Der menschenleere Michaelerplatz in der Wiener Innenstadt
APA/Helmut Fohringer
„In dritter Welle“

Entscheidungen am Montag erwartet

„Ganz Europa ist mittlerweile in der dritten Welle, auch wir“: Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Freitag besorgt auf steigende Zahlen bei Coronavirus-Infektionen, Hospitalisierungen und Todesfällen hingewiesen. Welche Maßnahmen die Regierung nun zu ergreifen gedenkt, wird am Montag entschieden.

„In manchen Regionen haben wir eine Situation, die ich wirklich als bedenklich erachte, was die Situation auf intensivmedizinischen Abteilungen betrifft“, sagte Anschober. Man müsse alles tun, um „harte Triagen“ in Österreich zu vermeiden. Die Zahl jener, die sich aufgrund einer CoV-Infektion in intensivmedizinischer Behandlung befinden, sei in den vergangenen 24 Stunden um elf auf 397 Personen gestiegen, ein Plus von 14 Prozent gegenüber der Vorwoche. Die Auslastung sei je nach Region sehr unterschiedlich, hauptbetroffen seien Niederösterreich und Wien – mehr dazu in wien.ORF.at.

Wenn dieser Trend weitergehe, so Anschober, sei man in der gleichen Situation wie im vergangenen Herbst. Generell erfülle ihn die Entwicklung bei den Infektionszahlen – am Freitag waren es 3.515 neue Fälle – mit Sorge. „Es ist kein exponentieller Anstieg, aber ein linearer, der sehr konstant ansteigt“, sagte der Gesundheitsminister. Es wäre eine „durchaus alarmierende Situation“, wenn sich diese Zahlen so fortsetzten.

Beratungen auf allen Ebenen

Was das für die weiteren Maßnahmen in Österreich bedeutet, wollte Anschober mit Blick auf Montag nicht sagen – man überprüfe alle Vorschläge, etwa eine Verlängerung der Osterferien, verpflichtendes Homeoffice und kürzere Gültigkeitsfristen von Antigen-Tests. Am Montag bespricht sich die Bundesregierung erneut mit Fachleuten, Opposition und Landeshauptleuten. Bis dahin will man die Zahlen noch genau beobachten, hieß es am Freitag aus dem Kanzleramt.

Alter Markt und Residenzbrunnen
ORF.at/Georg Hummer
Regionale Verschärfungen sind weiterhin eine Option

Zuletzt hatte man sich mit den Ländern darauf verständigt, allenfalls regionale Maßnahmen – in die eine wie die andere Richtung – zu setzen. Die Ampelkommission trat zuletzt für weitere Restriktionen ein, wenn sich die Zahl der Infektionen weiter „unkontrolliert“ erhöht. Allerdings wurde in einer Stellungnahme am Donnerstagabend nach der wöchentlichen Sitzung eben auch auf die Option regionaler Maßnahmen hingewiesen.

Schulbetrieb in der Schwebe

Nach wie vor unklar ist auch der Schulbetrieb nach Ostern – auch hier soll eine Entscheidung am Montag fallen. Am Freitag gab ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann jedenfalls bekannt, dass die Menge an in Österreichs Schulen durchgeführten CoV-Tests erhöht wird, „Nasenbohrertests“ finden nun jeden Montag, Mittwoch und Freitag statt. Clusterbildungen könnten so leichter verhindert werden, hofft das Bildungsministerium.

Längere Osterferien?

Die Opposition ist sich diesbezüglich nicht einig: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte am Freitag im Ö1-Morgenjournal, dass man angesichts der drohenden Überlastung der Intensivstationen nichts ausschließen könne. Allerdings müssten Schulen und Kindergärten das „letzte Mittel sein, das man zum Gegensteuern verwendet“. NEOS dagegen sprach sich für ein unbedingtes Offenhalten der Schulen und gegen eine etwaige Verlängerung der Osterferien aus. Die FPÖ forderte ganz normalen Unterricht nach Ostern – ohne Masken und Testpflicht. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem nur mehr eine Rückkehr zur Normalität noch größere Kollateralschäden verhindern kann“, so Bildungssprecher Hermann Brückl.

Epidemiologe Gartlehner zum Thema Impfrisiko

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) ist für den Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs. In Österreich bleibt die Zahl der neu gemeldeten CoV-Fälle hoch. In der ZIB2 war dazu Gerald Gartlehner, Epidemiologe an der Donau-Universität Krems, zu Gast.

Der Epidemiologe Gerald Gartlehner dagegen würde angesichts der hohen Infektionszahlen eine Verlängerung der Osterferien um eine Woche befürworten. Damit könnte man das Infektionsgeschehen abbremsen, ohne dass zu viel Unterricht verloren ginge. „Wir sehen wirklich, dass es in den Schulen zu vermehrten Infektionen kommt. Das ist wahrscheinlich aufgrund der britischen Variante“, sagte der Experte für Evidenzbasierte Medizin von der Donau-Universität Krems in der ZIB2 am Donnerstag. Anders sieht das der Simulationsexperte Niki Popper: Er würde die Schulen nach Ostern öffnen – eben weil dort mit dreimal wöchentlich durchgeführten Tests breite Screenings möglich seien.

Einreiseverordnung gilt bis Ende Mai

Fix verlängert, und zwar bis einschließlich 31. Mai, wird die aktuell geltende Einreiseverordnung. Seit 10. Februar müssen Einreisende zusätzlich zur Registrier- und Quarantänepflicht auch ein negatives CoV-Testergebnis vorlegen, das nicht älter als 72 Stunden ist. Kann dieses bei der Einreise nicht vorgelegt werden, ist unverzüglich – spätestens aber innerhalb von 24 Stunden – ein Test nachzumachen. Nach der Einreise ist eine zehntägige Quarantäne verpflichtend, frühestens nach fünf Tagen ist ein „Freitesten“ möglich.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei einer Pressekonferenz
APA/Helmut Fohringer
Anschober zeichnete am Freitag ein eher düsteres Bild des Infektionsgeschehens in Österreich

Anschober mit Impfkampagne zufrieden

Was den Fortschritt der Impfungen betrifft, zeigte sich Anschober am Freitag zufrieden: Österreich sei im internationalen Ranking sehr gut platziert, 1,2 Millionen Impfungen seien bisher durchgeführt, 11,5 Prozent der infrage Kommenden zumindest einmal geimpft. Die Impfkampagne Österreichs schreite voran, nach Ostern sei schrittweise die Vervierfachung der täglichen Lieferzahlen zu erwarten. Im April, Mai und Juni sollen knapp sechs Millionen Impfdosen in Österreich ankommen. Bis Ende Juni/Anfang Juli wolle man zwei Drittel jener, die geimpft werden können, erreichen.

Anschober freute sich auch über die klare Festlegung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zum AstraZeneca-Impfstoff, er könne daher auch in Österreich weiter verimpft werden. „Diese Entwicklung hat unsere Vorgangsweise bestätigt“, so der Minister. „Wir spüren bislang eine große Bereitschaft in Österreich, alle Impfstoffe zu nützen, die da sind, und ich kann das nur empfehlen.“