Die Zahlen der Statistik Austria vom Donnerstag sind ernüchternd: Österreich sei vom Konsolidierungspfad gedrängt worden und habe nun das höchste Defizit seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte Statistik-Generaldirektor Tobias Thomas. Ende 2019 betrug der Überschuss noch 2,4 Mrd. bzw. 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Die Staatsausgaben seien in der Krise „massiv“ gestiegen. Hilfspakete wie etwa Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss oder Umsatzersatz drückten die Ausgaben in die Höhe, so Thomas. Sie kletterten gegenüber 2019 um 12,6 Prozent oder 24,4 Mrd. Euro auf insgesamt 217,4 Mrd. Euro. Am deutlichsten stiegen die Subventionen, 43 Prozent entfielen noch auf Sozialausgaben. Gleichzeitig sanken die Staatseinnahmen „deutlich“. 2020 betrugen sie insgesamt 184,2 Mrd. Euro und verringerten sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 11,3 Mrd. Euro. Der stärkste Einbruch lag mit minus 9,8 Mrd. Euro bei den Steuern und Sozialbeiträgen, die 2020 161,0 Mrd. Euro ausmachten.
Knapp 35 Mrd. mehr an Schulden
Der öffentliche Schuldenstand erhöhte sich in absoluten Zahlen um 34,8 Mrd. Euro und lag am Jahresende bei 315,2 Mrd. Euro. Die Schuldenquote – das Verhältnis der Staatsschulden zum BIP – stieg auf 83,9 Prozent (Ende 2019: 70,5 Prozent des BIP bzw. 280,3 Mrd. Euro). In den Jahren 2015 bis 2019 war sie noch um 14,4 Prozentpunkte zurückgegangen. Das Maastricht-Kriterium, wonach der öffentliche Schuldenstand nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen darf, habe Österreich ohnedies noch nie erreicht, so Thomas. Im internationalen Vergleich sei das Defizit etwa in Spanien „deutlich größer“, in den Niederlanden, Deutschland oder Schweden hingegen geringer ausgefallen.

Alle vier Teilsektoren des Staates verzeichneten ein Defizit. Die Bundesebene (Gebietskörperschaft, Bundeskammern und sonstige Bundeseinheiten) erzielte mit 29,3 Mrd. Euro ein Minus. Auf der Landesebene ist ein Defizit von 1,9 Mrd. Euro zu beobachten.
Düstere Prognose
„Auch vereinzelte Öffnungsschritte ändern nichts daran, dass die wirtschaftliche Situation für unsere Betriebe immer noch herausfordernd ist“, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Täglich fließen Millionen in unterschiedlichen Programmen, und das zeige sich auch am Budgetvollzug. „Für die budgetäre Situation des Bundes ist in den kommenden Monaten daher nicht mit einer Entspannung zu rechnen“, prognostizierte Blümel.
Mehr Arbeitslose durch „Osterruhe“
Der neuerliche harte Lockdown in Ostösterreich könnte wieder Spuren aauf dem Arbeitsmarkt hinterlassen, sagt ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher.
Die gesamten Auszahlungen aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds beliefen sich im Jahr 2021 bis zum 15. März auf 2,2 Mrd. Euro. Insgesamt (2020 plus 2021) summieren sie sich auf 10,6 Mrd. Euro. Laut Blümel wurden bis dato in der Krise insgesamt fast 34 Mrd. Euro ausgezahlt oder rechtsverbindlich zugesagt. Seit März 2020 wurden insgesamt 424.437 Anträge auf Steuererleichterungen, insbesondere in Form von Steuerstundungen, eingebracht. Davon waren per 15. März noch 420.001 Anträge aufrecht und dadurch ein Betrag von über 2,5 Mrd. Euro ausgesetzt.
Kritik an Blümel
Das sozialliberale Momentum-Institut wies am Donnerstag auf den Umstand hin, dass zwar Österreichs Staatsschuldenstand deutlich gestiegen sei, gleichzeitig die Zinsausgaben gemessen am BIP seit Jahrzehnten aber sinken. Statt über drei Prozent wie in den 90er Jahren gab Österreich 2019 nur mehr 1,4 Prozent des BIP für Zinszahlungen aus. Die Neuverschuldung werde für den Staat immer günstiger, hieß es.
Kritik an Österreichs Finanzminister kam von der SPÖ: Die neuen Zahlen seien nur in einer Hinsicht überraschend: „Das historisch höchste Defizit mit 33,2 Milliarden Euro ist der Corona-Krise zuzurechnen. Dass der ÖVP-Finanzminister aber bei diesen enormen krisenbedingten staatlichen Ausgaben ausgerechnet bei den Impfungen sparen will und einen Kostendeckel von 200 Millionen Euro eingezogen hat, ist ein beispielloser Fehler“, so SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer. Dieses Sparen werde sich „mit Wohlfahrtsverlusten in Milliardenhöhe im Jahr 2021 niederschlagen“.
NEOS-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer reagierte „besorgt“ auf die Zahlen. Es sei zwar wichtig gewesen, für die Bekämpfung der Auswirkungen der Krise Geld in die Hand zu nehmen, mit dem selben Verantwortungsbewusstsein müsse aber auch an die Konsolidierung der Staatsfinanzen gedacht werden. Dass Österreich trotz aller Hilfen vergleichsweise schlechter durch die Krise komme, liegt laut dem Dafürhalten Doppelbauers daran, dass die Hilfsinstrumente des Finanzministers „wenig treffsicher und zum Teil sehr träge“ seien: „Minister Blümel muss endlich aufhören, Hilfen mit der Gießkanne zu verteilen und stattdessen differenziert für die betroffenen Sparten Lösungen anbieten.“