Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Blümel verteidigt „saloppe“ Nachrichten

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ist am Mittwoch ein zweites Mal im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss befragt worden. Im Mittelpunkt standen die im Zuge der jüngst bekanntgewordenen Chats von ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Blümel selbst bezeichnete seine Nachrichten mit Schmid mehrfach als „salopp“ und als Kommunikation zwischen Menschen, die sich lange und gut kennen.

In seiner Stellungnahme erklärte Blümel, dass zu seinem Selbstverständnis als Politiker gehöre, Anliegen von Bürgern und zivilrechtlichen Personen zu hören und zu unterstützen – im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Dazu gehörten auch die Bekanntgabe von richtigen Ansprechpartnern und die Weiterleitung an richtige Stellen. Dafür im Gegenzug etwas als Gegenleistung zu erwarten widerspreche dem.

Zu den Chats verwies Blümel auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, die seiner Meinung nach nur für manche gelten würden. Er erklärte zudem, dass gerade Nachrichten mit Menschen, die man sehr lang und sehr gut kenne, auch schon mal lockerer sein könnten. Zum Themenpunkt Spenden erklärte er, dass die Bundespartei wie auch die ÖVP Wien unter ihm bzw. unter der Führung von Kanzler Sebastian Kurz keine Spenden von Glücksspielunternehmen wie der Novomatic angenommen hätten.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Die Chats mit Schmid seien Nachrichten zwischen Menschen, die sich lange und gut kennen, so Blümel

Zum Thema Laptop sagte Blümel, dass er keinen dienstlichen Laptop habe, auch nicht als Kanzleramtsminister, er habe immer auf dem Handy gearbeitet. Auf Bildern, die ihn mit Laptop zeigen würden, würde er die Geräte von Mitarbeitern verwenden. Der im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestellte Laptop sei privat und auch dazu gedacht mitgenommen zu werden, so Blümel zum Umstand, dass der Laptop während der Hausdurchsuchung bei ihm von seiner Frau mitgenommen wurde – nicht im Kinderwagen, wie Blümel betonte. Der Opposition warf Blümel Skandalisierung vor.

Blümel verweist erneut auf Aufsichtsrat

Auf die ersten Fragen von Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli erklärte Blümel einmal mehr, dass er formal für die Bestellung von Schmid als ÖBAG-Chef nicht zuständig sei, das sei der Aufsichtsrat der ÖBAG. Schmid habe ihn sicher einmal darüber informiert, dass er sich für den Job interessiere und er sich bewerben werde. Er habe dem aber keine große Bedeutung zugemessen.

Nina Tomaselli (Grüne) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Tomaselli befragt Blümel zu den Chats mit Schmid

In weiterer Folge entschlug sich Blümel, befragt zu dem Schmid-Chats, erstmals. Immer wieder verwies Blümel dann bei seiner Befragung darauf, dass die – wie er sagte – „saloppen“ Nachrichten eine Kommunikation zwischen Personen, die sich lange gut kennen würden, zeigen. Er könne auch verstehen, so Blümel in seinem Eingangsstatement, dass Nachrichten, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, „irritierend wirken und Aufregung verursachen“. Immer wieder wurde bei der Befragung auch darüber debattiert, welche Fragen genau zulässig sind.

Schmid sei als Generalsekretär im Finanzministerium zentral mit dem langwierigen Gesetzeswerdungsprozess für die Erschaffung der ÖBAG beschäftigt gewesen, so Blümel dann weiter. Angesprochen auf seine Nachricht „SchmidAG fertig!“ sagte Blümel, es gehe offensichtlich um den Gesetzesbeschluss, darauf beziehe sich die Nachricht, „das ist klar ersichtlich“. Schmid habe bei der Gesetzeswerdung schließlich federführend mitgewirkt.

Aufgeheizte Stimmung im Ausschuss

Gefragt, wie viele Laptops er im Untersuchungszeitraum privat hatte, wollte Blümel zuerst nicht antworten, die Frage wurde dann aber zugelassen mit dem Hinweis, dass darauf auch Berufliches sein könnte. Es folgte ein hitziges Wortgefecht, bei dem NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter Blümel „Beleidigung des Parlaments“ vorwarf, woraufhin Sobotka mit einem Ordnungsruf drohte und dem neuen ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger (er wechselte von Ausschussvorsitz an die Position von Wolfgang Gerstl) erklärte, Brandstätter fechte eine Familienfehde aus. Blümel entschlug sich.

Blümel im „Ibiza“-U-Ausschuss

„Die öffentliche Empörung könne er teilweise nachvollziehen“, so Blümel über die Chatprotokolle rund um die Bestellung von Thomas Schmid als Chef der ÖBAG.

Zu Personalien grundsätzlich sagte Blümel, dass die Regierung durchaus Personalentscheidungen treffe, auch gebe es Debatten, „wenn man formal nicht zuständig ist“. Wichtig sei immer, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden, die Person qualifiziert sei und die Letztverantwortung bei den zuständigen Organen liege.

Blümel löscht Nachrichten „regelmäßig“

Blümel erklärte, auf Fragen von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, „seit geraumer Zeit“ regelmäßig Nachrichten von seinem Handy zu löschen, um seine Privatspähre zu schützen. Die Frage Krispers, ob Blümel Daten gelöscht habe, die für den Ausschuss relevant sein könnten, um sie dem Ausschuss nicht vorlegen zu müssen, sorgte erneut für Diskussionen – die ÖVP sah darin eine Unterstellung.

Helmut Brandstätter (NEOS) im „Ibiza“-U-Ausschuss
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Einmal mehr ein hitziges Wortgefecht gab es mit dem Abgeordneten Brandstätter

Gefragt nach einer Wahrnehmung zur Ausschreibung für den ÖBAG-Chefposten, die Schmid selber geschrieben haben soll, ortete Blümel eine Unterstellung, konkret wisse er das, was kürzlich medial bekanntgeworden sein. Bezüglich Aufsichtsrat, den Schmid selber ausgesucht haben bzw. bei dessen Auswahl stark involviert gewesen sein soll, entschlug sich Blümel – er sei dazu von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) noch nicht befragt worden.

Krisper wollte wissen, ob Kurz in die Vorauswahl der Aufsichtsräte „faktisch“ eingebunden war. Blümel verwies auf seine allgemeine Antwort, dass Postenbesetzungen immer wieder mal debattiert würden. Für den Verfahrensrichter ist das keine Antwort, Blümel solle antworten. Daraufhin fragte Blümel nach, um welchen Aufsichtsrat es gehe – Sobotka sprang ihm bei und sagte, es gehe um die ÖBAG. Blümel wiederholte seine allgemeine Aussage und verwies auf sein Verfahren, der Verfahrensrichter nahm eine Entschlagung zur Kenntnis.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer fragte auch zu den Chats rund um Druck auf Steuerprivilegien der katholischen Kirche: ob Blümel wisse, ob es auch mit anderen Religionsgemeinschaften Treffen gegeben habe? Nein, sagte Blümel, er sei bei den Chats auch nicht eingebunden gewesen, und habe davon aus den Medien erfahren.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Andreas Hanger (beide ÖVP)
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Hanger (r.) führt in Zukunft die ÖVP-Fraktion im Ausschuss

„SchmidAG fertig!“

Die Chatverläufe Schmids illustrieren, dass Schmid – langjähriger Finanzkabinettschef und Finanzgeneralsekretär – bereits beim Anlaufen der Reform der heimischen Staatsholding ÖBAG (aus ÖBIB wurde ÖBAG) großes Interesse an dem Vorstandsposten hegte. Die ausgewerteten Chats zeigen, wie Schmid etwa auf die Ausschreibung für den Chefsessel Einfluss nahm und dann an der Auswahl jener Aufsichtsräte beteiligt war, die ihn dann letztlich zum ÖBAG-Chef machen sollten.

In die entsprechende Chatkommunikation zu diesem Prozess war neben Bundeskanzler Kurz auch der damalige Kanzleramtsminister Blümel eingebunden. Letzterer schrieb etwa nach dem ÖBAG-Beschluss im Nationalrat im Dezember 2018 von der „Schmid AG“ („SchmidAG fertig!“) und dass Schmid „Familie“ sei („Du bist Familie“). Ein halbes Jahr zuvor schrieb Blümel Schmid noch von einer Rettung in dessen Sinne: „Hab dir heute deine ÖBIB gerettet!“ Schmid und die Umstände seiner Bestellung waren nach Bekanntwerden der Chats stark kritisiert worden. Am Dienstag gab der ÖBAG-Aufsichtsrat nach einer Sondersitzung bekannt, dass Schmid seinen bis März 2022 geltenden Vertrag auslaufen lassen werde.

Thomas Schmid (Alleinvorstand der Staatlichen Beteiligungs ÖBAG)
APA/Hans Punz
„SchmidAG fertig!“: Bei Blümels Ladung geht es zentral um die Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Alleinvorstand

Mit dem Bekanntwerden dieser und vieler weiterer Chats sahen die Oppositionsparteien ihre Vorwürfe von Postenschacher und Freunderlwirtschaft in der ÖVP bestätigt – strafrechtlich relevant sind die bisher bekannten Chats nicht. Ermittler prüfen derzeit aber, ob die Bestellung des früheren FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand im März 2019 und die Bestellung von Schmid kurz darauf miteinander „verzahnt“ waren, woraus sich Relevanz ableiten ließe – dafür gibt es derzeit aber keine Beweise. Hierbei ist Schmid Beschuldigter, es gilt die Unschuldsvermutung.

Nach Blümel kommt ÖBAG-Mitarbeiterin

Nach Blümel sind am Dienstag die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit bei der ÖBAG sowie Blümels ehemaliger Kabinettschef geladen. Letzterer leitet mittlerweile den Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Von der ÖBAG-Mitarbeiterin, die damals unter Minister Hartwig Löger (ÖVP) im Finanzministerium tätig war und rund um die Bestellung Schmids auch in Chatverläufen eine Rolle spielt, erwarten sich die Fraktionen Einblick in die Vorgänge rund um die Ausschreibung des ÖBAG-Chefpostens Ende 2018, von der dritten Auskunftsperson in die internen Abläufe der ÖVP-FPÖ-Regierung.

Hanger statt Gerstl

Hanger übernahm nach dessen Auskunft von Gerstl die ÖVP-Fraktionsführung, weil dieser nach einem schweren Sportunfall länger ausfalle. Die ÖVP wolle sich gegen „haltlose Unterstellungen“, im Speziellen gegen das Alois-Mock-Institut, wehren, kündigte Hanger eine „offensivere“ Vorgehensweise an und verwies darauf, dass die WKStA die Ermittlungen eingestellt habe.

In weiterer Folge forderte Hanger den Rücktritt von Krainer und Krisper, die besonders gegen die ÖVP agitieren würden mit Unterstellungen und Skandalisierungsversuchen. Die APA berichtete zu Mittag, dass Gerstl wegen einer Muskelverletzung infolge eines Skiunfalls am Ostersonntag in häuslicher Pflege ist. Hanger hatte erklärt, dass ein längerer Krankenhausaufenthalt nötig sei. Hangers bisherige Rolle wird künftig Friedrich Ofenauer übernehmen.