Die Innenstadt der Bezirkshauptstadt Melk aufgenommen
APA/Helmut Fohringer
In Wien und NÖ

Ost-Lockdown geht in die Verlängerung

Wegen der dramatischen Situation auf den Intensivstationen wird in Niederösterreich und in Wien der Ost-Lockdown bis 2. Mai verlängert. Die Schulen sollen eine Woche früher wieder mit dem Präsenzunterricht starten. Doch nicht der ganze Osten verlängert die seit Anfang April geltenden Maßnahmen.

Das Burgenland wartet noch ab. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) verwies am Montag auf die sinkenden Zahlen in seinem Bundesland. Man habe großes Verständnis dafür, dass sich Wien angesichts neuer Höchststände bei den Intensivpatienten und -patientinnen schon jetzt für eine Verlängerung des Lockdowns entschieden habe. Aus burgenländischer Sicht sei aber eine sinkende Inzidenz zu verzeichnen, hieß es aus dem Büro von Doskozil – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

In Wien und in Niederösterreich entschied man sich wegen der vollen Intensivstationen anders. Eine Verlängerung sei „eine unpopuläre Maßnahme, aber angesichts der steigenden Patientenzahlen eine notwendige“, so Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Die Virusvariante B.1.1.7. verbreite sich aggressiver und auch in anderen Personengruppen, immer öfter seien auch junge Menschen betroffen. In dieser Situation müsse gewährleistet werden, dass auch in Zukunft eine adäquate Behandlung auf den Intensivstationen möglich sei – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies auf die teils nach wie vor kritische Lage in Teilen der östlichen Bundesländer: „Bis auf Weiteres schließt sich Niederösterreich daher Wien bei der Verlängerung der Schutzmaßnahmen an“, so Mikl-Leitner. Fachleute und das Ministerium hätten dazu geraten, die Maßnahmen im Osten Österreichs im Gleichklang zu verlängern – mehr dazu in noe.ORF.at.

Experte: Öffnung ab Mai möglich

Bis zum 2. Mai sollen der Handel und die persönlichen Dienstleister in Wien und Niederösterreich geschlossen bleiben. In welcher Form und unter welchen Voraussetzungen diese nach dem Lockdown wieder öffnen können, werde noch zwischen dem Bund und den Ländern besprochen, sagte Ludwig. Der Bürgermeister schloss auch nicht aus, dass die Gastronomie, die vor Monaten zusperren musste, dann wieder aufsperren wird.

Einen Öffnungsplan erwartet sich das Land Niederösterreich vom Bund. Bis es einen solchen gibt, bleibt der Handel zunächst bis 2. Mai zu. Noch warnten nämlich Fachleuten vor Alleingängen in der Ostregion, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Landeshauptfrau Mikl-Leitner, LHStv. Stephan Pernkopf (beide ÖVP) und Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).

Der Komplexitätsforscher Peter Klimek sagte dazu, dass der Plan, ab Mai langsam wieder zu öffnen, unter anderem aufgrund des Impffortschrittes realistisch scheine. Er betonte allerdings, dass man die Wirksamkeit des derzeitigen Lockdowns erst Ende der Woche beurteilen könne. Es sei aber „davon auszugehen, dass wir, je weiter wir in den Sommer kommen, mehr Öffnungsschritte setzen können“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Offene Fragen zu Schulen

Wie es in den Schulen nun weitergeht, wird laut Ludwig noch fixiert. Es werde hier Gespräche zwischen dem Wiener Bildungsstadtrats Christoph Wiederkehr (NEOS) und ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann geben. Fraglich ist etwa noch, wie mit den derzeit geltenden Ausnahmen für Abschlussklassen umgegangen wird, hieß es. Für diese ist aktuell Präsenzunterricht vorgesehen.

Faßmann betonte in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass er sich mit Ludwig darauf geeinigt habe, dass die Schulen am 26. April und damit als Erste wieder öffnen. „Jeder gewonnene Schultag zählt in dieser Pandemie doppelt“, so der Minister. Er sei mit Ludwig einig, dass die Bildungsschere nicht weiter aufgehen dürfe.

Außerdem würden die Schulen auch einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten. An den Volksschulen werde dreimal in der Woche getestet, großteils würden nun auch qualitativ hochwertigere Tests eingesetzt. „So erreichen wir Gruppen, die sonst nie zu den Testungen gehen.“ Wiederkehr unterstrich in einer Stellungnahme, dass die frühere Öffnung der Schulen für ihn ein „klares Zeichen“ sei. Jeder weitere Tag mit geschlossenen Schulen gehe auf Kosten der Zukunftschancen der Kinder. Es habe sich angesichts der Infektionszahlen um einen „schmerzhaften Kompromiss“ gehandelt.

Kritik von FPÖ aus Wien und NÖ

Klare Ablehnung äußerte hingegen der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. Der „Endloslockdown“ habe „verheerende wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen“, zeigte er sich in einer Aussendung überzeugt. Es sei verabsäumt worden, rechtzeitig Maßnahmen zu setzen, um die Spitalskapazitäten auszubauen. Auch sein Parteikollege aus Niederösterreich, Landesparteichef Udo Landbauer, äußerte sich zur Verlängerung in Niederösterreich ähnlich: „Das schwarz-rot-grüne Einsperrpaket geht in die Verlängerung.“

Lockdown-Verlängerung im Osten

Wien und Niederösterreich verlängern den Lockdown bis 2. Mai, das Burgenland wartet noch ab. Auf den Intensivstationen im Osten des Landes werden immer mehr Covid-19-Patienten behandelt, die Zahl der Neuinfektionen sinkt nur leicht. Aber ist die wiederholte Verlängerung des Lockdowns wirklich das einzige Mittel, um die Coronavirus-Situation in den Griff zu bekommen?

„Dass Mikl-Leitner schon wieder Öffnungsschritte vom Bund fordert und im selben Atemzug den Endloslockdown in Niederösterreich verlängert, ist schlichtweg grotesk und zeigt, dass die ÖVP in Niederösterreich völlig planlos herumvegetiert. Der Lockdown ist keine Lösung und verursacht mehr Schaden als Nutzen.“

NEOS-NÖ-Landessprecherin Indra Collini sprach sich für regionale Maßnahmen aus. Die Situation in Niederösterreich sei aufgrund von unterschiedlichen Inzidenzen und Belegungszahlen „nicht mit der ernsten Situation in Wien zu vergleichen“. „Die politisch Verantwortlichen müssen dort rasch handeln, wo das Infektionsgeschehen zunimmt, und Lockerungen dort vorantreiben, wo durch kluge Konzepte oder Eintrittstests kontrollierbare Bedingungen geschaffen werden können“, forderte sie. Die Lockdown-Verlängerung mache den Handel „endgültig kaputt“.

Handelsverband fordert Nachbesserung bei CoV-Hilfen

Auch der Handelsverband kritisierte die Lockdown-Verlängerung. Jeder zusätzliche Lockdown-Tag verschlimmere die Lage der betroffenen Handelsbetriebe, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung. Viele Händler stünden vor dem Ende ihrer wirtschaftlichen Existenz. Der Handelsverband fordert nun ein Nachbessern bei den Coronavirus-Hilfen.

Public-Health-Experte Hutter zum Ost-Lockdown

Ist die wiederholte Verlängerung des Lockdowns wirklich das einzige Mittel, um die Coronavirus-Situation in den Griff zu bekommen? Dazu im Interview: Public-Health-Experte Hans Peter Hutter, der bei den Verhandlungen in Wien mit dabei war.

Unter anderem drängen die Handelsinteressenvertreter auf eine Ausweitung des Kurzarbeitsbonus pro Mitarbeiter für die Händler in Ostösterreich und eine Erhöhung des Ausfallsbonus. Laut Handelsverband gehen den Wiener Händlern mit dem verlängerten Lockdown bis 2. Mai Erlöse in der Höhe von 420 Mio. Euro verloren. Der geschätzte Gesamtumsatzverlust für den vierten Lockdown beläuft sich für die Handelsbetriebe in Wien auf rund eine Mrd. Euro.