Nawalny: Kreml sieht kein medizinisches Versorgungsproblem

Ungeachtet schwerer Vorwürfe des inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny sieht der Kreml keine Probleme bei der medizinischen Versorgung in russischen Straflagern. Es gebe zwar einzelne Beschwerden von Häftlingen, „aber systematische Probleme im Strafvollzugssystem sind uns nicht bekannt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Agentur Interfax heute. Für solche Fragen sei aber ohnehin nicht die Präsidialverwaltung zuständig, sondern der Strafvollzug.

Die Anwälte des 44 Jahre alten Kreml-Gegners hatten am Vortag beklagt, dass der Gesundheitszustand ihres Mandanten „nicht gut“ sei und ihm die notwendige medizinische Versorgung verwehrt bleibe.

Nawalny schildert Schmerzen auf Instagram

Nawalny selbst schilderte heute in einem Instagram-Beitrag starke Rückenschmerzen und beklagte, dass er sein rechtes Bein überhaupt nicht mehr belasten könne. Immerhin werde er im schlimmsten Fall irgendwann mit einem Holzbein durchs Lager humpeln und dabei aussehen wie ein Pirat, scherzte er in seiner gewohnt humorvollen Art. „Ich weiß nur nicht, woher ich einen Piratenpapagei für meine Schulter kriegen soll.“

Russlands bekanntester Oppositioneller, der im vergangenen August nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt hatte, prangerte zudem „Folter durch Schlafentzug“ in dem Lager rund 100 Kilometer östlich von Moskau an: Jede Stunde werde er nachts von einem Wärter geweckt, berichtete er.

Diesen Vorwurf wollte der Kreml ebenso wenig kommentieren wie eine Beschwerde von Nawalnys Frau Julia. Diese hatte sich zuvor in einem Instagram-Post in ungewohnt scharfen Worten direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt: „Ich fordere die unverzügliche Freilassung meines Mannes, Alexej Nawalny, den er (Putin, Anm.) gesetzwidrig ins Gefängnis gesperrt hat“, schrieb Nawalnaja.

EU zeigt sich besorgt

Die EU zeigte sich alarmiert. Russland müsse Nawalny Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen und seine Anwälte zu ihm lassen, teilte eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit. Die Berichte über Nawalnys Gesundheit seien beunruhigend.