Erneut Rückschlag für SOS-Kinderdorf-Projekt auf Lesbos

Das von der Bundesregierung finanzierte Projekt einer SOS-Kinderdorf-Betreuungsstätte für geflüchtete Kinder auf Lesbos muss erneut einen Rückschlag hinnehmen. Coronavirusbedingt liegt die Betreuung der Kinder auf Eis, derzeit darf niemand das Camp Kara Tepe II auf der griechischen Ägäis-Insel verlassen. Das Angebot, 50 bis 100 Kinder in Österreich unterzubringen, sei aber noch immer aufrecht, wie SOS-Kinderdorf nun bekräftigte.

Zwischenzeitlich konnte SOS-Kinderdorf zumindest 30 Kinder aus Kara Tepe II, das als Ausweichlager nach dem verheerenden Brand des Camps Moria errichtet wurde, in einem bereits vorhandenen Tageszentrum betreuen. Die Kinder wurden dafür täglich mit dem Bus von Kara Tepe II in das bestehende Zentrum in Kara Tepe I gebracht.

MSF kritisiert „Scheinlösungen“

Aufgrund der verschärften CoV-Maßnahmen auf Lesbos dürfen die Geflüchteten nun jedoch das Camp nicht mehr verlassen. Zumindest sei aber Mitarbeitern von SOS-Kinderdorf derzeit noch der Zugang gestattet, hieß es seitens SOS-Kinderdorf auf APA-Anfrage.

Bei Ärzte ohne Grenzen (MSF) spricht man bei der Betreuungsstätte hingegen von einer „Scheinlösung“. Seit Beginn der Pandemie seien die Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln von Lockdown-Maßnahmen betroffen. „Bereits im März 2020 verhängte die griechische Regierung als Reaktion auf Covid-19 Bewegungseinschränkungen. Seitdem dürfen die Menschen die Lager im Wesentlichen nicht oder nur sehr eingeschränkt verlassen. Somit können sie den unmenschlichen Bedingungen, mit denen sie täglich konfrontiert sind, nicht entkommen.“

Diese Einschränkungen hätten „dramatische Auswirkungen auf die psychische Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten“, wobei auch Kinder besonders betroffen seien. Die österreichische Regierung müsse endlich einen relevanten Beitrag zur Entschärfung der Situation auf den Inseln leisten, „indem sie die Evakuierung und sichere Unterbringung der Betroffenen unterstützt“, so MSF.

Lage auf Lesbos „menschenunwürdig“

Eigentlich sieht das Projekt, dessen Unterstützung die Regierung kurz vor Weihnachten bekanntgab, die Betreuung von rund 500 Kindern vor. Diese Zahl sei im Moment „nicht realistisch“, sagte SOS-Kinderdorf-Geschäftsführerin Elisabeth Hauser am Samstag in der ZIB1. Es sei auch nicht möglich, hier ein seriöses Datum zu nennen.

Österreichs versprochene Kinderbetreuungsstätte auf Lesbos

Die katastrophalen Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern sorgen immer wieder für Diskussion. Statt Kinder aufzunehmen, hat die österreichische Regierung zu Weihnachten Hilfe an Ort und Stelle angekündigt. Eine neue Betreuungsstätte für 500 Kinder soll entstehen. Was wurde drei Monate nach der Ankündigung daraus?

Hauser zeigte sich angesichts der „katastrophalen“ Situation frustriert, der derzeitige Zustand sei nicht „menschenwürdig“. Auch die Suche nach einem geeigneten Standplatz für einen Container für die Tagesbetreuungsstätte gestalte sich aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sehr schwierig.

Man könne aber stattdessen jederzeit 50 Kinder in Österreich unterbringen, nach einiger Zeit auch bis zu 100, bekräftigte sie ein schon früher geäußertes Angebot, das die ÖVP aber bisher ablehnte. ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg erteilte dem Angebot auch diesmal wenig überraschend eine Absage.