Kogler für ÖBAG-Doppelspitze

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bevorzugt eine Doppelspitze für die Staatsholding ÖABG, der Aufsichtsrat hat dafür zuletzt keine Notwendigkeit gesehen.

„Es wäre besser, in der ÖBAG ein Vieraugenprinzip zu haben. Ich würde das präferieren, weil es dort um viele, viele Milliarden geht. Dieses Vieraugenprinzip würde mindestens zwei Vorstände erfordern. Eine allfällige Neu- und Umstrukturierung ist aber Sache des Aufsichtsrates“, sagte er gegenüber oe24.TV.

Auf die Frage, ob der umstrittene ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid früher als im März 2022 aus dem Unternehmen ausscheiden soll, antwortet Kogler: „Ja, allerdings verweise ich darauf, dass letztendlich der Aufsichtsrat entscheiden muss.“

SPÖ wirft Schmid „Millionengrab“ vor

Morgen kommt der Nationalrat auf Wunsch der Opposition zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Chataffäre um ÖBAG-Chef Schmid zu debattieren.

Die SPÖ warf Schmid im Vorfeld vor, für ein „Millionengrab“ verantwortlich zu sein. Es sei „erstaunlich, wieso Thomas Schmid immer noch in seiner Funktion ist“, so SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter heute bei einer Pressekonferenz. Die FPÖ fordert ein Eingreifen des Bundespräsidenten.

Matznetter verwies auf einen Tweet der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli, wonach aus Akten aus dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss hervorgehe, dass der ÖBAG-Aufsichtsrat Gutachten erstellen ließ, laut denen der Schaden für die ÖBAG größer wäre, wenn Schmids Vertrag aufgelöst würde, als wenn er bleibe. Nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Staatsholding zur Causa diese Woche wurde bekannt, dass Schmid seinen Vertrag 2022 auslaufen lassen wird.

„Politisches Jobkarussell“

Die Verteidigungslinie, dass Schmids Wirken so erfolgreich gewesen sei, lässt Matznetter nicht gelten. Er habe vielmehr den Eindruck, dass Schmid „ein CSO ist, ein Chief Sleeping Officer“, so der rote Abgeordnete. Matznetter führte als Beispiele für Schmids Wirken etwa die AUA-Rettung ohne Arbeitsplatzgarantie an und auch die Casinos Austria, die als „politisches Jobkarussell“ missbraucht worden seien, auch bei der OMV laufe es nicht rund. Insgesamt ortete Matznetter mehrere hundert Millionen Euro möglichen Schaden. „Hier von einer Erfolgsstory zu reden halte ich für übertrieben.“

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) solle handeln und die Aufsichtsräte sofort ersetzen, forderte Matznetter. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried forderte indes in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA neben Schmids auch erneut Blümels Rücktritt und kündigte an, dass die SPÖ einen Misstrauensantrag gegen den Minister unterstützen werde.

Hofer: ÖVP ist im Abstiegskampf

FPÖ-Chef Norbert Hofer verglich derweil in einer Pressekonferenz die „Bussi-Bussi-Chats der ÖVP“ mit der „Ibiza-Affäre“ und verlangte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine entsprechende Reaktion.

„Die ÖVP ist im Abstiegskampf. Es wird Zeit für eine Erwachsenenpolitik“, sagte Hofer. Die Chats würden das Land ins Chaos stürzen, und das Staatsoberhaupt müsste die Regierung entlassen, wenn er mit den gleichen Maßstäben messen würde wie beim „Ibiza-Skandal“.

Wenn Van der Bellen überparteilich agieren würde, müsste er die richtigen Worte finden und auch heute festhalten, „dass wir nicht so sind“, sagte Hofer in Anspielung auf das Zitat von Van der Bellen („So sind wir nicht“) nach Ausbruch der „Ibiza-Affäre“.

NEOS fordert sofortige Abberufung Schmids

NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn forderte die sofortige Abberufung Schmids und sieht die Staatsholding „handlungsunfähig“. Schellhorn übt auch schwere Kritik an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der sich noch im Wahlkampf als „einer, der auf unsere Werte schaut“ plakatieren ließ. „Sind das die Werte der ÖVP? Hier hat die ÖVP einen moralischen Konkursantrag an sich selbst gestellt“, kritisierte Schellhorn mit Verweis auf den via Chat übermittelten Auftrag des Kanzlers an das Finanzministerium, gegen die Kirche „Vollgas“ zu geben.

Blümel legt seine Position dar

Die ÖVP verteidigte Schmid: Er sei der am besten geeignete Kandidat für den Job gewesen und habe erfolgreich gewirtschaftet, wie Vizegeneralsekretärin Gabriela Schwarz heute in einer Aussendung festhielt. Nach seiner Ladung im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss hatte Blümel gestern in der ZIB2 erneut seine Position zur Bestellung von Schmid als Alleinvorstand der ÖBAG und den dazu aufgetauchten Chatnachrichten dargelegt.

Diese hatten in den vergangenen Tagen zahlreiche Fragen zu den Vorgängen rund um die Postenbesetzung aufgeworfen. Blümel sagte, dass der Aufsichtsrat für die Bestellung von Schmid zuständig gewesen sei und dieser sich einstimmig für Schmid ausgesprochen hatte.

Finanzminister Blümel zu Chatprotokollen

Bereits zum zweiten Mal war Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Mittwoch vor den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss geladen. Aber nicht das „Ibiza-Video“, sondern seine SMS mit ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid waren das zentrale Thema.

Hickhack in Ausschussbefragung

Die Befragung vor dem Ausschuss war von zahlreichen Debatten und einigem an Hickhack begleitet worden. Inhaltlich ergab sie wenig Neues, einige Themenbereiche – wie die Einmischung von Christian Pilnacek bei Blümels Einvernahme – wurden ausgeklammert. Die Chats mit Schmid nannte Blümel selbst „salopp“.

Lesen Sie mehr …