Covid-Impfstoffe von AstraZeneca
Reuters/Hannibal Hanschke
„Nutzen überwiegt Risiko“

EMA hält weiter an AstraZeneca fest

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat sich nach Beratungen am Mittwoch erneut für den Einsatz des Coronavirus-Impfstoffs von AstraZeneca ausgesprochen. Der Nutzen des Wirkstoffs sei trotz seltener Fälle von Hirnthrombosen höher zu bewerten als die Risiken, teilte die EMA am Mittwoch mit.

Die Behörde erklärte, dass man zwar einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und selten auftretenden Thrombosen bei Geimpften sehe. Das Risiko sei allerdings sehr gering. Die Anwendung des Vakzins werde daher weiterhin „uneingeschränkt“ empfohlen, so die Behörde. Der Nutzen überwiege das Risiko. Der Impfstoff sei „hocheffektiv“ und rette Leben, so EMA-Chefin Emer Cooke.

Die Blutgerinnsel traten laut EMA vor allem bei Frauen unter 60 Jahren binnen zwei Wochen nach der Impfung auf. Spezifische Risikofaktoren wie Alter oder Geschlecht seien nach den bisherigen Erkenntnissen nicht bestätigt worden. Es gelte, die möglichen Zusammenhänge weiter zu untersuchen. Vorläufig empfahl die EMA, Blutgerinnsel als seltene Nebenwirkung zu listen.

EMA gibt AstraZeneca erneut Rückhalt

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat sich nach Beratungen am Mittwoch erneut für den Einsatz des Coronavirus-Impfstoffs von AstraZeneca ausgesprochen.

Geimpften riet die EMA, auf die entfernte Möglichkeit der sehr seltenen Blutgerinnsel zu achten. Bei entsprechenden Symptome sollten sie sofort medizinischen Rat einholen. Konkret nannte die EMA Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Schwellung im Bein, anhaltende Bauchschmerzen, neurologische Symptome einschließlich schwerer und anhaltender Kopfschmerzen oder verschwommener Sicht sowie winzige Blutflecken unter der Haut über die Injektionsstelle hinaus – mehr dazu in science.ORF.at.

EMA untersucht rund 60 Fälle

Die EMA geht nach eigenen Angaben derzeit mehr als 60 Berichten zu Gehirnthrombosen nach. Einige verliefen tödlich. Mehrere Länder empfehlen die Impfung mit AstraZeneca inzwischen nicht mehr für jüngere Menschen. Deutschland etwa will den Impfstoff nur noch Menschen über 60 verabreichen. Bereits letzten Monat hatte eine Reihe an europäischen Staaten die Impfung ausgesetzt, diese aber nach der letzten Entwarnung der EMA teils wieder aufgenommen.

Nach der EMA wollen nun am Mittwoch auch die EU-Gesundheitsminister in einer außerordentlichen Videokonferenz über die möglichen Risiken beraten. Österreich wird nach Auskunft des Gesundheitsministeriums daran teilnehmen.

Ab 18.00 Uhr tagt außerdem das Nationale Impfgremium (NIG) zur aktuellen Stellungnahme der EMA. In der Folge finden Donnerstagvormittag seitens des Gesundheitsministeriums Beratungen mit den Gesundheitsreferenten der Bundesländer zur weiteren Vorgehensweise mit dem Impfstoff statt.

GB: AstraZeneca unter 30 vermeiden

Auch das britische Impfgremium justierte am Mittwoch beim Einsatz von AstraZeneca nach. Dieses teilte nach der EMA-Entscheidung mit, dass der Impfstoff möglichst nicht an unter 30-Jährige verabreicht werden soll. 18- bis 29-Jährige sollten nach Möglichkeit ein anderes Vakzin bekommen. Das Gremium betonte aber, dass es keinen generellen Stopp der AstraZeneca-Impfungen für bestimmte Altersgruppen empfehle. Großbritannien verzeichnete laut der britischen Arzneimittelbehörde MHRA bei 20 Millionen verabreichten AstraZeneca-Impfungen 79 Blutgerinnselfälle. 19 Personen seien gestorben.

In Deutschland hat die Empfehlung voraussichtlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Entscheidung der ständigen Impfkommission (STIKO), die den AstraZeneca-Impfstoff zuletzt für Menschen ab 60 Jahren empfohlen hatte. Was die EMA gemacht habe, könne man mit Sicherheit rechtfertigen, sagte STIKO-Mitglied Christian Bogdan am Mittwoch. Man könne aber auch die Entscheidung der STIKO rechtfertigen. Vertagt wurde unterdessen eine Entscheidung Deutschlands, wie mit Menschen verfahren werden soll, die bereits die erste AstraZeneca-Dosis erhalten haben und nun eigentlich eine zweite bekommen sollten.

Auch WHO verweist auf Kosten-Nutzen-Verhältnis

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach sich indes vorerst für die weitere Verwendung des Impfstoffs aus. Nach aktuellen Daten scheine ein Zusammenhang mit Thrombosen zwar plausibel, aber nicht bestätigt, teilten die Fachleute des Impfkomitees der WHO am Mittwochabend mit. Es bedürfe noch weiterer Studien, um eine mögliche Verbindung zwischen Impfung und etwaigem Risiko zu untersuchen.

Darüber hinaus wies die WHO darauf hin, dass die Vorfälle angesichts von inzwischen weltweit 200 Millionen mit AstraZeneca geimpften Menschen sehr, selten seien. Demgegenüber seien inzwischen 2,6 Millionen Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. „Die Verabreichung von Impfstoffen basiert auf einer Kosten-Nutzen-Analyse“, so die WHO-Experten. Das Komitee werde nächste Woche erneut beraten.

Impfgremium sieht keine Alternative

In Österreich ist der AstraZeneca-Impfstoff eine tragende Säule der Impfstrategie. Das Impfgremium hatte vergangene Woche auch vor einem Aussetzen nach dem Vorbild Deutschlands gewarnt. Würde man der deutschen Empfehlung folgen, könnte die Gruppe der 18- bis 55-Jährigen nicht genügend versorgt werden, so Ursula Wiedermann-Schmid, Leiterin des heimischen Impfgremiums.

Die wissenschaftliche Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums Ursula Wiedermann-Schmidt
APA/Georg Hochmuth
Wiedermann-Schmidt verwies auf die mangelnden Alternativen zu AstraZeneca

Es gebe zu wenig alternativen Impfstoff, und das geringe Risiko stehe der Dramatik der Coronavirus-Pandemie gegenüber, so Wiedermann-Schmid. Bei der Gruppe der unter 55-Jährigen träten in Österreich zurzeit vier bis sechs CoV-Todesfälle pro Woche auf. Auch Wiedermann-Schmid empfahl, nach einer Impfung auf die möglichen Symptome einer Thrombose zu achten und in einem solchen Fall rasch medizinische Behandlung in Anspruch zu nehmen.

AstraZeneca spielt auch in der Impfstrategie der gesamten EU sowie jener Großbritanniens eine wichtige Rolle. Der britisch-schwedische Hersteller hat zwar Lieferschwierigkeiten, dennoch sollen im zweiten Quartal 70 Millionen Dosen geliefert werden. Weil das Vakzin nicht stark gekühlt werden muss, kann es auch gut von Hausärzten und Hausärztinnen gespritzt werden. Auch außerhalb der EU ist AstraZeneca der derzeit wichtigste Impfstoff. AstraZeneca selbst hatte wiederholt erklärt, Studien hätten bei Einsatz des Impfstoffs keine erhöhte Thrombosegefahr gezeigt.