Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Blümel-Befragung

Reichlich Hickhack im „Ibiza“-U-Ausschuss

Zahlreiche Debatten und einiges an Hickhack hat die zweite Befragung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss begleitet. Inhaltlich ergab die Befragung wenig Neues, einige Themenbereiche – wie die Einmischung von Christian Pilnacek bei Blümels Einvernahme – wurden ausgeklammert. Die Chats mit Thomas Schmid nannte Blümel selbst „salopp“.

Schon vor der Befragung Blümels zeigten sich die Abgeordneten offensiv gelaunt, in der Sitzung selbst kam es zu einigen Verbalkontroversen – vor allem zwischen Vertretern der ÖVP und der Opposition, begleitet von zahlreichen Geschäftsordnungsdebatten und Stehungen mit den Fraktionsführern und -führerinnen. Zeitweise schien die ÖVP nicht nur einen neuen Fraktionsführer, sondern mit Wolfgang Sobotka und Andreas Hanger gleich zwei Vorsitzende zu haben, wie etwa der grüne Abgeordnete David Stögmüller konstatierte.

Hanger hatte überraschend von Wolfgang Gerstl die Fraktionsführung im Ausschuss übernommen, da Gerstl laut Hanger nach einem schweren Sportunfall länger ausfällt. Laut APA ist Gerstl bereits in häuslicher Pflege, er soll sich zu Ostern beim Skifahren eine Muskelverletzung zugezogen haben.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Blümel warf der Opposition Skandalisierung statt Aufklärung vor

Hanger, bisher stellvertretender Vorsitzender und als solcher auch mehrfach aktiv Ausschussvorsitzender, kündigte vor der Sitzung eine „offensivere“ Vorgehensweise der ÖVP an. Blümel beklagte bei seiner Stellungnahme, dass es der Opposition weniger um politische Aufklärung als mehr um eine Skandalisierung gehe.

Langwierige Befragung

Die Befragung selbst war langwierig: Gegen 15.00 Uhr war die FPÖ als letzte Partei in der ersten Fragerunde dran, vier Fragerunden sind grundsätzlich möglich, nur rund eine wurde geschafft. Inhaltlich gab es kaum neue Erkenntnisse, trotz der jüngsten Entwicklungen etwa in Bezug auf die Chatnachrichten Schmids – mittlerweile ÖBAG-Chef – unter anderem mit Blümel selbst, aber auch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Oft wurde auch über die Zulässigkeit von Fragen debattiert.

Zu den Schmid-Chats erklärte Blümel, dass er die Aufregung darüber zum Teil verstehe, gerade wenn „einzelne Nachrichten sowohl zeitlich als auch inhaltlich aus dem Zusammenhang gerissen vorgelegt werden“ – das könne schon irritierend wirken. Die „saloppen“ Nachrichten würden zeigen, dass sich die Personen schon lange und gut kennen würden.

Angesprochen auf seine eigene Nachricht „SchmidAG fertig!“ sagte Blümel, es gehe offensichtlich um den Gesetzesbeschluss, darauf beziehe sich die Nachricht, „das ist klar ersichtlich“. Schmid sei als Generalsekretär im Finanzministerium zentral mit dem langwierigen Gesetzeswerdungsprozess für die Erschaffung der ÖBAG beschäftigt gewesen, so Blümel dann weiter, und habe bei der Gesetzeswerdung federführend mitgewirkt.

Blümel verwies bei Postenbesetzungen auf Gesetze

Gefragt nach den Postenbesetzungen erklärte Blümel, dass er formal für die Bestellung von Schmid als ÖBAG-Chef nicht zuständig sei, das sei der Aufsichtsrat der ÖBAG. Schmid habe ihn sicher einmal darüber informiert, dass er sich für den Job interessiere und er sich bewerben werde. Er habe dem aber keine große Bedeutung zugemessen.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vor Medienvertretern im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Blümel ärgerte die Opposition durch zahlreiche Entschlagungen

Zu Personalien grundsätzlich sagte Blümel, dass die Regierung durchaus Personalentscheidungen treffe, auch gebe es Debatten, „wenn man formal nicht zuständig ist“. Wichtig sei immer, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden, die Person qualifiziert sei und die Letztverantwortung bei den zuständigen Organen liege.

Mehrfache Entschlagungen

Blümel entschlug sich mehrfach, etwa bei der Frage von Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli, wie viele Laptops er im Untersuchungszeitraum privat hatte. Die Frage wurde aber zugelassen mit dem Hinweis, dass darauf auch Berufliches sein könnte. Es folgte ein hitziges Wortgefecht, bei dem NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter Blümel „Beleidigung des Parlaments“ vorwarf, woraufhin Sobotka mit einem Ordnungsruf drohte und Hanger erklärte, Brandstätter fechte eine Familienfehde aus.

Nina Tomaselli (Grüne) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Tomaselli befragte Blümel zu den Chats mit Schmid

In seinem Eingangsstatement hatte Blümel erklärt, dass er tatsächlich keinen dienstlichen Laptop habe, auch nicht als Kanzleramtsminister, er habe immer auf dem Handy gearbeitet. Auf Bildern, die ihn mit Laptop zeigen würden, würde er die Geräte von Mitarbeitern verwenden. Der im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestellte Laptop sei privat und auch dazu gedacht mitgenommen zu werden, so Blümel zum Umstand, dass der Laptop während der Hausdurchsuchung bei ihm von seiner Frau mitgenommen wurde – nicht im Kinderwagen, wie Blümel betonte.

Blümel löscht Nachrichten „regelmäßig“

Blümel erklärte auf Fragen von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, „seit geraumer Zeit“ regelmäßig Nachrichten von seinem Handy zu löschen, um seine Privatsphäre zu schützen. Die Frage Krispers, ob Blümel Daten gelöscht habe, die für den Ausschuss relevant sein könnten, um sie dem Ausschuss nicht vorlegen zu müssen, sorgte erneut für Diskussionen – die ÖVP sah darin eine Unterstellung.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Andreas Hanger (beide ÖVP)
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Hanger (r.) führt in Zukunft die ÖVP-Fraktion im Ausschuss

Gefragt nach einer Wahrnehmung zur Ausschreibung für den ÖBAG-Chefposten, die Schmid selber geschrieben haben soll, ortete Blümel eine Unterstellung, konkret wisse er das, was kürzlich medial bekanntgeworden sein. Bezüglich Aufsichtsrat, den Schmid selber ausgesucht haben bzw. bei dessen Auswahl er stark involviert gewesen sein soll, entschlug sich Blümel – er sei dazu von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) noch nicht befragt worden.

Vieles aus Medien erfahren

Krisper wollte dann wissen, ob Kurz in die Vorauswahl der Aufsichtsräte „faktisch“ eingebunden war. Blümel verwies auf seine allgemeine Antwort, dass Postenbesetzungen immer wieder mal debattiert würden. Für den Verfahrensrichter war das keine Antwort, Blümel solle antworten. Daraufhin fragte Blümel nach, um welchen Aufsichtsrat es gehe – Sobotka sprang ihm bei und sagte, es gehe um die ÖBAG. Blümel wiederholte seine allgemeine Aussage und verwies auf sein Verfahren, der Verfahrensrichter nahm eine Entschlagung zur Kenntnis.

Helmut Brandstätter (NEOS) im „Ibiza“-U-Ausschuss
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Einmal mehr ein hitziges Wortgefecht gab es mit dem Abgeordneten Brandstätter

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer fragte auch zu den Chats rund um Druck auf Steuerprivilegien der katholischen Kirche: ob Blümel wisse, ob es auch mit anderen Religionsgemeinschaften Treffen gegeben habe? Nein, sagte Blümel, er sei bei den Chats auch nicht eingebunden gewesen, und habe davon aus den Medien erfahren.

Fragen zu Pilnacek-Chats nicht zugelassen

Nur sehr kurzfristig Thema im Ausschuss waren Fragen rund um einen Chat zwischen dem vorläufig suspendierten Justizministeriumssektionschef Pilnacek und Blümels Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Finanzminister. Dabei hatte Pilnacek als Reaktion auf die Sicherstellungsanordnung, mit der die Ermittler Ende Februar das Finanzministerium besucht hatten, von einem „Putsch“ („Das ist ein Putsch!!“) geschrieben.

Zudem regte Pilnacek eine Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung an und fragte, wer Blümel denn auf die Einvernahme bei der WKStA vorbereite. Der Verfahrensrichter erklärte, dass das nicht Untersuchungsgegenstand sei und ließ Fragen, etwa ob Blümel von Niedrist über Zwangsmaßnahmen (gemeint ist etwa die Hausdurchsuchung) gegen ihn informiert worden sei, nicht zu.