Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanhaju.
AP/Ariel Schalit
Israel-Wahl

Netanjahu wieder ohne Mehrheit

Die rechtskonservative Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist als stärkste Einzelpartei aus der Parlamentswahl in Israel hervorgegangen. Nach Auszählung aller Stimmen stand am Freitag jedoch fest: Keiner der Blöcke – weder die Netanjahu-Unterstützer noch seine Gegner – kommt auf die notwendige Mehrheit von 61 Sitzen im Parlament (Knesset).

Der Likud (30 Sitze) erreichte gemeinsam mit seinen Partnerparteien nur 52 Mandate. Zweitstärkste Einzelpartei wurde mit 17 Sitzen Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft) des bisherigen Oppositionsführers Jair Lapid. Sein „Anti-Netanjahu-Lager“ kommt laut einem Bericht der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ (Onlineausgabe) auf 57 Sitze im Parlament. Lapid hatte eine Zusammenarbeit mit Netanjahu bereits abgelehnt.

Der 71-Jährige ist damit auf die Unterstützung der siedlerfreundlichen Jamina und der arabischen Ra’am (United Arab List/UAL) angewiesen. Weder Jamina-Chef Naftali Bennett noch Mansur Abbas, der die UAL anführt, haben bisher ihre klare Unterstützung für einen Block deklariert.

Schwierige Verhandlungen erwartet

Die UAL kommt auf vier Sitze, die ultrarechte Jamina auf sieben. Im Netanjahu-Block entfallen neben den 30 Mandaten für den Likud laut „Haaretz“ neun auf die ultraorthodoxe Schas-Partei, sieben auf die ebenso strengreligiöse Partei Vereinigtes Tora-Judentum (UTJ) und sechs auf die Rechtsaußen-Partei Religiöser Zionismus.

Grafik zum Endergebnis der Parlamentswahl in Israel
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Haaretz

Im gegnerischen Block um Lapid erhält Kahol Lavan (Blau-Weiß) von Benni Ganz acht Sitze, Avigdor Liebermanns ultarechte Partei Jisrael Beitenu (Unser Haus Israel) und die sozialdemokratische Avoda (Arbeitspartei) je sieben Sitze, die konservative jüdische Partei Neue Hoffnung, die Vereinte Liste arabischer Parteien und die linksliberale Merez je sechs Sitze.

In dem Land stehen nun erneut schwierige und langwierige Gespräche über die Bildung einer Regierung an. Eine weitere Neuwahl noch in diesem Jahr ist nicht ausgeschlossen. Das offizielle Endergebnis wird am Mittwoch veröffentlicht. Laut „Haaretz“ ziehen übrigens nur 29 Frauen ins Parlament ein – weniger als noch bei der letzten Wahl (32).

Vierte Wahl binnen zwei Jahren

Es handelte sich um die vierte Parlamentswahl innerhalb von nur zwei Jahren. Wegen der CoV-Pandemie fand diese freilich unter besonderen Vorzeichen statt. Verkompliziert wurde die Wahl dadurch, dass Israel keine Briefwahl kennt. Es gab deutlich mehr Wahllokale und -urnen als sonst. Es wurden Wahllokale zusätzlich in mehreren Stadien und Großhallen eingerichtet.

CoV-Infizierte und Personen, die sich während des Wahltages in Quarantäne befanden, mussten in je eigenen „Drive-through“-Lokalen abstimmen. Erstmals überhaupt gab es die Möglichkeit, auf dem Flughafen in Tel Aviv abzustimmen.