstag wurde Wayne C. die Anklage vorgelesen. Er wurde in Untersuchungshaft genommen. Am Dienstag muss er vor dem Londoner Central Criminal Court (Zentraler Strafgerichtshof, Anm.) erscheinen. Auch eine 30 Jahre alte Frau, bei der es sich um die Ehefrau des Verdächtigen handeln soll, wurde wegen des Verdachts auf Beihilfe vorübergehend festgenommen.

Ein Polizist vor einem Haus in Deal (Südostengland),  das in Zusammenhang mit der Ermordung von Sarah Everard untersucht wird
APA/AFP/Ben Stansall
Ein Polizist vor einem Haus in Deal (Südostengland), das in Zusammenhang mit der Ermordung von Sarah E. untersucht wird

Debatte über Sicherheit von Frauen ausgelöst

Nach dem Fund von Leichenteilen in einem Waldstück in der Grafschaft Kent im Südosten Englands hatte die britische Polizei am Freitag bestätigt, dass es sich um die seit Tagen vermisste Sarah E. handelte. E. hatte am Abend des 3. März die Wohnung einer Freundin im südlichen Londoner Stadtteil Clapham verlassen und war nie bei sich zu Hause angekommen. Tagelang bat die Polizei die Öffentlichkeit um Hinweise in dem Fall.

Der Fall hatte einen riesigen Aufschrei ausgelöst. Tausende Frauen berichteten von Übergriffen, die sie auf der Straße oder in öffentlichen Verkehrsmitteln erdulden mussten, oder der Angst, die ständiger Begleiter ist, wenn sie sich im öffentlichen Raum bewegen. Premierminister Boris Johnson schrieb am Donnerstag auf Twitter, er sei „schockiert und traurig“. Dieses „schreckliche Verbrechen“ müsse nun schnell aufgeklärt werden.

Mahnwache für Opfer abgesagt

Eine für Samstag geplante Mahnwache für Sarah E. in London, wurde aus Sorge vor den rechtlichen Konsequenzen für die Teilnehmerinnen abgesagt. Die Initiative „Reclaim these Streets“ (etwa: Erobert diese Straßen zurück) hatte unter anderem zu der Veranstaltung aufgerufen, um auf die ständige Angst von Frauen vor sexueller Belästigung und Übergriffen im öffentlichen Raum aufmerksam zu machen.

Elitepolizist unter Mordverdacht

In Großbritannien wurde ein Elitepolizist wegen Mordverdachts festgenommen. Er soll eine 33-jährige Frau entführt und ermordet haben. Der Fall erschüttert das Land – und hat neuerlich eine Debatte über die Sicherheit von Frauen ausgelöst.

Gespräche mit der Polizei über eine Durchführung unter Einhaltung der Coronavirus-Maßnahmen seien nicht erfolgreich gewesen, teilte die Initiative per Kurznachrichtendienst Twitter mit. „Uns wurde gesagt, dass jede der Organisatorinnen eine Strafe von 10.000 Pfund (11.650 Euro) riskiert, sollten die Vorbereitungen weitergehen“, hieß es in der Mitteilung.

Hoffnung auf „Beginn einer Bewegung“

Auch in anderen Städten des Landes wurden geplante Mahnwachen abgesagt. Die Veranstalterinnen riefen stattdessen nun zu einer Onlinemahnwache, zu Mahnwachen an Türschwellen und zu Spenden auf. Bis Samstagnachmittag waren bereits mehr als 200.000 Pfund (etwa 233.000 Euro) zusammengekommen. Zudem hoffe man, dass das der Beginn einer Bewegung sei, das „ein Feuer anzündet für Veränderung“, wie es auf Twitter heißt.

Die Londoner Metropolitan Police (MET) betonte am Samstag, sie teile „die Empörung der Nation über dieses Verbrechen“ und die Frustrationen der Organisatorinnen, dass die Versammlung abgesagt werden müsse – jedoch sei es wichtig, dass die Coronavirus-Maßnahmen eingehalten werden.

Zusammenstöße mit Polizei

Hunderte Menschen in London trotzten am Samstag dennoch den Coronavirus-Beschränkungen, um Sarah E. in einem Park im Süden Londons die Ehre zu erweisen. An einem improvisierten Gedenkort legten sie Blumen nieder.

Polizisten in London
AP/PA/Victoria Jones
Hunderte Menschen kamen trotz Verbots an den improvisierten Gedenkort, um Sarah E. die letzte Ehre zu erweisen

Versuche der Polizei, die wegen der Coronavirus-Maßnahmen nicht genehmigte Versammlung teils mit Gewalt aufzulösen, wurden mit lautstarken Protestrufen und Pfeifkonzerten beantwortet, wie auf Videos im Internet zu sehen war. Laut BBC kam es am Abend zudem zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Mahnwache in London.

Herzogin Kate besuchte improvisierten Gedenkort

Auch die britische Herzogin Kate soll in dem Park gewesen sein. Das berichtete die dpa unter Berufung aus Informationen aus dem Palast. Kate habe damit Sarah E. und ihrer Familie Respekt zollen wollen. Zudem habe sie sich daran erinnert, wie es sich anfühlte, vor ihrer Hochzeit mit Prinz William nachts allein durch London zu gehen. Auf Videos, die am Samstag in sozialen Medien kursierten, war zu sehen, wie Kate vor den Blumen innehielt. Sie trug eine olivgrüne Jacke. Dem Anschein nach war sie ohne Bodyguards gekommen. Eine Maske trug sie nicht.