Präsident Biden bei der Rede
AP/Andrew Harnik
Waffengewalt in den USA

Biden stemmt sich gegen „Seuche“

„Es ist lange überfällig, dass wir handeln“: Angesichts der ausufernden Schusswaffengewalt in den USA will Präsident Joe Biden die Regularien nachschärfen. Im Zentrum steht dabei das Vorgehen gegen selbst zusammengebaute „Geisterwaffen“. Für ein hartes Durchgehen braucht es aber die Zustimmung des Kongresses.

„Waffengewalt in diesem Land ist eine Seuche, Herrgott nochmal, und es muss enden“, sagte Biden am Donnerstag im Rosengarten des Weißen Hauses. Es sei auf internationaler Ebene auch ein Grund zur Scham für die Vereinigten Staaten.

Biden will mit Hilfe des Justizministeriums unter anderem die Verbreitung von im Internet gekauften und selbst zusammengebauten Schusswaffen – „Ghost Guns“ („Geisterwaffen“) genannt – eindämmen. Diese haben keine Seriennummer, was die Strafverfolgung bei Verbrechen deutlich erschwert. Für eine grundlegende Verschärfung der Waffengesetze ist der Präsident aber auf den Kongress und vor allem den Senat angewiesen, den Biden einmal mehr zum Handeln aufrief.

Ruf nach flächendeckender Gesetzgebung

„Ghost Guns“ seien für Sicherheitskräfte ein zunehmendes Problem, sagte Biden. Er wies das Justizministerium an, innerhalb von 30 Tagen eine Vorschrift vorzulegen, um deren Verbreitung einzudämmen. Das Ministerium soll unter anderem auch Mustergesetzgebungen für Bundesstaaten erarbeiten, wonach Gerichte auf Antrag bestimmten Personen zeitweise ihre Waffen entziehen können, wenn diese für sich oder andere eine Gefahr darstellen. In mehreren Staaten gibt es solche Gesetze bereits, Biden wünscht sich das jedoch flächendeckend.

Präsident Biden bei der Rede
AP/Andrew Harnik
„Dass jeden Tag in den USA so viele Menschen durch Waffengewalt sterben, ist ein Schandfleck für uns“, sagte Biden

„Genug mit den Gebeten“

Außerdem sprach sich der Präsident dafür aus, Kriegswaffen wie Sturmgewehre zu verbieten. Niemand brauche Kriegswaffen mit 100 Schuss Munition. Biden beklagte, Beileidsbekundungen von Kongressmitgliedern nach tödlichen Schussattacken reichten nicht aus. „Genug mit den Gebeten – es ist Zeit zum Handeln.“

Der Präsident forderte zugleich den Kongress auf, schärfere Waffengesetze zu beschließen. Die Demokraten im Repräsentantenhaus hatten erst kürzlich einen neuen Anlauf unternommen, um gesetzlich zu regeln, dass Waffenkäufer strenger kontrolliert werden. Der Präsident appellierte erneut an den Senat, diese Änderungen zu verabschieden. Doch hochrangige Republikaner warfen Biden schon vor seiner Ankündigung vor, das in der Verfassung verankerte Recht auf Waffenbesitz anzugreifen.

Biden plant strengere Waffengesetze

US-Präsident Joe Biden hat damit begonnen, eines seiner Wahlversprechen einzulösen, und strengere Waffengesetze angekündigt. Den Tod durch Schusswaffen in den USA nennt er eine „Epidemie“, der etwas entgegengesetzt werden müsse.

Vor wenigen Wochen hatten zwei schwere Angriffe in den USA für Entsetzen gesorgt. In und um die Stadt Atlanta im Bundesstaat Georgia hatte ein Angreifer in drei Massagesalons Mitte März acht Menschen erschossen. Wenige Tage später tötete ein Schütze in einem Supermarkt in der Stadt Boulder im Bundesstaat Colorado zehn Menschen.

Protest für Waffengesetze
Reuters/Brendan Mcdermid
In Atlanta wurden Mitte März acht Menschen erschossen, sechs von ihnen waren Frauen asiatischer Abstammung

Im Schnitt über 100 Tote pro Tag

In den USA kommt es regelmäßig zu tödlichen Zwischenfällen mit Schusswaffen, die dort leicht zu kaufen sind. Die Gesundheitsbehörde CDC verzeichnete in ihrer jüngsten Statistik aus dem Jahr 2018 insgesamt 39.740 Schusswaffentote in den USA – also etwa 109 Tote pro Tag. Während der Pandemie und der Beschränkungen des sozialen Lebens waren blutige Schießereien etwas seltener geworden. Beobachter beklagten angesichts der zwei schweren Attacken innerhalb weniger Tage jedoch die Rückkehr zu einer düsteren „Normalität“ in den USA.

Kurz nach der Präsentation von Maßnahmen gegen die Schusswaffengewalt gab es einen erneuten Vorfall. In einer Möbelfabrik in Texas erschoss ein Angreifer am Donnerstag einen Menschen und verletzte mehrere weitere, wie die Polizei mitteilte. Zudem teilten Ermittler im Staat South Carolina mit, dass dort am Mittwoch ein früherer Profifootballer fünf Menschen erschossen habe. Bei den Opfern handelte es sich um einen Arzt, dessen Frau, zwei Enkel im Alter von fünf und neun sowie einen 38-jährigen Handwerker, der offenbar zufällig anwesend war.

Justizminister Merrick Garland bezeichnete die Waffengewalt im Land als „Plage“ und „andauernde Tragödie“. Allein in diesem Jahr seien geschätzt bereits rund 11.000 Menschen in den USA durch Schusswaffen ums Leben gekommen.

Letztes Wort liegt beim Kongress

Rufe nach schärferen Waffengesetzen gibt es nach jeder größeren Schussattacke in den USA – jedoch ohne größeren Erfolg. Strengere Überprüfungen von Waffenbesitzern und das Verbot von Kriegswaffen werden in den USA schon seit Längerem diskutiert, fanden bisher jedoch nicht die nötigen Mehrheiten im Kongress. Viele Republikaner lehnen eine Verschärfung der Waffengesetze ab. Die Waffenlobby ist in den Vereinigten Staaten sehr mächtig.

Biden sind damit – wie auch zum Beispiel dem früheren demokratischen Präsidenten Barack Obama – teils die Hände gebunden. Die Verfügungen eines Präsidenten haben nur begrenzten Einfluss. Für weitreichendere Veränderungen müsste der Gesetzgeber handeln. Die Demokraten haben derzeit in beiden Kammern des US-Kongresses eine knappe Mehrheit, wären im Senat aber auf Stimmen der Republikaner angewiesen.