Passanten und Polizei auf Mariahilferstraße in Wien
APA/Herbert P. Oczeret
Experte

„Kurze, harte Lockdowns“ am sinnvollsten

Strenge Kontaktbeschränkungen gehören zu den wirksamsten CoV-Maßnahmen, wie eine Studie der Universität Oxford zeigt. Die Maßnahmen wirkten immer noch, allerdings weniger als bei der ersten Welle, so der Komplexitätsforscher Peter Klimek am Freitag im Ö1-Morgenjournal mit Bezug auf die Studie. Am besten seien harte und kurze Lockdowns – auch gegen die Pandemiemüdigkeit.

Auch wenn es den Effekt der Pandemiemüdigkeit gebe, sei es nicht sinnlos, weiter Maßnahmen zu ergreifen, so Klimek. Die Präventionskonzepte, wie sie etwa an Schulen quer durch Europa erarbeitet wurden, zeigten sehr wohl eine Wirkung. Lange, weiche Lockdowns seien nicht sinnvoll, da sie pandemiemüde machten, so der Komplexitätsforscher. Es sei besser, sie hart und kurz anzusetzen. „Kurz deshalb, damit man nicht in die Pandemiemüdigkeitsfalle kommt, und hart deswegen, damit man in einer kurzen Zeitspanne einen möglichst großen Effekt hat“, so Klimek. Der Gesundheitsexperte Armin Fidler sieht den Lockdown kritisch. Es gäbe nur keine Alternative, solange nicht genügend Menschen geimpft seien – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Unterdessen mehren sich die Appelle nicht nur in der Ostregion, während der Osterfeiertage vorsichtig zu sein – mehr dazu in kaernten.ORF.at. In den kommenden Tagen wird es etwa auch in Oberösterreich weiterhin ein Hauptaugenmerk auf den Bezirken mit hoher Inzidenz geben – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Ampelkommission für „Toolbox“

Die Bundesländer sollen unterdessen eine „Toolbox“ erhalten, in der regionale Maßnahmen zur CoV-Bekämpfung angeboten werden, aus denen quasi ausgewählt werden kann. Das aktuelle Dokument wurde diese Woche in der Ampelkommission beraten und setzt ab Fallinzidenzen von 200 Fällen auf 100.000 Einwohner an. Die zweite Schwelle beginnt beim Wert 400, wobei bei hohen Steigerungsraten schon vor Erreichen der Marken vom Landes- oder Bezirkshauptmann Schritte eingeleitet werden können.

Eine Verbindlichkeit entsteht ab der Inzidenz 200, wobei den Landeshauptleuten freigestellt wird, ob man Maßnahmen im ganzen Bundesland oder auf Bezirks- oder Gemeindeebene setzt. Bei der niedrigeren Stufe sind keine allzu weitreichenden Optionen geboten. Das geht von ausgeweiteten Testmöglichkeiten über die Anerkennung von Wohnzimmertests, zusätzliche verpflichtende Antigen-Tests z. B. für Shoppingcenter bis hin zu Schwerpunktkontrollen bei bekannten Hotspots im Gastro- und Hotelbereich. Verstärkt werden können Kontrollen von Social-Distancing und Quarantäne. Auch die Schließung kleiner Grenzübergänge wird als Option angeführt.

Bis hin zu Abriegelung und Screenings

Bei Stufe zwei, für die ein Start sogar schon bei Inzidenz 300 empfohlen wird, wird neben weiter intensivierten Kontrollen eine Ausreisetestpflicht empfohlen, bis die 7-Tage-Inzidenz über einen Zeitraum von mindestens zehn Tagen unter 200 liegt. Weiters angeregt werden Home-Office-Verpflichtungen in allen Arbeitswelten, in denen das möglich ist. Auch Distance-Learning wird als Möglichkeit für regionales Handeln angeführt. Bei einer weiteren Verschlechterung der Lage wird auch eine Abriegelung, die sich auf Gebiete oder Einrichtungen beziehen kann, empfohlen.

Was die Screenings in der Bevölkerung angeht, hat sich die Ampelkommission zuletzt dafür starkgemacht, auch Kindergartenpädagogen und -pädagoginnen strukturiert zu testen. Grund ist, dass auch in dieser Altersgruppe die Zahlen zuletzt angestiegen sind. Die am stärksten betroffenen Gruppen sind aktuell freilich die sechs bis 14-Jährigen und die 15- bis 24-Jährigen, wobei hier auch ein Zusammenhang mit den systematischen Schultestungen hergestellt wird, wodurch wohl die Dunkelziffer gesenkt worden ist. Folgerichtig geht man derzeit sogar von einem etwas gebremsten Anstieg in dieser Gruppe während der Osterferien aus, weil einfach weniger Tests stattfinden dürften.

Skepsis gegenüber Wohnzimmertests

Eher skeptisch äußerte man sich zu Wohnzimmertests, hätten sich die doch bei der Selbstabnahme als weniger sensitiv als bei der Abnahme durch medizinisches Personal erwiesen. Sollten sie als Eintrittstests zugelassen werden, könnte das dazu führen, dass kaum jemand mehr Teststraßen und Ähnliches besucht.

Interessant ist, wie dem Protokoll der Kommission zu entnehmen ist, dass die stark steigenden Fallzahlen in Vorarlberg durchaus zu Diskussionen in dem Gremium geführt haben. Der Vertreter des „Ländle“ war dabei bemüht zu bestreiten, dass der massive Anstieg der Infektionszahlen mit den Öffnungsschritten im Land zu tun hat. Vielmehr wird auf Massentestungen im Leiblachtal nahe Bregenz verwiesen. Auch dass die zuerst in Großbritannien festgestellte Virusvariante B.1.1.7 in Vorarlberg in den vergangenen zwei Wochen besonders schnell das Kommando übernommen hat, wird angeführt.

Formales wurde in der Ampelkommission ebenfalls vereinbart, nämlich dass man jetzt grundsätzlich bei den Schaltungen auf die Länder abstellt, wie es in den vergangenen Wochen bereits gemacht wurde. Ursprünglich sollte die Ampelfarbe die Situation in den Bezirken abbilden. Zudem muss die Kommission nur noch alle zwei Wochen zusammentreten. Einen Bericht soll es trotzdem wöchentlich geben.