Ein geschlossenes Geschäft in St. Pölten
APA/Helmut Fohringer
Handel

Debatte über Eintrittstests

Der neu beschlossene Lockdown für den Osten hat einmal mehr Auswirkungen auf den Handel: Dieser wird von Gründonnerstag (1. April) bis zum Dienstag nach Ostern (6. April) mit Ausnahme von Gütern des täglichen Bedarfs geschlossen. Danach braucht man zum Einkaufen einen negativen CoV-Test – ausgenommen ist auch hier die Grundversorgung. Handelsvertreter übten am Donnerstag heftige Kritik an dem Paket.

Die Testpflicht für den Besuch des Handels in Wien, Niederösterreich und Burgenland gilt vorerst für den 7. bis 10. April. Eine Verlängerung ist allerdings möglich, teilte das Gesundheitsministerium mit. Wie die Maßnahme konkret aussehen soll, wird noch per Verordnung festgelegt. Fix ist jedenfalls, dass Geschäfte für die Grundversorgung auch ohne Test besucht werden können. Zu diesen zählen etwa Supermärkte, Apotheken, Bank- und Postfilialen.

Der Handel zeigte sich am Donnerstag enttäuscht, dabei sorgten insbesondere die Eintrittstests für Debatten. Der Chef der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Harald Mahrer, ortete in den Eintrittstest ein „Instrument zu einer stufenweisen Schließung. Auf diese Weise werden die Betriebe massiv in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt und mutwillig neue Kundenbarrieren aufgebaut.“

Große Einbußen für Handel im Osten

Aufgrund des strengeren Lockdowns in Ostösterreich müssen 10.000 Geschäfte in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland vor Ostern zusperren. Die Hälfte der Unternehmen sei schon jetzt akut insolvenzgefährdet, warnte etwa der Handelsverband.

Geht es nach der Sparte Handel in der WKO, sollte eine Testpflicht auch für den Lebensmittelsektor gelten. Das würde zu einer höheren Testrate führen, von der dann auch der restliche Handel profitieren würde, so Obmann Rainer Trefelik. Das wäre auch ein „Zeichen der Solidarität“. Beachtlich wären freilich die Auswirkungen auf die Testkapazitäten, zudem wäre ein solcher Schritt in strukturschwächeren Regionen nur schwer durchführbar. Grundsätzlich sprach er von einem „weiteren Nackenschlag“.

„Entgegen jeder wissenschaftlichen Evidenz“

Eine „kategorische“ Ablehnung der Testpflicht kommt unterdessen vom Handelsverband. Dieser sprach davon, dass die Handelsschließungen „entgegen jeder wissenschaftlichen Evidenz“ angeordnet würden. Die Zutrittstests im Non-Food-Bereich würden Umsatzverluste von 280 Millionen Euro pro Woche in Ostösterreich bedeuten, aber „kaum etwas an den Coronavirus-Fallzahlen ändern“.

Will beklagte im Ö1-Morgenjournal eine „Bestrafung der falschen Branche“, der Handel sei „nie ein Coronavirus-Hotspot“ gewesen. Die Branche habe die Hygieneregeln stets eingehalten und sei ein verlässlicher Partner bei den Pandemiemaßnahmen gewesen. Will wies zudem darauf hin, dass laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) der Großteil der Ansteckungen im Privatbereich passiert. Dass sich durch die Sperren mehr ins Private verlagere, sei daher problematisch. Will kritisierte, dass dem Handel politisches Versagen in anderen Bereichen umgehängt werde.

Auch FPÖ-Chef Norbert Hofer schoss sich auf die geplante Testpflicht ein. Er verwies auf die geltenden Maßnahmen. Der Eintrittstest führe nur dazu, dass noch mehr im Internet eingekauft werde, ohne dass es Hilfen gebe, so Hofer. Er kritisierte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) für ein „unüberhörbares Schweigen“ zu der Sache. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betonte unterdessen, die Eintrittstests würden auch in Zukunft Schlüssel für „fast alles“ werden.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) bei der Pressekonferenz
APA/Georg Hochmuth
Die Landeshauptleute der östlichen Bundesländer und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verhandelten die Regeln

Maskenpflicht: Industrie fürchtet Produktionsausfälle

Für Kontroversen sorgte auch die Ausweitung der Maskenpflicht auf geschlossene Räume ab dem 1. April. Industriellenvereinigung (IV), die WKO, Gewerbevertreter und der Gewerkschaftsbund (ÖGB) lehnten die Maßnahme als nicht praxistauglich ab. Es wurde auch davor gewarnt, dass es durch sie eine Gefährdung der Produktion durch die verschärften Maßnahmen in Ostösterreich gebe.

„Niemand zweifelt daran, dass das Tragen von FFP2-Masken wichtig für die Pandemiebekämpfung ist. Dabei muss aber die Arbeitsrealität der unterschiedlichen Berufsgruppen berücksichtigt werden“, so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und WKO-Präsident Mahrer. Sie verwiesen auf die Notwendigkeit für ausreichende Pausen. Die beiden Sozialpartnerspitzen zeigten sich auch verwundert über die fehlende Einbindung bei aktuellen Gesprächen.

„Eine überzogenen FFP2-Maskenpflicht führt unweigerlich zu Produktionsausfällen in allen Branchen, auch bei Lebensmitteln“, warnten Renate Scheichelbauer-Schuster, WKÖ-Obfrau für Gewerbe und Handwerk, und Siegfried Menz, Obmann der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer. Die Organisation von vorgeschriebenen „Maskenpausen“ würde zu einer „fast unlösbaren organisatorische Herausforderung“ werden.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) äußerte unterdessen Sorge um schwangere Arbeitnehmerinnen „Eine sofortige bezahlte Freistellung aller schwangere Arbeitnehmerinnen ist unumgänglich“, so ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende Korinna Schumann. Sie argumentierte damit, dass Schwangere grundsätzlich keine FFP2-Masken tagen dürften und speziell gefährdet seien.

Auch Dienstleister enttäuscht

Bitter enttäuscht zeigten sich auch die Friseure – sie müssen wie alle anderen körpernahen Dienstleister vom 1. bis 6. April schließen. „Es ist eine schlimme Situation, weil das Ostergeschäft wichtig ist“, sagte Bundesinnungsmeister Wolfgang Eder zur APA. „Normalerweise ist das eine gute Zeit für Friseure.“

Die Branchensprecher der körpernahen Dienstleister verwiesen darauf, dass angesichts der existierenden Maßnahmen der Besuch beim Masseur, der Kosmetikerin und bei der Fußpflege sowie der Gang zum Friseur „sicher wie kein anderer Alltagsbereich“ sei. Aus gesundheitlicher Sicht werde mit den Maßnahmen nichts erreicht. Gefordert wurden nun unbürokratische Ersatzleistungen für die Entlohnung des Personal.

Ministerium verhandelte mit Länderchefs

Auslöser für die verschärften Maßnahmen sind der von Fachleuten seit Langem vorausgesagte dramatische Anstieg der Covid-19-Erkrankungen und die daraus resultierende hohe Auslastung der Spitäler. Die Verschärfungen gelten nur für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte am Mittwochabend mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) die neuen Verschärfungen bekanntgegeben.

Die Zahlen steigen allerdings weiterhin im ganzen Land. Das Gesundheits- und das Innenministerium meldeten am Donnerstag 3.124 neu registrierte Coronavirus-Fälle innerhalb der letzten 24 Stunden (Stand: 9.30 Uhr). Derzeit befinden sich 2.068 Personen aufgrund des Coronavirus in Spitalsbehandlung, davon 446 auf Intensivstationen. Die 7-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei 247,2, am höchsten war sie zuletzt in Salzburg (298,9), gefolgt von Wien (298,4) und Niederösterreich (292,2).