Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un
AP/Korea News Service
Ungewöhnliches Eingeständnis

Kim sieht Nordkorea vor „schwerer Krise“

Die Bürger und Bürgerinnen Nordkoreas sollen sich nach Worten des Machthabers Kim Jong Un auf eine „schwere Krise“ vorbereiten, wie die BBC am Freitag berichtete. Zuvor hatten Menschenrechtsgruppen bereits vor einer fatalen Nahrungsmittelknappheit und wirtschaftlicher Instabilität gewarnt.

Die Worte Kims fielen laut BBC bei einer Parteikonferenz. Kim soll die Situation mit der berüchtigten tödlichen Hungersnot in den 1990ern verglichen haben. Nordkorea schloss im Zuge der CoV-Pandemie alle Grenzen, dadurch kam der Handel mit China – der wirtschaftlichen Basis des Landes – so gut wie zum Stillstand.

Zusätzlich steht Nordkorea wegen der Sanktionen gegen das Atomwaffenprojekt international wirtschaftlich unter Druck. In einem seltenen Eingeständnis einer drohenden Not rief der autoritäre Machthaber Kim Parteifunktionäre am Donnerstag auf, „einen weiteren ‚beschwerlichen Marsch‘ zu führen, um unser Volk von der Schwierigkeit zu entlasten“, zitierte die BBC Kim, auch wenn die Anstrengungen nur ein wenig helfen würden.

Parteikonferenz
APA/AFP/Korean Central News Agency
Ein Blick auf die Versammlung der Partei der Arbeit am 8. April

„Zahlreiche beispiellose Herausforderungen“

Der „beschwerliche Marsch“ ist ein Ausdruck, der in Nordkorea verwendet wird, um die große Hungersnot in den 1990er Jahren zu beschreiben. Die Hungersnot war ausgebrochen, da die Unterstützung durch die damals zerfallende Sowjetunion ausblieb. Rund drei Millionen Menschen sollen damals gestorben sein.

Es sei sehr ungewöhnlich für Kim, über die Schwierigkeiten und die Nöte des Landes öffentlich zu sprechen, so Colin Zwirko von der auf Nachrichten aus Nordkorea spezialisierten US-Website NK News. Die Sprache von Kim sei diesmal ziemlich deutlich gewesen, anders als sonst. Bereits vor seiner Rede bei der Parteiveranstaltung habe Kim diese Woche gewarnt, dass das Land die „schlimmste Krise überhaupt“ durchlebe und vor „zahlreichen beispiellosen Herausforderungen“ stehe, so die BBC weiter.

Berichte über Not und Elend auf dem Land

Bereits seit Monaten gibt es Warnungen, dass die Bevölkerung in Nordkorea mit Problemen zu kämpfen hat. Berichte über Not und Elend kamen besonders aus Dörfern nahe der chinesischen Grenze, wo der Schmuggel als wichtige Einnahmequelle gilt. Generell soll der Preis für Mais, eines der wichtigsten Nahrungsmittel im ländlichen Nordkorea, laut Berichten enormen Preisschwankungen unterworfen sein. In Zeiten der äußersten Knappheit soll ein Kilo Mais mehr als einen Monatslohn gekostet haben, so die BBC.

Lina Yoon, Expertin bei der NGO Human Rights Watch, zitiert nicht genannte Kontakte in dem Land mit der Aussage, dass schon fast zwei Monate kaum Nahrungsmittel aus China kämen. Es mangle außerdem an so einfachen Dingen wie Seife, Zahnpasta und Batterien.

Betteln aus Verzweiflung

Auch die für Nordkorea zuständige UNO-Unterorganisation für Menschenrechte warnte letzten Monat vor einer „ernsten Nahrungsmittelkrise“. Es lägen Berichte vor, wonach Menschen verhungert seien und auch wieder mehr Kinder und Ältere betteln gingen, da ihre Familien sie nicht mehr unterstützen könnten, so der UNO-Sonderberichterstatter Tomas Ojea Quintana in einem Bericht von letztem Monat. Es habe Engpässe gegeben bei lebenswichtigen Gütern, Medikamenten, landwirtschaftlichen Produktionsmitteln und Rohstoffen für staatliche Fabriken.

Nach UNO-Schätzungen sind mehr als 40 Prozent der über 25 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Landes unterernährt. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) organisierte bisher die größte Hilfsaktion in dem Land und versorgt jeden Monat rund eine Million schwangere Frauen, stillende Mütter und Kinder.