ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid
APA/Hans Punz
Entscheidung fix

ÖBAG-Chef Schmid lässt Vertrag auslaufen

Nach der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Staatsholding ÖBAG ist es fix: Der durch Chat-Protokolle rund um seine Bestellung unter Druck geratene Alleinvorstand Thomas Schmid wird seinen bis März 2022 geltenden Vertrag auslaufen lassen. Nun wird ein Nachfolger gesucht. Der Opposition geht dieser Schritt nicht weit genug.

„Der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats wurde mandatiert, den Nachfolgeprozess für die Vorstandsposition zu starten“, teilte die ÖBAG Dienstagabend mit. Schmid habe sich „nach ausführlicher Diskussion mit dem Aufsichtsrat dazu entschlossen, sein Dienstverhältnis zu beenden. Der Aufsichtsrat hat diese Entscheidung zustimmend zur Kenntnis genommen“, hieß es weiter in der Mitteilung der Staatsholding.

Die Österreichische Beteiligungs AG, kurz ÖBAG, verwaltet die Anteile des Staates an wichtigen börsennotierten Firmen wie OMV, Telekom Austria, Post und Verbund. Die ÖBAG managt somit über 26 Mrd. Euro Staatsvermögen. Schmid war Ende März 2019 als Alleinvorstand an die Spitze der Beteiligungsholding gekommen. Seine Vertragslaufzeit beträgt drei Jahre, er hätte aber die Möglichkeit gehabt, den Vertrag noch einmal um zwei Jahre zu verlängern. Der Alleinvorstand war zuletzt jedoch stark in die Kritik gekommen. Grund sind SMS rund um seine Bestellung. Vor allem die Opposition hatte vehement den Rücktritt Schmids gefordert.

Schmid wird zum engeren Umfeld von Kanzler Kurz gezählt. „Du bist Familie“, soll ihm Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) einmal geschrieben haben. Vor seiner Bestellung zum ÖBAG-Vorstand soll Schmid den Kanzler gebeten haben, ihn „nicht zu einem Vorstand ohne Mandate“ zu machen. Die Antwort von Kurz: „Kriegst eh alles, was du willst.“ Als dann die gesetzliche Grundlage für den neuen Job in der ÖBAG gegeben war, habe Blümel – damals Kanzleramtsminister – an Schmid geschrieben: „Schmid AG fertig“.

Regierung verwies auf Aufsichtsrat

„Wenn er sich zurückziehen möchte, respektiere ich das selbstverständlich. Wenn es zu einer Übergabe kommt, dann ist wichtig, dass das möglichst geordnet stattfindet“, sagte zuvor Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Rande einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag. Konkret gefragt, ob ein Auslaufenlassen des Vertrags mit 2022 ausreicht oder ob Schmid nicht sofort zurücktreten müsste, sagte Kurz, er würde zunächst gerne abwarten, was Schmid vorgeschlagen hat und was der Aufsichtsrat vorschlägt. „Ich kann die Verantwortung des Aufsichtsrates nicht so einfach wegwischen.“

Auch betonte Kurz, dass es zwar die Entscheidung der Bundesregierung sei, wer in den ÖBAG-Aufsichtsrat entsendet wird, nicht aber, wie der Vorstand besetzt wird: „Wenn Sie sagen, es ist politische Aufgabe des Vizekanzlers und mir, wer Vorstand sein soll: Das ist schlicht und ergreifend falsch“, so Kurz auf eine entsprechende Frage. Es sei die „klare Aufgabe der Politik“, die Personalentscheidungen hinsichtlich des Aufsichtsrates zu treffen. Er habe „volles Vertrauen“ in den Aufsichtsrat.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte ebenso, die Entscheidung sei „in erster Linie eine Sache des Aufsichtsrates“. „Ich habe aus den Medien entnommen, dass Thomas Schmid diesen Schritt vorhat. Ich denke, dass konsequentere und raschere Schritte jedenfalls vom Aufsichtsrat zu ergreifen sind, wenn das dort notwendig erscheint.“ Wichtig sei, dass die Aufklärung nicht behindert werde.

Verzicht auf Verlängerung reicht Opposition nicht

Im Zuge des Sonderaufsichtsrats erneuerten die Oppositionsparteien am Dienstag ihre Forderungen: „Schmid muss mit sofortiger Wirkung abberufen werden. Stattdessen werfen ihm Kurz und (Finanzminister Gernot) Blümel noch einmal eine Jahresgage von einer halben Million Euro nach, damit sie ihr Gesicht wahren. Schmid bekommt also statt der fristlosen Abberufung einen Kurz-Bonus von einer halben Million Euro“, so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Schmids Vertrag würde im März 2022 auslaufen, mit einer Option für zwei weitere Jahre. SPÖ-Klubvize Jörg Leichtfried forderte unterdessen eine „grundlegende Erneuerung“ der ÖBAG. Qualifikationskriterien sollen in einem Gesetz festgeschrieben werden.

Vonseiten des NEOS-Abgeordneten Sepp Schellhorn hieß es am Dienstag: „Das ist eine müde und halbherzige Schadensbegrenzung für den ÖBAG-Aufsichtsrat. So weich würden Manager der freien Wirtschaft gerne fallen. Aber für Thomas Schmid gelten bekanntlich andere Regeln.“

Kritik kam auch von der FPÖ. „Die Ankündigung von ÖBAG-Vorstand Schmid, seinen Vertrag 2022 ‚auslaufen‘ zu lassen, ist an Chuzpe nicht mehr zu überbieten. Der Herr Alleinvorstand hat nicht nur im Vorfeld seiner Bestellung mit dem Bundeskanzler diesen Postenschacher ausgedealt, auch die Ausschreibung selbst war unsauber und, wie man in Wien so schön sagt, eine ‚geschobene Partie‘“, so der Fraktionsvorsitzende der FPÖ im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker.

Der Interessenverband für Anleger (IVA) meinte am Dienstag zum – zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestätigten – Rückzug von Schmid, dieser „schafft Erleichterung bei den Anlegern, da wieder Ruhe in die Aufsichtsräte einkehren kann – Emoji-Politik gehört dort nicht hin“.

Noch länger in Beteiligungsunternehmen

Wenn Schmid als Chef der Staatsholding seinen Hut nimmt, bleibt er doch noch einige Zeit in anderen Funktionen, in die er dank seiner ÖBAG-Tätigkeit eingezogen ist. Er sitzt nämlich in Aufsichtsräten von Beteiligungsunternehmen der Staatsholding. Dort wird er zwar nicht bleiben, ausgetauscht kann er aber nur im Rahmen von Hauptversammlungen werden. Das passiert erst, nachdem er bei der ÖBAG gegangen ist.

Schmid ist Aufsichtsratschef beim Verbund, der Bundesimmobiliengesellschaft BIG und bei der Austrian Real Estate ARE. Bei der OMV ist er stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsgremiums. Dazu kommen noch Aufsichtsposten bei der Telekom und den Lotterien.