Detektiv Julian H. im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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„Ibiza“-Detektiv

Motive, Ermittlerkritik und Opferrolle

Als „notwendige“ Aktion hat Detektiv Julian H. die Produktion des „Ibiza-Videos“ am Donnerstag im U-Ausschuss bezeichnet – als Reaktion darauf, dass Vorwürfe und Anzeigen bezüglich „Einflussnahmen und Käuflichkeit in der Republik“ nicht offiziell verfolgt würden. H. bezeichnete sich in weiterer Folge selbst als Opfer, hinterließ aber ein differenziertes Bild von sich.

Die Idee zum Video sei von ihm alleine gekommen, so H. vor dem Ausschuss, beteiligt gewesen seien nur der bereits befragte Anwalt M. und die „Oligarchennichte“. Daneben habe es ein paar „Handlanger, Kofferträger“ gegeben, so H., diese hätten nichts vom eigentlichen Vorhaben gewusst. Eine Finanzierung durch NEOS stellte er in Abrede. H. erklärte in der Befragung, nie Mitglied einer politischen Partei und zuletzt selbstständiger Sicherheitsberater gewesen zu sein.

„Das Video hätte es nicht geben müssen“, so H., und zwar wenn Vorwürfe des ehemaligen Leibwächters des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache von den Behörden verfolgt worden wären. Die Polizei habe „bewusst weggesehen“, daher habe er die Vorwürfe „objektiv“ untermauern wollen. „Man denke nur an den Beamten, der sich von Strache den Rücktritt vom Rücktritt wünschte“, so H. Der ehemalige Leiter der „SoKo Ibiza“, Andreas Holzer, habe „von Anfang an alles gewusst“, sagte H. und sprach vom Jahr 2015.

Anwalt Alfred Noll und Detektiv Julian H. im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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H. wurde von Beamten und seiner Vertrauensperson Alfred Noll begleitet

Die zuletzt bekanntgewordenen Chatverläufe würden ein Sittenbild der heimischen Politik zeigen und auch, wie notwendig das Video gewesen sei. H. will etwa beim früheren FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus beim ersten Treffen Korruptionsbereitschaft „wahrgenommen“ haben. Er habe persönliche Opfer gebracht, sagte er in seiner Stellungnahme, und hoffe, dass sich die Politiker nicht durch „Exekutive und Medien hinters Licht führen lassen“.

Gudenus im Flugzeug aus Moskau getroffen

H. erzählte in seiner Befragung durch NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper von Gerüchten über „Geldlieferungen“ von Russland in die heimischen Politik, etwa über Zypern, von denen er gehört habe, er habe eine Einflussnahme aus Russland befürchtet. Er erwähnte auch den Kreml und den Judoverband, ohne das auch auf Nachfrage näher auszuführen, und führte die Wahl des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump als Warnsignal für Tendenzen in der Politik an.

Exektivbeamte vor dem „Ibiza“-Untersuchungsausschusslokal
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Am Donnerstag gab es deutlich mehr Polizeibewachung im Ausschuss

Er habe Gudenus 2017 im Flugzeug von Moskau nach Wien getroffen, so H. weiter, aufgrund der bekannten „Russland-Connections“ und der „in Sicherheitskreisen“ bekannten Vorgehensweise Russlands habe er dann auch die „Oligarchin“ ausgewählt.

Ende 2020 wurde Julian H. in Berlin verhaftet, Anfang März nach Österreich ausgeliefert – seitdem sitzt er in U-Haft. H. werden Erpressung und mutmaßliche Drogendelikte vorgeworfen, für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Er entschlug sich aufgrund der laufenden Ermittlungen in zahlreichen Punkten. Es gab auch zahlreiche Geschäftsordnungsdebatten vonseiten der Abgeordneten.

Verkauf des Videos für H. illegal

Das „Ibiza-Video“ habe er nicht verkaufen wollen, so H. weiter, und selbst auch nicht zum Kauf angeboten. Nach der Veröffentlichung habe es zahlreiche, teils hochkarätige Kaufangebote gegeben, vor allem aus dem Glücksspielsektor und dem Umfeld Straches – nicht von Medien, wie H. betonte.

Der Verkauf des Videos sei seiner Meinung illegal, die ersten Angebote seien auch mit „deutlichen Drohungen“ verbunden gewesen, sagte er auf Nachfrage von ÖVP-Mandatar Christian Stocker. H. entschlug sich bei der Frage, an wen er das Video weitergegeben hat.

Warnung aus dem Kurz-Umfeld

Weiters erzählte er, dass Gudenus am Tag vor der Aufnahme des Videos von einer Warnung aus dem „Kurz-Umfeld“ erzählte, wonach eine Videofalle geplant sei. Gudenus soll laut Auskunftsperson auch über seinen Glauben an UFOs und Außerirdische, den man als Politiker nicht öffentlich machen dürfe, gesprochen haben und auch Energielinien, die sich auf Ibiza kreuzten.

Ziel intensiver Ermittlungen

Er sei Ziel intensiver Ermittlungen und Überwachungen gewesen, so H. weiter, es habe viele Hausdurchsuchungen gegeben und Eingriffe in Grundrechte, die übercherweise nur bei Terrorermittlungen einsetzt würden, wie unzählige Funkzellenabgriffe. Viele Überwachungen seien aber nicht besonders gut gewesen. Die Auskunftsperson berichtete auch über Kriminalbeamte, die sich am Rande der Legalität bewegen würden.

Stephanie Krisper (NEOS) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Krisper fragte rund um angebliche Geldflüsse aus Russland in die heimische Politik

H. fühlte sich laut eigenen Aussagen vom Innenministerium bedroht und berief sich dabei auf Aussagen von Anwalt M. Aus diesem Grund habe er sich auch direkt in einem Brief an Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen gewandt, um ihm sein „Testament, wenn sie es so nennen wollen“, zu schicken. Er bezweifle, dass er ein faires Verfahren bekomme, vielmehr solle er mundtot gemacht werden. „Es ist schwer zu glauben, dass Österreich ein gefestigter Rechtsstaat sein soll“, so H.