Praca do Comercio in Lissabon
CARLOS COSTA
„Musterbeispiel“

Portugal tastet sich aus Dauer-Lockdown

Auf der Suche nach Musterbeispielen im Kampf gegen das Coronavirus wird in diese Tagen immer wieder das einstige Sorgenkind Portugal genannt. Nachdem im Februar noch innerhalb von sieben Tagen weit über 800 Infizierte pro 100.000 Einwohner gemeldet wurden, wurde die 7-Tage-Inzidenz in Portugal nun auf einen niedrigen zweistelligen Wert gedrückt. Dahinter stehen seit Jänner geltende harte Lockdown-Maßnahmen – und eine schnelle Lockerung steht offenbar weiter nicht zur Debatte.

Vielmehr ist für Portugal die Rolle als „Musterland“ nicht neu, und wohl aus diesem Grund wagt das Land sich jetzt nur langsam an Öffnungsschritte heran. Denn ungeachtet der bei der ersten CoV-Welle vor rund einem Jahr noch als vorbildhaft hervorgehobenen Krisenbewältigungsschritte explodierten in Portugal dann die Fallzahlen – was folgte, war ein seit November anhaltender Notstand, in dessen Rahmen Mitte Jänner schließlich auch der bis heute geltende harte Lockdown verkündet wurde.

Nachdem das portugiesische Gesundheitssystem auch im Februar weiter kurz vor dem Kollaps stand, folgte schon bald eine erste Entwarnung, weswegen etwa auch ein Hilfsangebot aus Österreich nicht mehr in Anspruch genommen wurde. Angesichts der sich verbessernden Lage bestehe „kein Bedarf mehr daran, Patienten nach Österreich zu schicken“, hieß es Anfang März dazu von der portugiesischen Botschaft in Wien.

In Portugal lag die 7-Tage-Inzidenz (Stand 1. April) bei 30. Zum Vergleich: In Österreich liegt dieser Wert derzeit nach Angaben der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bei 247,4 (Stand 2. April). Dennoch setzt Portugal auf langsame Öffnungsschritte. Das betrifft allen voran die seit Jänner strikt umgesetzten Ausgangsbeschränkungen, deren auf vier Phasen ausgelegte Aufhebung zwar mit 15. März angelaufen ist – nach Angaben von Portugals Tourismusbehörde über die Ostertage aber auch ein Fahrverbot zwischen den Gemeinden umfasst.

„Hoher Preis“

Wie aus den Reiseinformationen des Außenministeriums hervorgeht, ist in Portugal aber ohnehin der Großteil der seit Jänner beschlossenen Lockdown-Maßnahmen in Kraft. Diese umfassen neben einer weitgehend geschlossenen Grenze zu Spanien ein Reiseverbot zwischen Portugals Landkreisen, im Großteil des Landes weiter geschlossene Geschäfte und Gastronomie sowie auch weiter geschlossene Schulen und Kultureinrichtungen. Im ganzen Land gilt zudem eine Maskenpflicht, „und zwar in geschlossenen Räumen sowie auch im Freien, sofern dort der verpflichtende Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann“.

Hinter den in zwei Monaten deutlich gesenkten CoV-Fallzahlen steht nach den Worten der „Zeit“ somit ein hoher Preis. Das zeige auch der noch einmal bis nach Ostern verlängerte Lockdown. „Alles, was auch nur die geringste Ansteckungsgefahr birgt, muss unterbleiben“, zitierte die Zeitung dazu aus einem Brief von Erzbischof Jorge Ortigain an die katholischen Gläubigen angesichts der in Portugal nach dem Vorjahr erneut ausfallenden Osterfeierlichkeiten.

Radfahrer in Lissabon
Reuters/Pedro Nunes
Seit Jänner steht das öffentliche Leben in weiten Teilen des Landes weitgehend still

Angst vor nächsten Welle

Am Ostermontag, der in Portugal kein landesweiter Feiertag ist, folgen dennoch die nächsten Lockerungen. Nach dem bis Mai abgesteckten Öffnungsplan sollen ab 5. April auch weitere Schulstufen wieder zum Präsenzunterricht wechseln sowie unter bestimmten Kriterien Museen, Geschäfte und auch Gastgärten wieder öffnen. Gleichzeitig warnen Experten und Expertinnen bereits vor wieder steigenden Zahlen. „Portugal ist nicht vor einer vierten Welle gefeit“, zitierte die „Zeit“ dazu den Epidemiologe Manuel Carmo Gomes von der Universidade de Lisboa.

Selbst die laufende Impfkampagne könne einer weiteren Pandemiewelle noch wenig entgegensetzen, berichtete der Zeitung zufolge auch die Generaldirektorin des staatlichen Gesundheitswesens (DGS), Graca Freitas. In dem rund 10,3 Millionen Einwohner zählenden Land haben nach Angaben der für die CoV-Maßnahmen federführende Behörde rund 1.200.000 Menschen die erste und fast eine halbe Million davon auch schon die zweite Impfdosis verabreicht.

Rund 26.300 Personen sind den amtlichen Angaben zufolge derzeit in Portugal mit dem CoV-Virus infiziert. Wie das DGS am Freitag weiter mitteilte, starben innerhalb von 24 Stunden neun weitere Menschen im Zusammenhang mit einer CoV-Infektion – und seit Beginn der Pandemie 16.868.

„Notwendige Reisen“ erlaubt

Offiziellen Angaben zufolge habe die portugiesische Regierung des Ministerpräsidenten Antonio Costa (Partido Socialista) „alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der gesamten Bevölkerung ergriffen“. Wann immer es der Ausbreitungsverlauf notwendig mache, könne nachgeschärft werden – ansonsten sieht ein derzeit bis Mai aufgelegter Öffnungsplan die schrittweise Lockerung der CoV-Maßnahmen vor.

So will Portugal auch den für das Land wichtigen Tourismus nach und nach wieder ermöglichen. Seit 15. März sind Flugreisen aus dem EU- und dem Schengen-Raum gestattet. Auch Hotels und Ferienunterkünfte sind teilweise, wenn auch mit eingeschränktem Betrieb wieder geöffnet. Für viele Regionen, darunter etwa Madeira und die Azoren, wurde zudem die Quarantänepflicht abgeschafft.

Der Reisekonzern TUI verweist in diesem Zusammenhang auf regional unterschiedliche Regelungen und beispielsweise auf die für die Region Lissabon noch geltende partielle Reisewarnung seitens des Außenministeriums. Dieses warnt aber ohnehin weiter „vor allen touristischen und nicht notwendigen Reisen“. Schließlich verweist auch Portugals Tourismusbehörde auf Einschränkungen für Länder mit hohen Fallzahlen und damit auch Österreich – konkret seien hier „nur notwendige Reisen“ erlaubt.