Rednerpult im deutschen Kanzleramt
Reuters/Fabrizio Bensch
Laschet oder Söder

K-Frage zwischen Lavieren und Kalkül

CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder wollen in aller Eintracht die Machtfrage der deutschen Kanzlerkandidatur klären. Ersterem stärkt die große Schwesterpartei den Rücken, dem anderem sein Vorsprung in Umfragen. Auf die Entscheidung wartet Deutschland noch Tage – so wächst das Risiko von in der Union bestens bekannten Grabenkämpfen.

Die Frage, ob entweder Laschet oder Söder das Zeug dazu hat, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach 16 Jahren an der Spitze nachzufolgen, ist für beide Parteien lebenswichtig. Und auch die Frage, wie beide Kanzleraspiranten damit umgehen.

„Eines ist klar, die beiden Parteivorsitzenden müssen auch nach dieser persönlichen Entscheidung am Ende gemeinschaftlich eng zusammenarbeiten“, sagte Söder am Sonntagabend im Sender ZDF. Später sagte er im BR: „Und was für mich ganz wichtig ist, da darf auch keiner beleidigt sein.“ Auch Laschet betonte demonstrativ die Harmonie, in der die Entscheidung fallen werde. Die beiden nunmehrigen Konkurrenten um den Kanzlerposten hatten sich kurz zuvor dazu bekannt, kandidieren zu wollen – nach wochenlangen Spekulationen.

Söder will doch nicht einfach zurückziehen

Söder hatte noch am Sonntag seine Bereitschaft zur Übernahme der Kandidatur davon abhängig gemacht, dass er auch in der CDU breite Unterstützung finde. Die CDU müsste sich damit doch noch hinter den Bayern stellen, keine fünf Monate nach Laschets Wahl an die Parteispitze. Am Montag sprachen sich sowohl das Präsidium als auch der Bundesvorstand der CDU mit großer Mehrheit für Laschet aus. Dazu habe es in den Sitzungen ein „klares Meinungsbild“ gegeben, hieß es.

Söder zog sich am Montag aber dennoch nicht zurück. Auch er hatte sich am Montag im CSU-Parteipräsidium noch einmal seine Kandidatur absegnen lassen, die Abstimmung verlief einstimmig. Nun sei erst der Beginn von ergebnisoffenen Beratungen, hieß es nach der Tagung. Die CSU-Fraktion im bayrischen Landtag verlangte gar eine Befragung unter den Mitgliedern beider Schwesterparteien. Diesem Wunsch kam Söder nicht nach, doch: Man müsse „breiter in die Partei hineinhorchen“, so Söder. Die Stoßrichtung ist klar: Die CSU geht davon aus, dass Söder in der Masse besser punkten kann – in der Partei wie auch in der Bevölkerung.

Armin Laschet und Markus Söder bei einer Pressekonferenz in Berlin
APA/AFP/Tobias Schwarz
Söder oder Laschet: Die Union lässt sich noch Zeit

Söder hätte sich nicht aus der Deckung gewagt, würde er sich nicht Chancen ausrechnen. Mit seinem Wunsch, Kanzler zu werden, geht Söder zumindest ein weit kleineres Risiko ein als Laschet, dessen Fallhöhe bei einer Niederlage in der K-Frage um einiges größer wäre. In Bayern liegt Söder als CSU-Chef unangefochten an der Spitze, auch seine guten bundesweiten Umfragewerte geben ihm Rückhalt. Laut einer Forsa-Umfrage vom Montag wird ihm auch viel stärker zugetraut, Stimmen von Union-Anhängern zu mobilisieren als Laschet. Zudem könnte Söder auch im Falle einer Entscheidung für Laschet relativ leicht und ohne Gesichtsverlust seine Arbeit als Ministerpräsident und Parteichef fortsetzen.

Kanzlerkandidatur: CDU-Gremien unterstützen Laschet

Die CDU hat ihrem Vorsitzenden, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, den Rücken gestärkt. Sein Konkurrent Markus Söder ist aber noch im Rennen.

Laschet, der eigentlich das Vortrittsrecht in der Kanzlerfrage hätte, leidet sowie seine CDU an mauen Umfragewerten. Dennoch signalisierte er große Zuversicht, das Ruder bis zur Wahl am 26. September als Kopf an der Spitze noch herumreißen zu können. Diese Verantwortung wird auch an ihm hängen bleiben, sollte die CDU die Wahl verlieren. Auch würde sich bei einer Wahlniederlage eher die Frage stellen, ob Laschet noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen bleiben könne. Vor allem wäre er dann wohl auch als Parteichef der CDU angezählt.

Rufe nach schneller Entscheidung

Mit dem Hinauszögern einer Entscheidung gehen nun beide Seiten das Risiko ein, dass die in der Union bekannten Grabenkämpfe doch noch ausbrechen. Die Stimmen, man möge rasch zu einer Übereinkunft kommen, waren schon am Montag laut. „Die Kanzlerkandidatenfrage muss jetzt schnell entschieden werden, die Karten liegen jetzt auf dem Tisch“, sagte CSU-Europapolitiker Markus Ferber der „Augsburger Allgemeinen“.

Grafik zu den Bewerbern für Kanzlerkandidatur der Union
Grafik: APA/ORF.at; Fotos: AFP

Die SPD warf CDU und CSU vor, die ungeklärte Frage der Kanzlerkandidatur belaste den politischen Entscheidungsprozess. Parteichef Norbert Walter-Borjans sprach von einem „Ränkespiel“ zwischen CDU und CSU, bei dem „über dem Tisch gestreichelt und unter dem Tisch getreten“ werde. Das sei eine „schwere Belastung für die Politik“. Er fordere den Koalitionspartner auf, „da jetzt schnell für Ordnung zu sorgen“.

Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, forderte die Union auf, „das unwürdige Theater“ zu beenden. Auch Laschet selbst sagte, er werde sofort das Gespräch mit Söder suchen. „Alle wollen eine schnelle Entscheidung.“ Eine tatsächliche Kandidatenkür wird aber noch mehrere Tage auf sich warten lassen, eine Entscheidung könnte erst Ende der Woche getroffen werden. Man wolle sich in kleiner Runde erneut zusammensetzen, hieß es am Montag.