Justizministerin Alma Zadic
APA/Helmut Fohringer
Razzien bei Behörden

Zadic deutet „Anpassungen“ bei Novelle an

Die Beschlagnahmung von Unterlagen und Datenträgern der Behörden durch die Justiz soll künftig nur noch im Ausnahmefall möglich sein. Diese geplante Änderung der Strafprozessordnung, die gemeinsam mit der BVT-Reform in Begutachtung geschickt wurde, sorgt für teils scharfe Kritik. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) versicherte am Dienstag, Fachleute zurate zu ziehen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird nach den Skandalen der vergangenen Jahre einer tiefgreifenden Reform unterzogen. Der Entwurf des Innenministeriums sieht eine Trennung der Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst sowie mehr parlamentarische Kontrolle vor. Außerdem enthält das Gesetzespaket auch Änderungen für die Staatsanwaltschaft: wenn die Ermittler künftig Unterlagen von Ämtern brauchen, müssen sie diese per Amtshilfe beantragen.

Razzien bei Behörden, wie jene beim BVT 2018, soll es nur noch in Ausnahmefällen geben. Die Sicherstellung von behördlichen Aufzeichnungen und Datenträgern durch die Ermittler selbst wäre nur noch zulässig, wenn sich die Ermittlungen direkt gegen den „zur Amtshilfe verpflichteten Organwalter“ richten (also z. B. gegen den Minister, Anm.).

Experte Mayer: „Kopfschuss gegen den Rechtsstaat“

Von der Opposition kam bei Bekanntwerden der Pläne Ende März scharfe Kritik. Tenor der Wortmeldungen von SPÖ, FPÖ und NEOS: Damit würde „der Vertuschung Tür und Tor geöffnet“ werden und „der so entscheidende Überraschungseffekt“ bei Razzien wegfallen.

Der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Heinz Mayer schrieb in einem Gastkommentar für den „Standard“ vor wenigen Tagen: „War die letzte größere Aktion unserer Bundesregierung, die Vorlage eines sogenannten Informationsfreiheitsgesetzes, eine bloße Mogelpackung, so handelt es sich bei der nunmehr geplanten Reform der StPO um einen gezielten Kopfschuss gegen den Rechtsstaat.“

Blick über die Kreuzung zwischen Landstraßer Hauptstraße und Rennweg mit dem Gebäude des BVT
ORF.at/Roland Winkler
Das BVT wird auf neue Beine gestellt, damit einhergehen sollen Razzien bei Behörden eingeschränkt werden

Das Justizministerium dagegen begründete die Pläne mit Verweis auf das Gerichtsurteil zur BVT-Hausdurchsuchung: Das Oberlandesgericht Wien hatte diese für rechtswidrig erklärt und betont, die Ermittler hätten um Amtshilfe ansuchen müssen. „Das soll jetzt auch gesetzlich klargestellt werden.“ Und: „Selbstverständlich wird man wie üblich auch hier die im Begutachtungsverfahren einlangenden Stellungnahmen prüfen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.“

Zadic bespricht sich mit Fachleuten

Und die scheinen nun tatsächlich im Raum zu stehen: Ressortchefin Zadic teilte am Dienstag in einer Aussendung mit, dass sie in den nächsten Tagen mit Fachleuten aus den Bereichen des Verfassungsrechts, des Strafrechts und der Praxis „die notwendigen Änderungen“ am Entwurf diskutieren werde.

Es müsse sichergestellt werden, dass die Maßnahmen keinesfalls zukünftige Korruptionsermittlungen gefährden, wie auch die Grüne Klubobfrau Sigi Maurer auf Twitter schrieb. Es sei zentral, die ermittelnden Behörden bei ihrer komplexen Arbeit so weit wie möglich zu unterstützen.

SPÖ sieht Schritt „in Richtung Polen und Ungarn“

Der SPÖ geht das nicht weit genug – sie verlangt die komplette Rücknahme der geplanten Novelle. „Die hat in einem Rechtsstaat nichts verloren und bringt uns in Richtung Polen und Ungarn“, sagte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried am Dienstag. Die SPÖ sieht in dem Gesetz unter anderem einen „Versuch der türkisen Clique um Sebastian Kurz, einen Dammbruch aufzuhalten“. Dadurch würden der Aufklärung von Korruption in Ämtern und Ministerien nicht nur starke Fesseln angelegt, sondern diese verunmöglicht, so Leichtfried.

Hausdurchsuchungen könnten nicht mehr ohne Vorankündigungen durchgeführt werden, wenn sich der Korruptionsverdacht gegen Beamte richte – und das, „wenn jetzt schon Laptops verschwinden, Handys geschreddert werden und sich das Erinnerungsvermögen von Ministern in Luft auflöst“. Für Justizsprecherin Selma Yildirim ist der Weg über die Amtshilfe „eher ein Instrument der Vertuschung und nicht der Aufklärung“.

Auch Staatsanwaltschaft gegen Regierungspläne

Strikt gegen die geplanten Neuerungen spricht sich auch die Staatsanwaltschaft aus. „Wir werden uns stark dafür einsetzen, dass das in dieser Form nicht kommt“, sagte Bernd Ziska, Vizepräsident der Staatsanwältevereinigung, in der „Presse“ (Mittwoch-Ausabe). „Auch künftig sollten strafrechtliche Ermittlungen im öffentlichen Bereich genauso möglich sein wie in allen anderen Fällen“, forderte Ziska. Man werde beim Gipfel mit Zadic „die Kritikpunkte konkret ansprechen und auf Änderungen drängen“.