AstraZeneca-Impfstoff
Reuters/Irakli Gedenidze
Prüfung

EMA hält an AstraZeneca fest

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hält an der Verwendung des Coronavirus-Impfstoffes von AstraZeneca fest. „Dieser Impfstoff ist eine sichere und effektive Methode, um Menschen vor Covid-19 zu schützen“, sagte die Behörde am Donnerstag nach einer Sondersitzung. Der Nutzen würde die Risiken überwiegen. Nach der mit Spannung erwarteten EMA-Entscheidung kündigten unter anderem Deutschland, Frankreich und Italien eine sofortige Aufhebung des zuvor erlassenen Impfstopps an.

Die EMA hatte in den vergangenen Tagen einen möglichen Zusammenhang zwischen Blutgerinnseln (Thrombosen) und dem Impfstoff geprüft. Ungeachtet der nun verkündeten Entscheidung seien weitere Untersuchungen bezüglich einer Reihe von Vorfällen mit Blutgerinnseln nach einer Impfung mit dem Mittel nötig, so EMA-Direktorin Emer Cooke. Als Akutmaßnahme werde eine extra Warnung vor möglichen seltenen Blutgerinnseln in Hirnvenen bei den möglichen Nebenwirkungen aufgenommen, so die EMA.

Man untersuche das Thema weiter und werde Maßnahmen ergreifen, um das Bewusstsein zu erhöhen und mögliche Nebenwirkungen weiterhin zu dokumentieren. Es sei „unvermeidlich“, dass bei derartigen Impfkampagnen auch seltene Nebenwirkungen auftreten können. Diese müssten erkannt, verfolgt und untersucht werden. Der EMA-Ausschuss für Impfstoffsicherheit sei aber zu einer „eindeutigen wissenschaftlichen Schlussfolgerung“ hinsichtlich der Sicherheit des Vakzins gekommen.

EMA hält an AstraZeneca fest

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hält an der Verwendung des Coronavirus-Impfstoffs von AstraZeneca fest. „Dieser Impfstoff ist eine sichere und effektive Methode, um Menschen vor Covid-19 zu schützen“, sagte die Behörde am Donnerstag nach einer Sondersitzung. Der Nutzen würde die Risiken überwiegen.

Es lägen einige Fallberichte vor, die sich auf äußerst seltene Fälle von Thrombosen der Hirnvenen beziehen, ergänzte Sabine Straus vom Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA. Die Datenlage sei noch nicht ausreichend, um sicher zu sagen, ob ein Zusammenhang mit AstraZeneca ausgeschlossen werden kann. Daher werde es in Zukunft weitere Untersuchungen brauchen, so auch Straus. Weiters teilte die EMA mit, dass keine Qualitätsprobleme mit Chargen des AstraZeneca-Impfstoffes entdeckt worden seien.

Zentral für Europas Impfstrategie

Zahlreiche europäische Länder hatten in den vergangenen Tagen die Verwendung ausgesetzt, nicht so Österreich. AstraZeneca spielt eine wichtige Rolle für die Impfstrategie in der EU. Der britisch-schwedische Hersteller hat zwar Lieferschwierigkeiten, dennoch sind 70 Millionen Dosen für das zweite Quartal avisiert. Weil das Vakzin nicht stark gekühlt werden muss, kann es auch gut von Hausärzten und Hausärztinnen gespritzt werden. Auch außerhalb der EU ist AstraZeneca der derzeit wichtigste Impfstoff.

Für Unsicherheit sorgten zuletzt allerdings Fälle von Thrombosen nach der Impfung, aufgrund derer die EMA die Untersuchung aufnahm. Dabei ging es bis Mittwochabend um 30 Fälle bei insgesamt fünf Millionen geimpften Menschen in der EU, am Donnerstag wurden zwei weitere Fälle aus den Niederlanden und zehn Fälle von Gerinnseln bzw. entsprechenden Symptomen aus Dänemark gemeldet.

Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) wurde in Deutschland bei inzwischen acht Personen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren eine spezielle Form von schwerwiegenden Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen und Blutungen festgestellt. Betroffen sind vor allem Frauen, laut PEI gibt es drei Todesfälle.

WHO: „Vorteile überwiegen Risiken“

Deutschland und über ein Dutzend andere EU-Länder hatten die Nutzung des Impfstoffs daraufhin am Dienstag gestoppt. Österreich schlug einen anderen Weg ein: „Ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht unverändert“, ließ das Nationale Impfgremium (NIG) nach neuerlichen Beratungen am Dienstagabend wissen – was Zuspruch von Fachleuten fand.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte sich am Mittwoch mit einer klaren Empfehlung für AstraZeneca zu Wort gemeldet: „Die WHO ist der Meinung, dass die Vorteile die Risiken überwiegen.“ Die Organisation betonte, dass eine Impfung gegen Covid-19 keine Krankheiten oder Todesfälle durch andere Ursachen reduziere. Thrombosen passierten häufig. „Venöse Thromboembolien gehören zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit“, so die WHO.

Es sei Routine, mögliche Zwischenfälle bei Impfkampagnen zu registrieren und zu untersuchen. Das zeige, dass die Überwachungssysteme funktionierten. Zwischenfälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung bedeuteten aber nicht zwangsläufig, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen beidem bestehe.

Hauptquartier der Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in Amsterdam
APA/AFP/ANP/Remko De Waal
Die in Amsterdam ansässige EMA prüfte AstraZeneca erneut

Großbritanniens Arzneimittelbehörde MHRA erklärte am Donnerstag noch vor der EMA, dass bisher nichts darauf hindeute, dass der Impfstoff Blutgerinnsel verursacht. Man untersuche aber eine sehr seltene und spezielle Art solcher Vorfälle im Gehirn: „Eine weitere, detaillierte Überprüfung von fünf britischen Berichten über eine sehr seltene und spezifische Art von Blutgerinnseln in den Hirnvenen, die zusammen mit verminderten Blutplättchen auftraten, ist im Gang.“

Blick auf Statistik

Die Fachleute prüften anhand von statistischen Wahrscheinlichkeiten, ob die Impfung als Ursache für die Blutgerinnsel infrage kommt. Dabei wurde untersucht, ob die Häufigkeit im Vergleich zu normalen Raten höher ausfällt. Peter Arlett, Leiter der Abteilung für Arzneimittelsicherheit und Epidemiologie der EMA, sagte im Vorfeld, dass die Behörde aufgrund der Seltenheit dieser Thrombosen stärker auf Einzelfallanalysen angewiesen sei als auf die spärlichen statistischen Daten.

AstraZeneca und die europäischen Behörden hatten zuletzt erklärt, dass es während der Entwicklung des Impfstoffs und der dazu erforderlichen Studien keine Bedenken hinsichtlich Blutgerinnungsstörungen gegeben habe. Nach der EMA-Entscheidung kündigte AstraZeneca per Aussendung an, auch weiterhin eng mit den Gesundheitsbehörden zusammenzuarbeiten, „um die angemessene Anwendung des Covid-19-Impfstoffs sicherzustellen“.

Impfstopp vielfach wieder aufgehoben

Unmittelbar nach der EMA-Entscheidung kündigten unter anderem Italien und Frankreich eine sofortige Aufhebung des Impfstopps für das AstraZeneca-Vakzin an. Bereits am Freitag werde der Impfstoff nun wieder verabreicht, wie die Premierminister der beiden Länder, Mario Draghi und Jean Castex, am Donnerstagabend mitteilten. Auch Deutschland will nach Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn am Freitag die Impfung mit AstraZeneca wieder aufnehmen. Ähnliche Ankündigungen kamen auch aus Bulgarien, Zypern, Litauen und Lettland.

Spanien will nach Angaben der Zeitung „El Pais“ ab kommender Woche die Impfungen mit AstraZeneca wieder aufnehmen. Irland wird laut den dort zuständigen Gesundheitsbehörden am Freitag über die Wiederaufnahme der AstraZeneca-Impfungen entscheiden. Schweden hält unterdessen weiter an dem Stopp der AstraZeneca-Impfungen fest. Man benötige „einige Tage“, um die Entscheidung der EMA zu prüfen, sagte der Leiter der schwedischen Gesundheitsbehörde, Johan Carlson.