Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA
Bestätigt

Anschober tritt zurück

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) tritt zurück: Das gab er am Dienstag in einer „persönlichen Erklärung“ bekannt. Anschober war in der Vorwoche wegen einer Krankheit ausgefallen. Es wurden da bereits Spekulationen über einen möglichen Rücktritt laut. Bezüglich seiner Nachfolge wird eine rasche Entscheidung erwartet. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) kündigte ein Statement für die Mittagszeit an.

Er habe in den vergangenen 14 Monaten versucht, alles zu geben. Er durfte die Hauptverantwortung tragen. Ohne einen einzigen freien Tag habe er sich seit einigen Wochen „offensichtlich überarbeitet“ gefühlt: Er sei nicht „mehr vollfit“, habe zunehmend Kreislaufprobleme, steigenden Blutdruck und Zuckerwerte sowie beginnenden Tinnitus. Vor vier Wochen habe er einen ersten Kreislaufkollaps gehabt, vergangene Woche einen zweiten.

Nachdem er keine organischen Schäden davongetragen hatte, wollte er es nach dem ersten Kollaps noch einmal versuchen, schilderte Anschober. „Ich habe gemerkt, da muss ich jetzt für mich eine Notbremse ziehen.“ Ein Burn-out wie vor mehreren Jahren habe er diesmal nicht, betonte Anschober. „Ich bin überarbeitet und ausgepowert – das ist es.“

„Persönliche Erklärung“ von Gesundheitsminister Anschober

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gab am Dienstag in einer „persönlichen Erklärung“ seinen Rücktritt bekannt.

Die Republik brauche in dieser Gesundheitskrise einen Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit ist. Das sei er selbst nicht und werde es in den nächsten Wochen auch nicht werden. Die Pandemie mache keine Pause, deshalb könne auch der Gesundheitsminister keine Pause machen.

Verweis auf geleistete Arbeit

Anschober verwies zu Beginn seiner Pressekonferenz auf die zentralen Punkte seiner Arbeit abseits der Pandemiebekämpfung. Man habe vieles geplant, vieles in Angriff genommen. So sei eine große Pflegereform vorbereitet, neue Regeln für eine Lebensmittelkennzeichnung seien in Umsetzung, auch beim Tierschutz bringe man einiges auf den Weg.

Die größte Gesundheitskrise durch die Pandemie habe dann aber vielfach Belastung und Überlastung im Gesundheitsministerium gebracht. Das sei auch in vielen anderen Ländern der EU so, sagte Anschober und verwies darauf, dass etliche Gesundheitsminister bereits das Handtuch geworfen hätten.

„Niemand ist fehlerlos“

Man habe das Ministerium „krisenfit und zukunftssicher“ gemacht, mit Teamarbeit einen Krisenstab und eine Organisationsreform geschaffen. Das Ministerium sei das Steuerungszentrum zur Bekämpfung der Pandemie. Im „Neuland“ Pandemie „ist niemand fehlerlos“. Trotz Fehlern sei vieles richtig gemacht worden, zeigte sich der scheidende Minister überzeugt. Beim Testen sei man weltweit führend, auch das Impfen laufe besser, als das oft wahrgenommen werde.

Anschober sprach aber auch kritische Punkte seiner Arbeit an. Erfolge habe es dann gegeben, wenn man zusammengehalten habe. Das sei in der zweiten Welle nicht mehr immer so gewesen – und auch jetzt im Frühjahr nicht. Es habe auch einen „Schuss Populismus“ und einen „Schuss Parteitaktik“ gegeben. Er sei auch bedroht worden, seit November stehe er unter Polizeischutz. Auch das habe Energie gekostet.

Gesundheitliche Probleme

Die gegenwärtige Druck-Situation erfordere, dass Anschober 100 Prozent gebe – was ihm derzeit gesundheitlich nicht möglich sei, hatte der „Kurier“ Vertraute des Ministers schon in der Früh zitiert. Denn Anschober hatte zuletzt erneut mit Kreislaufproblemen zu kämpfen, wie Vizekanzler Kogler, der Anschober in der letzten Woche vertreten hatte, bestätigte.

Im Interview mit Oe24.tv hatte der Grünen-Chef am Donnerstagabend gesagt: „Er (Anschober, Anm.) hat nochmals eine Untersuchung im Krankenhaus gemacht. Er hatte Kreislaufprobleme – mehr will ich aber nicht dazu sagen“, so Kogler. „Ich habe gerade gesmst und ich bin auch telefonisch mit ihm in Kontakt, er wird in den nächsten Tagen wieder da sein.“

Schon im März im Krankenstand

Anschober befand sich seit letzter Woche im Krankenstand. Am Freitag hatte es aus Anschobers Büro geheißen, dass der Gesundheitsminister diese Woche wieder seinen Dienst aufnehmen werde. Auch Rücktrittsspekulationen war das Büro entgegengetreten.

Die Erkrankung des Ministers sorgte deswegen für Gesprächsstoff, weil Anschober bereits Anfang März rund eine Woche krankheitsbedingt ausgefallen war und sich auch damals wegen einer Kreislaufschwäche für eine Woche zu einem Check in Spitalsbeobachtung begeben hatte. Anschobers Gesundheitszustand war auch deshalb ein Thema, weil er vor acht Jahren eine Burn-out-Erkrankung mit monatelanger Auszeit überstehen musste.

Spekulation über Nachfolge

Schon in der Früh machten Spekulationen die Runde, wer Anschober nachfolgen könnte. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt der Mediziner und Ärztekammer-Funktionär Wolfgang Mückstein, wie die APA aus Regierungskreisen erfuhr. Er ist einer der Leiter des Primärversorgungszentrums im sechsten Wiener Gemeindebezirk. In der Wiener Ärztekammer fungiert der Mitvierziger als Referent für Gruppenpraxen und neue Organisationsformen.

Häufig als Nachfolgekandidatin genannt, unter anderem vom „Standard“, wurde zuvor Sigrid Pilz, Patientenanwältin der Stadt Wien und ehemalige grüne Gemeinderatsabgeordnete. Mit dem ehemaligen Grünen Peter Pilz ist sie nicht verwandt. Laut ORF sagte sie aber schon ab.

Auch über Stefan Wallner, Ex-Bundesgeschäftsführer der Grünen, sei diskutiert worden. Martina Berthold, grüne Stadträtin in Salzburg, wurde ebenfalls genannt.