Sexskandal im Parlament erfasst Australiens Regierung

In Australien ist die konservative Regierung von Premier Scott Morrison nach Enthüllungen über sexuelle Handlungen im Parlament in Bedrängnis geraten. Morrison nannte Video- und Fotoaufnahmen, auf denen unter anderem ein vor dem Schreibtisch einer Abgeordneten masturbierender Mann zu sehen war, heute „beschämend“ und „schändlich“.

Die Videos und Fotos waren gestern von der Zeitung „The Australian“ und dem Sender „Channel 10“ enthüllt worden. Angeblich waren sie zuvor in einer Chatgruppe von Mitarbeitern der Regierungskoalition zirkuliert.

Nach Angaben des Hinweisgebers nutzten Mitarbeiter und Abgeordnete der Regierungskoalition in der Vergangenheit häufig einen Gebetsraum im Parlament, um Sex zu haben. „Zum Vergnügen von Abgeordneten der Koalition“ seien auch Prostituierte ins Parlament gebracht worden.

„Moralischer Bankrott“

Im Parlament herrsche eine „von Männern bestimmte Kultur, die denken, dass sie tun können, was immer sie wollen“, sagte der Hinweisgeber den Medien. Zwar hätten die Regierungsmitarbeiter mutmaßlich keine Gesetze gebrochen. Was sie getan hätten, sei aber ein „moralischer Bankrott“.

Einem Regierungsmitarbeiter wurde als Reaktion auf die Enthüllungen sofort gekündigt. Die Regierung versprach weitere Schritte. Die Enthüllungen seien „mehr als enttäuschend“, sagte Frauenministerin Marise Payne. Auch Kabinettsmitglied Karen Andrews verurteilte die Vorgänge.

Berichte über Mobbing, Missbrauch und Übergriffe

Das australische Parlament steht seit Längerem wegen einer „vergifteten“ Arbeitsatmosphäre in der Kritik. Bereits in der Vergangenheit gab es Berichte über Mobbing, Übergriffe und sexuellen Missbrauch vor allem durch Mitarbeiter der Regierungskoalition.

Im Februar hatte eine Ex-Regierungsmitarbeiterin Vergewaltigungsvorwürfe gegen einen ehemaligen Kollegen in einem Abgeordnetenbüro erhoben. Kurz darauf wurden Vergewaltigungsvorwürfe gegen Justizminister Christian Porter bekannt, welche dieser abstreitet. Zuletzt waren in Australien Zehntausende Frauen auf die Straße gegangen, um gegen sexuelle Gewalt und für Geschlechtergerechtigkeit zu demonstrieren.