Ausreisekontrolle in Wiener Neustadt
AP/Ronald Zak
Lockern und verschärfen

Zeichen stehen auf regionale Maßnahmen

Die dieswöchigen Öffnungsschritte in Vorarlberg haben es vorgemacht – nun könnte eine regionale Differenzierung bei den Maßnahmen auch im Rest des Landes Einzug halten. Nicht zuletzt in den Bundesländern hofft man so, an weiteren Öffnungsschritten festhalten zu können. Wenngleich der Gesundheitsminister Hoffnungen auf „große Lockerungen“ bereits dämpfte.

Bereits im Herbst hatte die Bundesregierung versucht, mit der CoV-Ampel regional differenziert auf das Infektionsgeschehen im Land zu reagieren. Die damals im ganzen Land stark steigenden Zahlen brachten eine Regionalisierung allerdings schnell an ihre Grenzen. Zugleich scheiterte das Projekt aber auch am Widerstand der Länder. Fast ein halbes Jahr – und mehrere Lockdown-Stufen später – zeichnet sich nun aber erneut ein regional unterschiedliches Vorgehen ab.

Dahinter steht auch das stark unterschiedliche Infektionsgeschehen in Österreich. Während die Fallzahlen im Westen vergleichsweise niedrig sind, ist die Situation im Osten des Landes deutlich angespannter, vor allem wegen der dort starken Verbreitung der Mutationen. In Regierungskreisen wurde am Samstag von einer „dramatischen Lage“ im Osten, etwa in Wien, gesprochen.

Anschober: Keine „großen Lockerungen“

Von einer entspannten Stimmung ist also kaum auszugehen, wenn am Montag die Bundesregierung das nächste Mal mit Experten, Opposition und den Bundesländern im Bundeskanzleramt zusammenkommt. Aktuell sei keine Phase, wo es „um große Lockerungen geht“, hieß es etwa von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Samstag im Gespräch mit Ö1.

„Wir müssen jetzt ganz massiv in den Regionen, die jetzt hauptbetroffen sind, danach trachten, dass wir diese Zuwächse in den Intensivabteilungen möglichst stabilisieren, um hier keine Überforderung, keine Überlastung zuzulassen“, sagte Anschober im Ö1-„Journal zu Gast“. Allerdings: Bei den Altersheimen könne er sich kontrollierte Lockerungen vorstellen, da dort schon viele Menschen geimpft seien, so der Gesundheitsminister.

Regionale Unterschiede bei Infektionsgeschehen

Zwischen den einzelnen Bundesländern entwickelt sich das Infektionsgeschehen sehr unterschiedlich. Eine hohe Inzidenz zeigt sich im Osten Österreichs und in Salzburg. Vorarlberg ist das einzige Bundesland, in dem die 7-Tage-Inzidenz zuletzt bei unter 100 geblieben ist.

Gefragt, ob er sich mit seiner Haltung am Montag gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die Vertreter der Länder durchsetzen werde, sagte Anschober, er rechne nicht mit Widerstand: „Ich gehe davon aus, dass diese Zahlen, die wir da vorlegen müssen, schon überzeugen werden. Ich habe auch viele Gespräche in den letzten zwei, drei Tagen mit Politikerinnen aus den hauptbetroffenen Regionen geführt, und da ist selbstverständlich die Einsicht da, dass wir handeln müssen – mit dem Ziel, dass wir auch diesmal zu einem möglichst breit getragenen Vorgehen in Österreich kommen.“

Auch Kurz für regionale Schritte

Für eine breite Zustimmung könnten in Aussicht gestellte regionale Differenzierungen sorgen. Solche nannte zuletzt auch Bundeskanzler Kurz als Option. Bei einem Liveinterview im Rahmen des Parteitags der ÖVP Vorarlberg sagte er, man wolle den Weg der Regionalisierung bei den Öffnungsschritten fortsetzen. Ziel sei es, so viel Freiheit wie möglich zu gewähren und so wenige Einschränkungen wie nötig vorzunehmen.

Geöffneter Gastronomiebetrieb in Vorarlberg
APA/EXPS/Johann Groder
In Vorarlberg durfte die Gastronomie unter strengen Auflagen wieder aufsperren

Die vergleichsweise gute Situation in Vorarlberg habe mit den Rahmenbedingungen des Landes, aber auch mit der Professionalität des Vorgehens im Land zu tun. Die Öffnung in Vorarlberg sei aufgrund der niedrigen Inzidenz gerechtfertigt. Er hoffe, dass man bald auch in anderen Regionen Österreichs vergleichbare Schritte setzen könne.

Die Ampelkommission trat zuletzt zwar für weitere Restriktionen ein, wenn sich die Zahl der Coronavirus-Infektionen weiter „unkontrolliert“ erhöhe. Allerdings wurde in einer Stellungnahme der Kommission am Donnerstagabend auch auf die Option regionaler Maßnahmen hingewiesen.

Bundesländer hoffen weiter auf Gastroöffnung

In den Bundesländern wurden unterdessen die Rufe nach Öffnungsschritten zunehmend lauter. So hieß es etwa von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), dass sich die Menschen in Tirol „nach Lockerungen sehnen“. „Nach einem Jahr Pandemie brauchen wir alle eine Perspektive. Diese besteht ganz klar in Öffnungsschritten“, so Platter. Voraussetzung dafür seien aber unter anderem auch niedrige Infektionszahlen bzw. eine niedrige 7-Tage-Inzidenz, meinte der Landeschef und mahnte zur Vorsicht – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Wie die „Presse“ am Samstag berichtete, hofft man auch in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich auf eine „kontrollierte Öffnung“ vor allem in der Gastronomie. Es sei besser, „soziale Kontakte geregelt zuzulassen, etwa im Wirtshaus, als ungeregelt in der Garage oder im privaten Bereich“, zitierte die Zeitung etwa Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Osterfeiertage womöglich mit Weihnachtsregeln

Eine Frage für die Gespräche am Montag werden auch die Osterfeiertage. Für diese denkt man im Gesundheitsministerium auch an eine Lockerung der Besuchsregeln, wie aus dem am Freitag öffentlich gewordenen Sitzungsprotokoll der Kommission hervorgeht. Orientieren will man sich dabei an jenen Regeln, die zu Weihnachten vorgeschrieben waren: Am 24. und 25. Dezember waren die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen komplett aufgehoben worden. Zudem wurden die Kontaktbeschränkungen deutlich gelockert, es durften sich maximal zehn Personen aus bis zu zehn verschiedenen Haushalten treffen. Derzeit sind wieder nur Treffen von maximal vier Personen aus zwei unterschiedlichen Haushalten plus minderjährigen Kindern gestattet.

Verlängerung der Osterferien gefordert

Im Raum steht aber zugleich, die Osterferien in manchen Regionen zu verlängern. Zahlreiche Expertinnen und Experten, darunter der Komplexitätsforscher Peter Klimek und der Epidemiologe Gerald Gartlehner hatten sich zuletzt für eine derartige Vorgangsweise ausgesprochen. „Die Verlängerung der Osterferien sollte ein Teil eines Gesamtkonzepts zur Eindämmung der Ausbreitung der Coronavirus-Infektionen in Österreich sein“, sagte am Samstag auch der Virologe Norbert Nowotny gegenüber „Österreich“.

Auch die Virologin Dorothee von Laer von der Meduni Innsbruck nannte im „Kurier“ eine Verlängerung der Osterferien als Option. Auch plädierte sie dafür, sensitivere Tests in den Schulen einzusetzen, um wirklich alle infizierten Schüler herauszufiltern. Und sie will laut „Kurier“ am Montag vorschlagen, dass insbesondere in den höheren Schulstufen nur jene in den Präsenzunterricht kommen sollen, die es nicht ganz so leicht haben, in der Schule mitzukommen. Gemeint sind damit etwa jene Schüler, die zum Beispiel nicht in allen Hauptfächern auf einem Dreier oder besser stehen.