Pressekonferenz nach dem Coronavirus-Gipfel der Bundesregierung
APA/Georg Hochmuth
CoV-Gipfel

Lockdown im Osten bis 18. April verlängert

Bei den Beratungen der Bundesregierung mit Fachleuten, Opposition und Ländern am Dienstag ist das Weiterführen regionaler Maßnahmen beschlossen worden. Im Westen Österreichs bleibt der Status quo bestehen. In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland wird der Lockdown hingegen bis 18. April verlängert. Zudem sollen in einer „Öffnungskommission“ Lockerungen ab Mai vorbereitet werden.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verwies bei der anschließenden Pressekonferenz erneut auf die regional stark unterschiedliche Situation in den Bundesländern, „gerade was die Belegung der Intensivstationen betrifft“. In Wien seien derzeit 70 Intensivbetten mehr als zum pandemischen Höhepunkt im Herbst belegt, während etwa in Kärnten oder Vorarlberg die Zahlen überschaubar seien. In sechs Bundesländern gebe es zwar hohe Ansteckungszahlen, aber eine stabile Lage in den Intensivstationen. In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland sei die Situation hingegen angespannt.

Man habe sich daher für eine Fortsetzung von regional angepassten Maßnahmen entschieden. Diese Strategie sei ein „Erfolgsmodell“, so Kurz. „Überall dort, wo es nicht akut notwendig ist“, wolle man mit den bestehenden Regeln auskommen. Für den Osten sei man hingegen mit den betroffenen Ländern einig, den Lockdown zu verlängern. In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland bleiben hingegen Handel und persönliche Dienstleister ebenso eine weitere Woche geschlossen wie Museen und Tiergärten.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte schon im Vorfeld angekündigt, sich in den Beratungen für eine Verlängerung auszusprechen. Der Schutz und die Gesundheit der Bevölkerung habe absoluten Vorrang, sagte er – mehr dazu in wien.ORF.at. Niederösterreich und Burgenland erklärten sich in der Folge „solidarisch“ mit Wien.

Zahl auf Intensivstationen „härteste Währung“

Ausschlaggebend für das Vorgehen nach dem 18. April seien hauptsächlich die Zahlen auf den Intensivstationen, sagte Ludwig. Auch Kurz sagte, diese seien die „härteste Währung“. Sei dort erst die Lage besser, könne man sich auch höhere Ansteckungszahlen erst leisten.

Verlängerung des Lockdowns in der Ostregion

Aufgrund der weiterhin angespannten Lage auf den Intensivstationen haben sich die Regierungsspitze, die Landeshauptleute und Experten auf eine Verlängerung des Lockdowns in der Ostregion geeinigt. Dieser soll bis zum 18. April dauern.

Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sprach sich am Dienstag für die Fortführung der regionalen Strategie aus. Kogler hatte bei den Beratungen zuvor Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) vertreten, der krankheitsbedingt ausfiel. Oswald Wagner, der Vizerektor der MedUni Wien sagte, die Expertenschaft habe sich schon früh für eine Regionalisierung ausgesprochen, wozu die „Corona-Ampel“ hätte dienen sollen.

Kommission für Lockerungen

Erneut stellte Kurz auch Öffnungsschritte ab Mai in Aussicht. Dazu werde eine „Öffnungskommission“ eingerichtet: Sie solle aus Regierungsmitgliedern, Verantwortlichen für Sport, Kultur, Gastronomie und Tourismus, Städten, Gemeinden und Ländern sowie den Sozialpartnern bestehen. Im Rahmen der Kommission solle begonnen werden, Öffnungsschritte ab Mai vorzubereiten.

Auch der mögliche Einsatz des russischen Impfstoffs „Sputnik V“ in Österreich war Thema. Kurz sagte erneut, die Vertragsverhandlungen seien „in den letzten Zügen“. Es gebe die Chance, dass Österreich prioritär behandelt werde. Ob Österreich den Impfstoff früher als die EU zulassen könnte, ließ Kurz offen.

Vorarlberg mit „positiver Bilanz“

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) zog zuvor eine „durchaus positive Zwischenbilanz“ über die Vorarlberger Öffnungsschritte der vergangenen drei Wochen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Stimmung im Land hätten sich gebessert, jeder Tag, an dem Handel und Gastronomie geöffnet bleiben könnten, sei insofern ein gewonnener Tag. Man werde die Lage aber weiter genau beobachten und hoffe, ohne Lockdown durchzukommen.

Er wolle den Vorarlberger Weg auf jeden Fall fortsetzen. Weitere Öffnungsschritte sind laut Wallner zwar denkbar, es könne aber nicht so schnell gehen, wie er sich das wünschen würde. Zuerst gelte es, ein, zwei Wochen abzuwarten, wie sich vermehrte Familientreffen zu Ostern auf das Infektionsgeschehen auswirken – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at

Die Infektionszahlen waren zuletzt im ganzen Land gestiegen, auch im Westen, wo sich die Virusvariante B.1.1.7 mittlerweile auch breitmacht – mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Auch in Vorarlberg war ein deutlicher Trend sichtbar: Dort verdoppelte sich die 7-Tage-Inzidenz binnen einer Woche auf fast 130. Die Ampelkommission setzte vergangene Woche wieder ganz Österreich auf Rot.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) betonte, dass die Verlängerung des Lockdowns ein wichtiger Schritt sei. Kommende Woche will er Gespräche mit Anschober aufnehmen, um ein Regelwerk für Öffnungsschritte zu definieren. Es brauche verbindliche Kriterien, wann welche Lockerungen möglich sind.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sah die Steigerungen in seinem Bundesland noch in vertretbarem Rahmen. Die Situation in den oberösterreichischen Spitälern bezeichnete er als angespannt, aber beherrschbar: „Wir hoffen, dass wir den Wettlauf gegen das Virus mit den Impfungen gewinnen und damit viele Arbeitsplätze sichern können“, meinte er. Ein Lockdown sei für ihn „immer nur das letztmögliche Mittel, nicht die erste Wahl.“

Schulen im Fernunterricht

Im Osten bleiben die Schulen nun somit auch im Fernunterricht – eine Maßnahme, die ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann mittrage, aber skeptisch sehe, wie es nach dem Gipfel hieß. Im Bildungsbereich hätte man bei der Entscheidung über eine Verlängerung des Lockdowns angesichts der hohen Testfrequenz an Schulen und der hohen Impfquote beim Lehrpersonal differenziert vorgehen können.

An die Direktoren appellierte er, die Abschlussklassen jetzt im Rahmen der schulautonomen Möglichkeiten an die Schulen zu holen. Ausstehende Schularbeiten müssten jetzt durchgeführt werden, um Schülern auch noch die Chance auf eine eventuelle Entscheidungsprüfung zu geben. „Dafür werden wir Sorge tragen“, so der Minister. Am Dienstag begann für die Schülerinnen und Schüler im Osten des Landes die mittlerweile vierte Phase des Distance-Learnings.

Wenn die Lage es notwendig mache, werde man eine Verlängerung des Fernunterrichts in der Ostregion akzeptieren, hieß es von den Elternvereinen. „Eine große Freude haben wir damit aber nicht“, sagte Sprecher Christoph Drexler, Sprecher der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV), gegenüber der APA. „Wir machen uns Sorgen um die Kinder und Jugendlichen“, verwies er auf die Zunahme psychischer Probleme. Auch eine Benotung werde immer schwerer. „Wenn es nicht anders geht“, müsse man die Schulschließungen hinnehmen, sagte der Vorsitzende des Landeselternverbands Wien, Karl Dwulit. Dann müsse die Regierung aber auch dafür sorgen, dass Eltern „Sonderbetreuungszeit ohne Wenn und Aber“ erhalten und nicht mehr in die Position des Bittstellers kommen. Zudem brauche es Förderstunden und technisches Gerät.

SPÖ sieht „Durchwurschteln“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kritisierte ein „Durchwurschteln“ – halb offen, halb zu. So ziehe die Regierung den jetzigen Zustand unendlich in die Länge. Sinnvoll wäre es nun, für kurze Zeit alles runterzufahren in Österreich, die Infektionszahlen zu senken und mit viel Impfen die Chance auf einen annähernd normalen Sommer zu schaffen.

Auch die FPÖ reagierte kritisch auf die Ergebnisse, allerdings aus anderen Gründen. Der Schaden für die Wirtschaft werde mit der Verlängerung des Lockdowns in der Ostregion vergrößert, der Nutzen in der Pandemiebekämpfung dürfe bezweifelt werden, meinte FPÖ-Chef Norbert Hofer in einer Aussendung.

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger verlangte nach den Gesprächen einmal mehr ein „klares Ziel“ und eine damit „konsistente Kommunikation“. „Es hilft nicht, von Öffnungsschritten im Mai zu reden, wenn parallel darüber diskutiert wird, den Lockdown zu verlängern“, sagte sie in einer Aussendung. Die Lage gerade in den Intensivstationen sei „ein wesentlicher Gradmesser“ – „insofern ist ein regionaler Zugang insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Belegzahlen auf den Intensivstationen richtig“.

Handel fordert zusätzliche Hilfen

Die Wirtschaftskammer Österreich zeigte sich zufrieden mit der Ankündigung einer „Öffnungskommission“. Präsident Harald Mahrer nannte das eine „richtige und vernünftige Maßnahme“. Jetzt gelte es, die Zeit bis Mai zu nutzen, um den nach wie vor vom Lockdown betroffenen Branchen Gastro und Hotellerie, im Kultur- und Veranstaltungsbereich sowie dem Handel und den körpernahen Dienstleistern im Osten des Landes eine Perspektive zu geben.

„Nach Verlängerung des harten Lockdowns in Ostösterreich ist es wichtig, dass die Unterstützungsmaßnahmen für die betroffenen Handelsbetriebe weiter gesichert sind“, richtete der Handelsobmann Rainer Trefelik einen Aufruf an die Politik. Eine sinnvolle Maßnahme sei eine Aufstockung des Ausfallsbonus. Zudem gelte es, rasch eine Lösung für die Deckelungsproblematik durch die von der EU vorgegebenen Grenzen für Wirtschaftshilfen zu finden.

Unverständnis für die Verlängerung des Lockdowns im Osten äußerte der Handelsverband. Die Entscheidung sei „kaum noch argumentierbar. Mit jeder weiteren Einschränkung des öffentlichen Raums verlagert man das Ansteckungsgeschehen noch stärker ins Private – wo man eben nicht kontrollieren kann“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung. „Den Handel, der kein Corona-Hotspot ist, zuzusperren, nur um die Mobilität der Menschen zu reduzieren – das ist nicht verhältnismäßig und das kann nicht der richtige Weg sein“, so Will.