Das gestrandete Containerschiff „Ever Given“ beginnt sich wieder zu bewegen.
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Sueskanal

„Ever Given“ gedreht

Das im Sueskanal havarierte Containerschiff ist gedreht und teilweise freigelegt. Die gestrandete „Ever Given“ der Reederei Evergreen werde derzeit gesichert, teilte das Schifffahrtsunternehmen Inch Cape Shipping Services am Montag auf Twitter mit. Auch die Kanalbehörde bestätigte die erfolgreiche Operation.

In den frühen Morgenstunden war es gelungen, das auf beiden Ufern des Kanals verkeilte, quer liegende Riesenschiff zu drehen. Nun ist es von den Uferbänken entkeilt. Dazu waren zusätzliche Schleppschiffe in Stellung gebracht worden. Die Hilfs- und Bergungsteams am Sueskanal hatten mit Schleppern und Baggern über Tage versucht, das Schiff des japanischen Eigentümers zu befreien, das am Dienstag auf Grund gelaufen war.

Von Vorteil war dabei die hohe Flut bei Vollmond in der Nacht auf Montag. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte bereits angeordnet, die Teilentladung von Containern vorzubereiten, falls die Versuche, das Schiff flottzumachen, weiterhin erfolglos bleiben sollten.

Abschleppen zum Bittersee

Das riesige Containerschiff steht mittlerweile gerade im Kanal, ist aber noch nicht zur Gänze flottgemacht. Sobald die nächste Flut beginnt, soll das Schiff weiter abgeschleppt werden. Der Verkehr durch den Kanal soll wieder aufgenommen werden, sobald sich die „Ever Given“ im Abschnitt des Großen Bittersees befindet. Das ist ein breiterer Teil des Kanals. Bis es so weit ist, könnte es aber noch mehrere Tage dauern.

Wann die „Ever Given“ selbst, die in nördlicher Richtung auf dem Weg nach Rotterdam im Kanal unterwegs war, ihre Fahrt fortsetzen kann, ist derzeit ebenfalls unklar. Laut Kanalbehörde warteten zuletzt rund 370 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals auf Durchfahrt, darunter 25 Öltanker. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg berichtete von 450 wartenden Schiffen.

Erleichterung an Bord der wartenden Schiffe

Nach der Erfolgsmeldung kursierten im Internet Videos von erleichterten Crewmitgliedern der anderen Schiffe im Kanal. „Das Boot schwimmt“, sagt ein Mann an Bord eines Schiffs und streckt seinen Daumen nach oben. Auf einem der Videos ist immer wieder der Ausspruch „Al-hamdu li-llah“ (Gott sei Dank) zu hören.

Zuvor hatte der ägyptische Präsident Sisi bereits Anweisung gegeben, Container von dem Schiff abzuladen. Das Entladen gilt aber ebenfalls als gefährlich, da das die Stabilität des Schiffs in Gefahr bringen kann. Der Druck auf die Verantwortlichen war am Wochenende enorm gewachsen, weil bereits rund 370 Schiffe auf Durchfahrt warten, darunter 25 Öltanker, und der wirtschaftliche Schaden weiter wächst. Bis Sonntagnachmittag konnte das 400 Meter lange Schiff nur wenige Meter bewegt werden.

Schiffe im Sueskanal
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Hunderte Schiffe stauen sich bereits an beiden Enden des Kanals

Frachter mit 130.000 Schafen an Bord

Wegen der Blockade stecken derzeit auch noch elf rumänische Frachter mit lebenden Tieren an Bord fest – nach Angaben von Tierschützern handelt es sich um 130.000 Schafe. Es sei bereits Kontakt mit den Transportfirmen der Tiere aufgenommen worden, teilten die Veterinärbehörden in Bukarest mit. Diese hätten versichert, „dass es ausreichend Nahrung und Wasser an Bord für die kommenden Tage gibt“.

Am Dienstag war der 400 Meter lange Frachter der taiwanesischen Reederei Evergreen, der unter der Flagge Panamas fährt, auf Grund gelaufen. Das Schiff hatte sich inzwischen an beiden Seiten des Kanals fest im Ufer verkeilt. Usama Rabie, der Vorsitzende der Kanalbehörde, sagte am Wochenende, als Ursache könne man sowohl ein technisches Problem als auch menschliches Versagen nicht ausschließen.

Wichtige Schiffsroute

Der Sueskanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet dadurch den kürzesten Schifffahrtsweg zwischen Asien und Europa. 2020 durchfuhren fast 19.000 Schiffe den Kanal, im Schnitt gut 50 pro Tag. Der Allianz Versicherung zufolge wurden im Jahr 2019 etwa 13 Prozent des gesamten Welthandelsvolumens durch den Kanal befördert.

Vor wenigen Jahren erweitert

Mit mehreren Erweiterungen sollte der Kanal für immer größer werdende Frachter und Containerriesen attraktiv bleiben. 2015 hatte Sisi den erneut erweiterten Kanal eröffnet – in der Hoffnung auf wachsende Einnahmen und internationales Prestige.

Es ist möglich, statt der Route durch den Kanal einen Umweg um das Kap der Guten Hoffnung zu fahren. Einige Reedereien begannen auch bereits damit, Schiffe umzuleiten. Die meisten scheinen aber abwarten zu wollen. Denn der Umweg nimmt etwa eine Woche in Anspruch und verursacht erhebliche Mehrkosten. Zugleich gelten die Gewässer vor der Küste Westafrikas, insbesondere im Golf von Guinea, als besonders gefährlich wegen möglicher Überfälle von Piraten.