Ampulle mit Sutnik-Impfstoff
Reuters/Shamil Zhumatov
Fehlende Informationen

Slowakei wird „Sputnik V“ noch nicht zulassen

Die Bestellung von „Sputnik V“ gegen den Beschluss seiner Regierung hat den slowakischen Premier Igor Matovic das Amt gekostet – jetzt wird der Impfstoff vorerst nicht zugelassen: Laut dem slowakischen Institut für Arzneimittelkontrolle (SUKL) liegen noch nicht genügend Informationen vor, um über Nutzen und Risiko des russischen Coronavirus-Impfstoffs „Sputnik V“ urteilen zu können.

Die Slowakei erhielt eine erste Lieferung von 200.000 Dosen „Sputnik V“ Anfang März. Das Land hatte zwei Millionen Dosen von dem Impfstoff bestellt, der von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) noch nicht zugelassen ist. Auch in Österreich wird der Einsatz des russischen Vakzins stark in Betracht gezogen. Die Vertragsverhandlungen seien „in den letzten Zügen“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag. Prioritär wäre für Kurz eine Zulassung durch die EMA, doch schloss er auch einen Alleingang Österreichs über eine Notfallzulassung nicht aus.

Das slowakische Arzneimittelinstitut sagte, dass konkrete Daten des Herstellers zur Produktion und Sicherheit fehlten. Von Inkonsistenzen war die Rede und der Unmöglichkeit, verschiedene Studien und in Staaten verwendete Chargen zu vergleichen. „Sputnik V“ hat laut Tageszeitung „Dennik N“ mehrere Tests in der Slowakei erfolgreich bestanden, aber diese ließen keine endgültige Beurteilung der Sicherheit und Effizienz zu.

Igor Matovic und Marek Krajci nehmen Sputnik-Impfstoff in Empfang
APA/AFP/Peter Lazar
Matovic hatte den Impfstoff in Russland bestellt und in einer großen Medieninszenierung auf dem Flughafen abgeholt

Nicht identisch mit Impfstoff aus „Lancet“-Studie

Die Zeitung schrieb laut Nachrichtenagentur CTK, dass der russische Impfstoff, der in die Slowakei geliefert wurde, nicht identisch mit „Sputnik V“ sei, das in anderen Ländern verimpft werde und dessen Bewertung im Fachblatt „The Lancet“ veröffentlicht wurde. Gemäß der „Lancet“-Studie vom Februar war der Impfstoff „grundsätzlich sicher“ und zeigte auch eine Effektivität von um die 90 Prozent.

Behördensprecherin Magdalena Jurkemikova sagte, dass das slowakische Gesundheitsministerium über die Verwendung des russischen Impfstoffs entscheide. Laut Zuzana Eliasova, einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums, werden noch drei weitere Labortests durchgeführt.

„Sputnik“-Streit brachte Regierung auf die Kippe

Der „Sputnik V“-Streit in der Slowakei hatte in einer schon länger schwelende Regierungskrise das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Vierparteienkoalition war im Streit über die CoV-Politik auf die Kippe geraten. Innerhalb weniger Tage legten 16 Regierungsmitglieder ihre Ämter niedergelegt. Zuletzt nahm auch Matovic Ende März seinen Hut als Premier. Er war unter Beschuss geraten, weil er den „Sputnik“-Impfstoff eigenmächtig aus Russland bestellt und die erste Lieferung persönlich auf dem Flughafen abgeholt hatte.

Die beiden kleineren Koalitionsparteien SaS und Für die Menschen (Za ludi) warfen dem ehemaligen Medienunternehmer Matovic überdies schon länger Selbstherrlichkeit vor und gaben ihm die Hauptschuld daran, dass die Slowakei zuletzt im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr CoV-Tote verzeichnete als fast jedes andere Land der Welt.

Auch in Tschechien Ministerwechsel wegen „Sputnik“

Die Debatte über einen nationalen Alleingang mit „Sputnik V“ führte auch in Tschechien am Mittwoch zu politischen Konsequenzen. Der tschechische Premier Andrej Babis berief Gesundheitsminister Jan Blatny ab und ersetzte ihn durch Petr Arenberger, den bisherigen Chef einer Prager Klinik. Einer der Hauptgründe war Blatnys zurückhaltende Haltung zu „Sputnik V“.

Sowohl Babis als auch Staatspräsident Milos Zeman hatten Blatny wiederholt kritisiert, weil dieser „Sputnik V“ ohne EMA-Zulassung nicht in Tschechien einsetzen wollte. Der Gesundheitsminister hätte den Einsatz des russischen Impfstoffes mit einer Ausnahmeregelung erlauben sollen, so die Haltung von Premier und Präsident.

Ungarn impft seit Februar mit „Sputnik V“

Ungarn war der erste EU-Staat, der nicht von der EMA zugelassene CoV-Impfstoffe aus Russland und China einsetzte. Seit Februar werden in dem Land neben den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Pfizer sowie Moderna sowie dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca auch das russische Vektorvakzin „Sputnik V“ sowie der inaktivierte Impfstoff der chinesischen Sinopharm verwendet.