FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl warf Kocher vor, sich nicht ausreichend für das Fahrzeugwerk in Oberösterreich einzusetzen. Der Minister habe „die Arbeitsplätze in Steyr scheinbar bereits abgeschrieben“, so Kickl in einer Aussendung. „Nach der verständlichen Ablehnung des mit zahlreichen Nachteilen behafteten Übernahmeangebots von Investor Siegfried Wolf durch die Belegschaft kämen von Kocher keinerlei Signale, für die Arbeitsplätze kämpfen zu wollen“.
Kocher müsse „wenigstens das verbliebene politische Gewicht der Regierung gegenüber MAN bzw. seinem Mutterkonzern Volkswagen in die Waagschale werfen“, forderte Kickl. Denn der Rechtsweg, auf die Einhaltung des von MAN gekündigten Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrags bis 2030 zu pochen, erscheine langwierig und wenig aussichtsreich. Kickl ließ aber auch mit einer gewissen Kritik an der oberösterreichischen Landespolitik aufhorchen, obwohl seine Freiheitlichen dort mit der ÖVP regieren. Diese inszeniere sich „mehr schlecht als recht als Krisenhelfer“.
Kocher: Aus für Region „ein Drama“
Kocher selbst sagte im Interview mit der „Kronen Zeitung“, dass es seit „Wochen oder Monaten sehr viele Gespräche“ gegeben habe. Es sei aber „hilfreich, wenn solche Gespräche nicht öffentlich gemacht werden. Es geht ja darum, Lösungen zu finden, nicht um Inszenierung“, so der Minister. Zwar sei bei den Gesprächen die oberösterreichische Landesregierung führend gewesen. „Es wurde aber immer mit uns abgestimmt, mit der Regierungsspitze, mit der Wirtschaftsministerin, mit mir.“

Der Minister sieht Gesprächsbereitschaft. „Jetzt geht es darum, alle wieder an einen Tisch zu bringen.“ Zugleich hielt er aber auch fest, dass es unwahrscheinlich sei, dass die gesamte Belegschaft, inklusive der Überlassungsfirmenmitarbeiter und Mitarbeiterinnen, dort in einer Nachfolgeregelung behalten werden kann. Ein Aus des gesamten Standorts wäre aber „für die Region ein Drama. Deswegen müssen wir alles tun, damit das nicht passiert“, so Kocher.
SPÖ brachte Staatseinstieg ins Spiel
Wie dieses „alles“ aussieht, darüber gehen die Meinungen allerdings auseinander. Am Samstag schlug etwa SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner vor, der Staat solle sich an MAN in Steyr beteiligen. Mit der Staatsbeteiligung sollten der oberösterreichische Standort, die Jobs und das Know-how gerettet werden, so Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz. Grundsätzlich brauchte es einen „MAN-Gipfel“ mit allen Beteiligten, bei dem eine Rettung des Werks herauskommen müsse.
MAN-Werk Steyr: SPÖ für Staatsbeteiligung
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schlägt vor, dass sich der Staat bei MAN in Steyr beteiligt, um den Standort, die Jobs und das Know-how zu retten.
Die SPÖ-Chefin schlug zudem vor, auch die Staatsholding ÖBAG ins Boot zu holen, die grundsätzlich und über MAN hinaus einen mit zehn Mrd. Euro dotierten Beteiligungsfonds schaffen sollte, um bei wichtigen Firmen mit Problemen einzusteigen. Auf diesem Wege sollten Beteiligungen bis zu 20 Prozent an wichtigen Unternehmen eingegangen werden, wenn diese Probleme haben. „Die Bundesregierung hätte einige Hebel in der Hand, doch die müssen auch benutzt werden“, sagte Rendi-Wagner.
Wirtschaftsbund geißelt „sozialistische Konzepte“
Der SPÖ-Vorschlag rief am Sonntag wiederum den ÖVP-Wirtschaftsbund auf den Plan. „Sozialistische Konzepte zur Rettung von Unternehmen haben noch nie funktioniert“, so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger in einer Aussendung. „Unternehmer wissen wohl noch am besten, ob und wie ein Betrieb wirtschaftlich geführt werden kann, das ist nicht Aufgabe des Staates.“ Der Grund für das drohende Aus des Werks in Steyr liege letztlich in zu hohen Kosten für die Arbeitskräfte. Der Wirtschaftsbund fordere seit Langem eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine Entlastung für Unternehmen, so Egger.
Ähnlich hatte sich zuvor auch NEOS geäußert. „Nein, Staatsbeteiligungen in Milliardenhöhe sind nicht der Weisheit letzter Schluss“, hieß es in Reaktion der Oppositionspartei auf den SPÖ-Vorschlag. „Was es tatsächlich braucht, ist einen Neustart, ein vollkommenes Neudenken der Wirtschafts- und Standortpolitik. Und es braucht endlich eine Senkung der Lohnnebenkosten, um den Standort konkurrenzfähig zu machen.“
Die Industriellenvereinigung appellierte am Sonntag wiederum an alle Beteiligten, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Es braucht eine kluge und vor allem auch betriebswirtschaftlich nachhaltige Lösung. Das Werk hat eine übergeordnete wirtschaftliche und soziale Bedeutung für die ganze Region. Wenn weitere Gespräche dazu führen, dass der Standort Steyr weitergeführt werden kann, sollte diese Möglichkeit unbedingt genutzt werden“, so der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill. Wesentlich sei, dass die aktuelle Diskussion vor allem von Sachlichkeit und keinesfalls von kurzsichtigen Emotionen oder Aktionismus geleitet sei.
Studie rechnet mit starken Folgewirkungen
Beim MAN-Werk in Steyr sind 2.300 Jobs in Gefahr. Laut einer Studie des emeritierten Linzer Wirtschaftsprofessors Friedrich Schneider wackeln in der Region bei einem Aus des Werks insgesamt mehr als 8.000 Jobs. Zudem drohe der Entfall von gut einer Milliarde Euro Wertschöpfung im Jahr. MAN will das Werk schließen, nachdem sich die Mitarbeiter in einem eindeutigen Votum gegen einen Verkauf an den Austroinvestor Wolf ausgesprochen hatten, der ihnen Einbußen beim Entgelt, das Aus aller Betriebsvereinbarungen und einen Abbau von rund 1.000 Jobs gebracht hätte.