AstraZeneca-Immpfstoff
Reuters/Hannibal Hanschke
Empfehlung

Auch WHO hält an AstraZeneca fest

Während die europäischen Länder auf die letztgültige Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zum Coronavirus-Vakzin von AstraZenca warten, hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch mit einer klaren Empfehlung für den Impfstoff gemeldet: „Die WHO ist der Meinung, dass die Vorteile die Risiken überwiegen.“

Das Beratergremium der WHO für Impfstoffsicherheit prüfe noch die neuesten Sicherheitsdaten zu dem Mittel. Sobald diese Überprüfung abgeschlossen sei, werde die WHO die Ergebnisse unverzüglich bekanntgeben. Viele Staaten haben die Impfung mit dem AstraZeneca-Stoff vorerst ausgesetzt, weil mehrere Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. In Österreich wird weiter damit geimpft.

Die WHO betonte am Mittwoch, dass eine Impfung gegen Covid-19 keine Krankheiten oder Todesfälle durch andere Ursachen reduziere. Thrombosen passierten häufig. „Venöse Thromboembolien gehören zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit“, so die WHO. Es sei Routine, mögliche Zwischenfälle bei Impfkampagnen zu registrieren und zu untersuchen. Das zeige, dass die Überwachungssysteme funktionierten. Zwischenfälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung bedeuteten aber nicht zwangsläufig, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen beidem bestehe.

EMA von Nutzen „zutiefst überzeugt“

Die EMA hatte bereits am Dienstag mitgeteilt, dass es bisher keine Hinweise darauf gebe, dass der CoV-Impfstoff von AstraZeneca Blutgerinnsel verursacht. Die Zahl der aufgetretenen Fälle sei nicht höher als in der Gesamtbevölkerung. Man sei vom Nutzen des Vakzins nach wie vor „zutiefst überzeugt“, sagte EMA-Chefin Emer Cooke.

Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen wird nun für Donnerstagnachmittag erwartet. Bis dahin würden die Zwischenfälle, die Mitgliedsstaaten gemeldet hatten, genau überprüft und evaluiert. „Wir brauchen erst Fakten, bevor wir zu einer Entscheidung kommen“, so Cooke. Aktuell gebe es allerdings keinen Hinweis auf einen Zusammenhang der Blutgerinnsel mit dem Impfstoff, sagte Cooke mehrfach.

Die EMA schaut sich bei ihrer Untersuchung des Impfstoffs auch an, ob nur einzelne Chargen problematisch sind. Das sei Teil der Prüfung, so Cooke. Sie sagte, dass eine Situation wie diese nicht unerwartet sei. Wenn man Millionen Menschen impfe, sei es unausweichlich, dass man seltene oder ernsthafte Vorkommnisse von Erkrankungen habe, die nach der Impfung auftreten. Die EMA prüfe nun, ob das tatsächlich eine Nebenwirkung sei oder Zufall.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Mittwoch, sie erwarte von der Neubewertung durch die EMA eine „sehr deutliche Aussage“. „Ich vertraue auf AstraZeneca. Ich vertraue dem Prozess der EMA.“

Expertenlob für Österreichs Weg

Die Entscheidung Österreichs, hierzulande das Präparat weiter zu verimpfen, wird von Experten begrüßt. Aufhören zu impfen berge „auch ein gewisses Risiko für die Leute, die dann eben nicht geimpft werden“, sagte etwa der Virologe Florian Krammer am Dienstag in der ZIB2.

Zu den acht Personen, die in Deutschland offenbar nach einer Impfung mit AstraZeneca eine seltene Hirnvenenthrombose erlitten haben, erläuterte der Wissenschaftler: „Das ist etwas anders, als was wir jetzt mit den Lungenembolien beziehungsweise Thrombosen gehört haben, wo ja eine recht hohe Rate von Fällen sowieso in der Bevölkerung vorkommt, auch ohne die Impfung. Und man muss sich jetzt anschauen, ob es da einen Zusammenhang gibt oder nicht.“

Impfstoffforscher Krammer zu AstraZeneca-Impfungen

Das Aussetzen von Coronavirus-Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff in weiten Teilen Europas sorgt für Kritik. In der ZIB2 war Florian Krammer, Impfstoffforscher am Mount-Sinai-Spital in New York, dazu im Interview.

Auch das Nationale Impfgremium ging in seiner jüngsten Stellungnahme von Dienstagabend noch einmal auf die Thematik ein. Die Expertinnen und Experten rieten dabei davon ab, gerinnungshemmende Medikamente „wegen einer COVID-19-Impfung“ einzusetzen.

Gemeint sei damit die präventive Gabe von gerinnungshemmenden Mitteln parallel zur Impfung, stellte dazu das Gesundheitsministerium auf Nachfrage von ORF.at klar. Wer aus anderen Gründen Blutverdünner nehme, könne ganz normal zur Impfung gehen. Dort werde das im Anamneseblatt ohnehin erhoben und entsprechend entschieden. Das sei bei der Impfung mit AstraZeneca nicht anders als bei den Impfstoffen der anderen Hersteller, so das Ministerium.

Das Impfgremium hielt überdies fest, dass im „zeitlichen Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen“ in „sehr seltenen Fällen thrombo-embolische Ereignisse beobachtet“ worden seien. Noch lasse sich nicht ausschließen, dass hier ein „kausaler Zusammenhang“ bestehe. Häufig beobachtet würden Blutgerinnungsstörungen jedenfalls bei einer Erkrankung mit Covid-19. Blutgerinnsel könnten allerdings auch unabhängig davon spontan auftreten, so die aktuelle Stellungnahme.