Containerschiff MV „Ever Given“ im Sueskanal
AP/Mohamed Elshahed
„Ever Given“ wieder frei

Schiffsverkehr im Sueskanal läuft an

Die Blockade des Sueskanals ist zu Ende. Montagnachmittag gab die Kanalbehörde bekannt, dass das tagelang festsitzende Containerschiff „Ever Given“ wieder flottgemacht wurde. Der Schiffsverkehr sei wieder aufgenommen worden. Videos in Sozialen Netzwerken zeigen, wie sich das Schiff, untermalt von Schiffshorntönen, langsam im Kanal bewegt.

Ein Schiffstracker und das ägyptische Fernsehen zeigten, dass sich der Frachter in der Mitte des Kanals befand. Die 400 Meter lange „Ever Given“ steckte seit Dienstag im Kanal fest und versperrte Hunderten Schiffen den Weg. Die Blockade sorgte für Verzögerungen im Welthandel und bei Lieferketten.

Montagfrüh konnte das Schiff teilweise in Bewegung gebracht werden, allerdings wurde noch keine Entwarnung gegeben. Der schwierige Teil der Rettung des riesigen Containerschiffs stehe noch bevor, sagte das zuständige Bergungsunternehmen: Der Bug sei noch „vollständig blockiert“, so Peter Berdowski, Chef des Unternehmens Boskalis. Das Schiff komplett flottzumachen sei „kein Kinderspiel“.

Die niederländische Firma hatte Ägypten bei der Bergung unterstützt. Für die Freilegung des mit 13.800 Containern beladenen Frachters wurden rund 30.000 Kubikmeter Sand weggebaggert. Laut Angaben des Kanalbetreibers soll das Schiff nicht defekt sein, auch der Kanal sei nicht beschädigt. Aktuell sollen laut ägyptischem TV 400 Schiffe auf die Durchfahrt warten.

Schwierige Bergung

Bei einem ersten Versuch, das Schiff mit Schleppern völlig zu befreien, soll die „Ever Given“ vom Wind erfasst worden sein und sich teilweise wieder quer gestellt haben. Wäre das Manöver nicht gelungen, hätten möglicherweise doch Container abgeladen werden. Das wäre nach den Worten des Experten sehr zeitraubend. Der Dienstleister Inchcape Shipping hatte zuvor mitgeteilt, dass das Schiff „in schwimmenden Zustand“ gebracht worden sei.

Containerschiff MV „Ever Given“ im Sueskanal
Reuters/Mohamed Abd el Ghany
Nach tagelangen Arbeiten bewegte sich die „Ever Given“ Montagnachmittag durch den Sueskanal

Die Kanalbehörde teilte Montagvormittag mit, die „Ever Given“, deren Länge etwa der Höhe des Empire State Building in New York entspricht, sei zu 80 Prozent bewegt worden. Von Vorteil war dabei die hohe Flut bei Vollmond in der Nacht auf Montag. Laut den Angaben hatten zehn Schlepper aus vier Richtungen seit dem Morgengrauen versucht, das gewaltige Schiff zu bewegen.

Hunderte Schiffe warteten auf Durchfahrt

Laut Kanalbehörde warteten zuletzt rund 370 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals auf Durchfahrt, darunter 25 Öltanker. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg berichtete von 450 wartenden Schiffen. Usama Rabie, der Vorsitzende der Kanalbehörde, sagte am Wochenende, als Ursache für die Haverie könne man sowohl ein technisches Problem als auch menschliches Versagen derzeit nicht ausschließen. Das Schiff soll laut Betreiber Evergreen nun am Großen Bittersee am nördlichen Ende des Sueskanals untersucht werden.

Die „Ever Given“ bewegt sich wieder

Die Blockade des Sueskanals ist zu Ende. Das tagelang festsitzende Containerschiff „Ever Given“ wurde flottgemacht, der Schiffsverkehr wieder aufgenommen.

Zuvor hatte der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi bereits Anweisung gegeben, Container von dem Schiff abzuladen. Das Entladen gilt aber ebenfalls als gefährlich, da das die Stabilität des Schiffs in Gefahr bringen kann. Der Druck auf die Verantwortlichen war am Wochenende enorm gewachsen; der wirtschaftliche Schaden nahm zu.

Frachter mit 130.000 Schafen an Bord

Wegen der Blockade steckten auch elf rumänische Frachter mit lebenden Tieren an Bord fest – nach Angaben von Tierschützern handelt es sich um 130.000 Schafe. Es sei bereits Kontakt mit den Transportfirmen der Tiere aufgenommen worden, teilten die Veterinärbehörden in Bukarest mit. Diese hätten versichert, „dass es ausreichend Nahrung und Wasser an Bord für die kommenden Tage gibt“.

Der wirtschaftliche Gesamtschaden dürfte in die Milliarden gehen, wobei die Schätzungen stark variieren. Laut Allianz Versicherung bedeutet die Blockade des Sueskanals Einbußen von sechs bis zehn Milliarden Dollar pro Woche. Der Logistikexperte der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Sebastian Kummer, rechnet mit einem Schaden von 1,5 Mrd. bis zwei Mrd. Euro. Es dürfte auf alle Fälle noch Tage dauern, bis die gesamte Warteschlange aufgelöst ist. Experten zufolge könnten die Auswirkungen noch länger spürbar sein.

Lieferketten zusätzlich strapaziert

Der größte Schaden sei bei den weltweiten Lieferketten entstanden, so Kummer, dieser werde jedoch gemindert, wenn die Behebung der Krise rasch erreicht werde. Er rechnete damit, dass nun versucht werde, verlorene Zeit aufzuholen, auch beim Umschlagen in den Häfen. Laut dem Institut für Weltwirtschaft (IfW) wird die Blockade des Sueskanals die durch die Pandemie ohnehin angespannten Lieferketten zusätzlich belasten.

Kummer plädierte dafür, die Abhängigkeit von globalen Zulieferungen zu reduzieren und auf regionale Lieferketten umzusteigen. Zudem sollten große Containerschiffe bei Sturm mit Schleppern durch den Kanal gezogen werden.

Sorgen bereiten Kummer mögliche Reaktionen des Versicherungssektors: „Im schlimmsten Fall könnte es passieren, dass die Versicherungen sagen: Bei den großen Containerschiffen ist uns das Risiko einer großen Störung zu hoch, und wir übernehmen für den Sueskanal keine Deckung“, so Kummer. Das würde für Ägypten den Verlust von Einnahmen in Millionenhöhe bedeuten.

Wichtige Schiffsroute

Der Sueskanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet dadurch den kürzesten Schifffahrtsweg zwischen Asien und Europa. 2020 durchfuhren fast 19.000 Schiffe den Kanal, im Schnitt gut 50 pro Tag. Der Allianz Versicherung zufolge wurden im Jahr 2019 etwa 13 Prozent des gesamten Welthandelsvolumens durch den Kanal befördert.

Vor wenigen Jahren erweitert

Mit mehreren Erweiterungen sollte der Kanal für immer größer werdende Frachter und Containerriesen attraktiv bleiben. 2015 hatte Sisi den erneut erweiterten Kanal eröffnet – in der Hoffnung auf wachsende Einnahmen und internationales Prestige.

Es ist möglich, statt der Route durch den Kanal einen Umweg um das Kap der Guten Hoffnung zu fahren. Einige Reedereien begannen bereits damit, Schiffe umzuleiten. Die meisten scheinen aber abwarten zu wollen. Denn der Umweg nimmt etwa eine Woche in Anspruch und verursacht erhebliche Mehrkosten. Zugleich gelten die Gewässer vor der Küste Westafrikas, insbesondere im Golf von Guinea, als besonders gefährlich wegen möglicher Überfälle von Piraten.