Amnesty kritisiert Eingriffe in Menschenrechte

Amnesty International kritisiert Eingriffe in die Menschenrechte gerade in der Coronavirus-Pandemie – auch in Österreich. „Polarisierende Politikstrategien, fehlgeleitete Sparmaßnahmen und mangelnde Investitionen in die Gesundheit und das Wohl der Menschen haben dazu geführt, dass weltweit viel zu viele Menschen unverhältnismäßig stark unter den Auswirkungen von Covid-19 leiden“, schrieb die Menschenrechtsorganisation in ihrem Jahresbericht 2020, der heute präsentiert wurde.

Auch in Österreich sieht Amnesty „weitreichende und zum Teil problematische Eingriffe in die Menschenrechte“. Genannt wurden vor allem CoV-Schutzmaßnahmen. So kritisiert Amnesty etwa „unnötige und unverhältnismäßige“ Einschränkungen von Versammlungen, obwohl die Veranstalter entsprechende Vorkehrungen zum Schutz der Gesundheit getroffen hätten, und „überschießende Ausgangsregelungen, die gesetzlich nicht gedeckt waren“.

Beschränkungen bei Demos kritisiert

Konkret bemängelt die NGO Betretungsverbote während des Lockdowns sowie die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Demonstrationen wie bei einer „Fridays for Future“-Klimakundgebung im September in Linz.

„Politische Entscheidungsträger*innen haben die Aufgabe, Eingriffe in unsere Menschenrechte stets auf das Nötigste zu reduzieren und mit besonderem Augenmaß vorzugehen“, sagte die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, Annemarie Schlack, in einer Stellungnahme. „Wir fordern die Behörden in Österreich mit Nachdruck auf, dass jede Maßnahme einem konsequenten Menschenrechtscheck unterzogen werden muss.“

So sollten etwa alle Covid-19-Maßnahmen ein festgelegtes Ablaufdatum haben und auch während der Laufzeit überprüft und gegebenenfalls geändert werden. Wichtig seien außerdem ein umfassendes Recht auf Zugang zu Informationen, Unterstützung für Schutzbedürftige sowie effektiver Rechtsschutz. Amnesty fordert die Einführung eines Eilverfahrens beim Verfassungsgerichtshof.

„Welt völlig aus den Fugen geraten“

Die Krise verschärft laut Amnesty weltweit bestehende Ungleichheiten. „Unsere Welt ist völlig aus den Fugen geraten: Covid-19 hat bestehende Ungleichheit sowohl innerhalb als auch zwischen den Ländern auf brutale Weise offengelegt und verschärft“, sagte Agnes Callamard, die neue internationale Generalsekretärin von Amnesty International.

Ethnische Minderheiten, Geflüchtete, ältere Menschen und Frauen seien unverhältnismäßig stark von den Folgen der Pandemie betroffen. Gerade die „Helden und Heldinnen“ der Coronavirus-Krise – die Beschäftigten im Gesundheitswesen sowie Arbeiter und Arbeiterinnen in systemrelevanten Bereichen – wurden „am schlechtesten geschützt“.

In Bangladesch etwa verloren Beschäftigte im informellen Sektor aufgrund von Lockdowns und Ausgangssperren ihr Einkommen und jeglichen Sozialschutz. In Nicaragua wurden Gesundheitsdienstleister entlassen, nachdem sie ihre Sorge über fehlende persönliche Schutzausrüstung und staatliche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung geäußert hatten.

Der Bericht unterstreicht zudem einen erheblichen Anstieg der Fälle von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, auch in Österreich.