Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat heute einen „Standard“-Bericht über ein mögliches Versäumnis bei Bestellungen des Impfstoffs von Johnson & Johnson relativiert. Zum Zeitpunkt der Bestellungen der insgesamt 24 Mio. Impfdosen von sechs verschiedenen Herstellern habe man nicht gewusst, wann diese zugelassen würden und wann diese liefern könnten.
Man habe ohnehin deutlich mehr Impfstoff bestellt, als für Österreich nötig sei, so Anschober. Zum damaligen Zeitpunkt habe vielfach AstraZeneca als der aussichtsreichste Impfstoff, der zudem leichter in der Handhabung ist als etwa jener von Pfizer und Biontech, gegolten.
Anschober: Nur geringe Mengen im ersten Halbjahr
Im Herbst hätte Österreich laut „Standard“ aufgrund des EU-Verteilungsschlüssels 3,9 Mio. Dosen von Johnson & Johnson bestellen können, tatsächlich aber 2,5 Mio. bestellt. Laut Gesundheitsministerium wurde diese Bestellung aber – anders als die versäumte Nachbestellung von 100.000 Pfizer-Dosen – nicht von einem einzelnen Beamten, sondern der gesamten Regierung im Ministerrat beschlossen.
Anschober sagte, es sei um eine „Risikominimierung“ gegangen. Und er betonte mehrfach, dass entscheidend sei, welcher Impfstoff im ersten Halbjahr geliefert werden könne. Denn bis Ende des zweiten Quartals sollen alle Impfwilligen zumindest die erste Impfung erhalten. Von Johnson & Johnson werde aber im ersten Halbjahr nur ein geringer Teil der gesamten Bestellmenge erwartet.
Dass AstraZeneca in Österreich vorerst weiter verimpft wird, verteidigte Anschober – er betonte erneut, dass hier das Impfgremium die entscheidende Stelle mit dem nötigen Fachwissen sei. Deren Vorgaben folge er.
SPÖ und NEOS mit Kritik
Die SPÖ übt in der Debatte über die Impfstoffbeschaffung scharfe Kritik an der Bundesregierung. Bei einer Pressekonferenz schoss sich der rote Vizeklubchef Jörg Leichtfried heute vor allem auf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein. Es sei „unglaubwürdig“, dass dieser nicht voll über die Impfstoffbeschaffung informiert gewesen sei.
Außerdem habe Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) einen „Kostendeckel“ von 200 Mio. Euro für die Impfstoffe einziehen lassen. Man habe also viel zu wenig Budget vorgesehen, damit die Beamten überhaupt genug Impfstoffe hätten bestellen können, so Leichtfried.
NEOS gab die Devise „Impfen statt Schimpfen“ aus. Klubvize Nikolaus Scherak verwies auf gemeinsame Vereinbarungen in der EU, bei denen einer der höchsten Beamten (Clemens Martin Auer, Anm.) des Landes mit am Tisch gesessen sei. Gesundheitssprecher Gerald Loacker forderte den Rücktritt Anschobers.
Blümel: Kein Budgetlimit
Blümel selbst betonte, dass es bei der Beschaffung von CoV-Schutzimpfungen kein Budgetlimit gebe. „Heuer sind 120 Mio. Euro im Budget des Gesundheitsministeriums budgetiert, davon ist ein Bruchteil abgerufen“, sagte er bei einer Pressekonferenz auf Nachfrage. Es sei „immer klar“ gewesen, dass es bei Bedarf mehr Geld für den Kauf von Impfstoff geben werde.
Ob sich Auer an ein Budget halten musste, ließ Blümel offen. „Das müssen sie den Gesundheitsminister fragen.“ Das Geld für Impfdosen sei „das bestinvestierteste Geld im Kampf gegen diese Krise“, so der Finanzminister. „Wir geben sehr, sehr viel Geld aus in der Covid-Krise, wirklich viel Geld. Es wäre absurd, wenn wir gerade bei den Impfdosen sparen würden.“