Boliviens Ex-Übergangspräsidentin festgenommen

Die ehemalige bolivianische Übergangspräsidentin Jeanine Anez ist festgenommen worden, nachdem im „Fall des mutmaßlichen ‚Staatsstreichs‘“ ein Haftbefehl über sie erlassen worden sein soll. „Ich informiere das bolivianische Volk, dass Frau Jeanine Anez festgenommen wurde und sich nun in den Händen der Polizei befindet“, schrieb Boliviens Regierungsminister Carlos Eduardo del Castillo auf Twitter heute.

Festnahme der ehemaligen bolivianischen Übergangspräsidentin, Jeannine Anez
APA/AFP/Aizar Raldes

Die Ex-Übergangspräsidentin Anez wurde laut der Nachrichtenagentur ABI bei einer Polizeioperation Samstagfrüh in Trinidad festgenommen und nach La Paz gebracht, wo die Regierung sitzt. Anez warf der regierenden Linkspartei MAS vor, man habe sie in einem „Akt des Missbrauchs und der politischen Verfolgung“ verhaften lassen, wie sie auf Twitter schrieb. Zwei ehemalige Minister ihrer Übergangsregierung, Alvaro Coimbra (Justiz) und Rodrigo Guzmán (Energie), waren in dem Department Beni Medienberichten zufolge bereits festgenommen und nach La Paz gebracht worden, wo sie aussagen sollten.

Haftbefehl wegen Terrorismus, Verhetzung und Verschwörung

Gegen Anez war nach deren eigenen Angaben am Freitag Haftbefehl erlassen worden. Anez verlinkte auf Twitter auf einen Haftbefehl wegen Terrorismus, Volksverhetzung und Verschwörung, der auch mehrere Minister ihrer früheren Interimsregierung betrifft.

Anez war Übergangspräsidentin geworden, nachdem Staatschef Evo Morales nach der Wahl im Oktober 2019 auf Druck des Militärs zurückgetreten war. Ihm wurde Wahlbetrug vorgeworfen. Morales setzte sich ins Ausland ab, eine Interimsregierung mit der erzkonservativen Politikerin Anez an der Spitze übernahm. Morales’ Anhängerinnen und Anhänger bezeichneten dies als Putsch. Der MAS-Kandidat Luis Arce entschied dann eine mehrfach verschobene Präsidentenwahl im Oktober für sich. Das ermöglichte Morales die Rückkehr aus Argentinien.

Eine ehemalige Abgeordnete der Linkspartei MAS von Morales klagte im „Fall des mutmaßlichen ‚Staatsstreichs‘“. Menschenrechtler kritisieren, dass die Justiz in Bolivien von verschiedenen Seiten immer wieder eingesetzt werde, um politische Ziele und Gegner zu verfolgen.