Laborszene aus der CoV-Forschung
AP/Luca Bruno
CoV-Behandlung

Hoffnungsschimmer bei Medikamenten

Bei der Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Covid-19 ist zuletzt Ernüchterung eingekehrt. Während Impfstoffe im Rekordtempo zugelassen wurden, blieb die Suche nach wirksamen Arzneimittlen trotz investierter Milliardensummen weitgehend erfolglos. Neue Studien zu einem Asthmamedikament und Antikörper-Therapien lassen nun aber Hoffnung aufkeimen.

Bei einer im Fachmagazin „The Lancet“ publizierten Studie wurde durch den inhalierten Wirkstoff Budesonid die Wahrscheinlichkeit schwerer Verläufe um 90 Prozent reduziert. Budesonid wird zur Behandlung von Asthma oder anderen chronischen Lungenerkrankungen eingesetzt sowie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn.

Am Wochenende berichtete ein Team um Mona Bafadhel von der Universität Oxford von den vielversprechenden Resultaten mit Budesonid. Knapp 150 Covid-19-Patientinnen und -Patienten nahmen an der Studie teil – die eine Hälfte erhielt den Asthmaspray in einem frühen Krankheitsstadium, die andere Gruppe erhielt die Standardtherapie. Die Gabe von Budenosid senkte das Risiko eines stationären Spitalsaufenthalts deutlich – mehr dazu in science.ORF.at.

Ärztekammer sieht „bedeutenden Fortschritt“

Das Mittel komme bei der CoV-Behandlung in Österreich bereits zum Einsatz, sagte die Lungenfachärztin Judith Löffler-Ragg von der Medizinischen Universität Innsbruck am Montag im Ö1-Mittagsjournal – allerdings erst bei starken Beschwerden wie krampfartigem Husten. In der Oxford-Studie wurde Budenosid wesentlich früher verabreicht, hielt Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Klinikum Linz, fest: „Jemand wird positiv getestet und bekommt dann ein Medikament mit dem Ziel, einen schweren Verlauf möglichst zu verhindern“ – mehr dazu in science.ORF.at.

„Das kann ein bedeutender Fortschritt für uns sein, weil die Behandlung mit dem Wirkstoff drei Tage nach Symptombeginn erfolgt. Das macht einen Riesenunterschied“, hielt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, am Montag fest. Schon jetzt würden in Spitälern Steroide zur Behandlung eingesetzt. „Doch drei Tage nach Symptombeginn kommt niemand ins Spital, da sind die Erkrankten zu Hause oder suchen ihren Hausarzt auf.“ Steinhart forderte das Gesundheitsministerium auf, den Einsatz von Budesonid „tatkräftig zu unterstützen“.

CoV-Patienten auf einer Intensivstation
Reuters/Johanna Geron
Neue Mittel könnten verhindern, dass CoV-Intensivpatienten und -Intensivpatientinnen beatmet werden müssen

Mittel gegen schwere Verläufe

Ein weiteres Medikament, das schwere Lungenschäden bei einer CoV-Erkrankung verhindern könnte, wird derzeit von einem internationalen Forscherteam unter Leitung von Musa Khaitov am NRC Institut für Immunologie FBMA in Moskau in Kooperation mit Rudolf Valenta, Leiter der Abteilung für Immunpathologie am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien, entwickelt.

„Derzeit gibt es medikamentös eigentlich nur den Antikörper-Mix von (dem US-Pharmakonzern, Anm.) Regeneron, bestehend aus zwei Antikörpern, und den Einsatz von Blutplasma. Dabei unterstützen Antikörper aus dem Blut von Menschen, die eine Covid-19-Infektion durchgemacht haben, die Therapie“, schrieb Valenta am Montag. Das nun entwickelte Medikament wurde im Tiermodell getestet und befindet sich am Anfang von Studienphase II.

Phasen klinischer Studien zu Impfstoffen

Bevor ein Impfstoff an Menschen getestet wird, muss er sich in präklinischen Studien bewähren. Dann folgen:
– Phase I – Erprobung mit wenigen Gesunden (den Probanden)
– Phase II – Erprobung mit wenigen Kranken
– Phase III – Erprobung mit vielen Kranken
– Phase IV – Prüfung, ob Geimpfte den Wirkstoff gut vertragen

Hoffen auf Ende von künstlicher Beatmung

Für das geplante Medikament wird eine Ribonukleinsäure mit einer Trägerverbindung (Trägerpeptid) kombiniert und gemischt, damit der Wirkstoff in infizierte Zellen gezielt eingebracht werden kann und dann verhindert, dass sich das Virus vermehren kann. Ein in die Ribonukleinsäure eingebauter Schutzmechanismus verhindert, dass das Medikament gleich wieder abgebaut und wirkungslos wird. „Es handelt sich dabei um eine Flüssigkeit, die ähnlich wie bei einem Asthmaspray inhaliert werden kann“, so Valenta.

Nachdem die Halbwertszeit unter 60 Minuten liegt, müsste der Spray mehrmals am Tag verwendet werden. Die Ergebnisse der Studie, die nun im Journal „European Journal of Allergy and Clinical Immunology“ veröffentlicht wurden, lassen den Schluss zu, dass der Wirkstoff schwere Lungenschäden verhindert und schwere Verläufe abbremst. „Damit könnte auch verhindert werden, dass Covid-19-IntensivpatientInnen beatmet werden müssen, wie es derzeit der Fall ist. Die Lunge ist ja am häufigsten von der Erkrankung betroffen“, hielt Valenta fest.

Antikörper-Therapie erweist sich als wirksam

Auch die erwähnte Antikörper-Therapie könnte einer neuen Studie zufolge eine breitere Wirksamkeit haben, als angenommen: Nach Studiendaten kann die Gabe einer Kombination aus Casirivimab und Imdevimab das Risiko symptomatischer Infektionen um etwa 81 Prozent verringern. Das teilten Regeneron und der Schweizer Forschungspartner Roche am Montag mit. Bei der klinischen Studie der entscheidenden Phase III ging es darum, das Risiko und die Belastung durch das Coronavirus bei Haushaltskontakten von Infizierten zu untersuchen. Rund 1.500 solche Kontakte erhielten entweder das Antikörper-Präparat oder ein Placebo.

„Diese Daten legen nahe, dass REGEN-COV weit verbreitete Impfstrategien ergänzen kann, insbesondere bei Personen mit hohem Infektionsrisiko“, sagte Myron Cohen, Leiter des Instituts für Infektionskrankheiten der Universität North Carolina Chapel Hill. Die Ergebnisse würden den Zulassungsbehörden so bald wie möglich überreicht, hieß es.

Schon Trump profitierte

In den USA hat das Medikament bereits eine Notfallzulassung zur Behandlung milder bis moderater Infektion erhalten. Das Kombinationspräparat war vergangenen Herbst dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump bei dessen CoV-Erkrankung verabreicht worden. Der zuständige Ausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) hatte Ende Februar grünes Licht für den Einsatz bei Covid-19-Patienten gegeben, die noch keine Sauerstoffzufuhr benötigen und ein hohes Risiko haben, dass sich ihr Zustand ernsthaft verschlechtert.