Bundespräsident Alexander van der Bellen
ORF/Hans Leitner
Anschober-Rücktritt

Respekt, Dank und Kritik aus Politik

Rudolf Anschobers (Grüne) Rücktritt vom Amt des Gesundheitsministers wurde am Dienstag quer durch die Parteien und Bundesländer mit Respektbekundungen quittiert. Viel Dank gab es für seinen Einsatz während der Pandemie. Die Opposition verband ihre Nachrichten aber mit Kritik.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bedankte sich auf Twitter „im Namen der Republik und auch ganz persönlich“ bei Anschober für dessen „unermüdliche Arbeit in dieser so unendlich schwierigen und belastenden Zeit“. Er wünsche Anschober eine rasche Erholung und auch alles Gute für die Zukunft.

Dank kam auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): Anschober habe die zentrale Funktion als Gesundheitsminister „von Beginn an mit sehr großer Verantwortung ausgeübt“ und sich in den „vergangenen 16 Monaten für unser Land aufgeopfert“, indem er seine gesamte Energie in die Bekämpfung der Pandemie gesteckt habe.

Kurz sagte, er wisse aus vielen persönlichen Gesprächen, nächtelangen Sitzungen und teils sehr schwierigen Verhandlungen mit Anschober, mit wie viel Engagement dieser seine Aufgabe als Gesundheitsminister wahrgenommen habe. Der Rücktritt zeige, wie viel die Pandemie nicht nur dem Einzelnen, sondern auch dem „politisch Verantwortlichen, der Tag und Nacht im Einsatz ist und Entscheidungen treffen muss“, abverlange. Dank für den parlamentarischen Dialog sprach auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) aus.

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Roland Schlager
Anschober stand in den vergangenen Monaten in der ersten Reihe

FPÖ und NEOS mit Kritik an Handlungsfähigkeit

Von der Opposition kam persönlicher Respekt, von FPÖ und NEOS aber auch Kritik am Coronavirus-Management der Regierung. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zollte Anschober „großen Respekt“ für seine „schwierige Entscheidung“ – und dankte ihm für seinen Einsatz. Außerdem wünschte sie ihm auf Twitter „von Herzen gute Besserung und persönlich alles Gute für Deine Zukunft“.

FPÖ-Parteichef Norbert Hofer wünschte Anschober zwar für dessen Zukunft „privat und gesundheitlich alles Gute“, übte aber auch Kritik. Anschober sei „nicht die richtige Besetzung“ für das Amt gewesen und sein Rücktritt „die logische Konsequenz“.

Hofer verwies auf „erhebliche Fehlentscheidungen“ und viele Pannen und nannte etwa die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnungen zum Coronavirus sowie die Überforderung bei der Impfstoffbeschaffung. Hofer fügte hinzu, er hielte den Rücktritt der gesamten Regierung für angebracht. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl dankte Anschober für die korrekte Zusammenarbeit, übte aber gleichzeitig Kritik an der Regierung: Der Rücktritt sei eine „Konsequenz nach einem Jahr des Corona-Gewurschtels“, dieses Versagen sei „immer eine Koproduktion mit der ÖVP“ gewesen.

„Großen Respekt vor der Entscheidung von Rudolf Anschober“ bekundete NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und wünschte „ihm persönlich alles Gute“. Seine Entscheidung sei „eine Mahnung für Achtsamkeit gegenüber einem selbst, aber auch einander gegenüber“ – und auch eine „gute Entscheidung für Österreich“. Denn es brauche „Handlungsfähigkeit und Entscheidungsstärke und einen dringenden Neustart im Pandemiemanagement“.

Im Porträt: Gesundheitsminister Anschober

Nach herausfordernden Monaten im Amt verkündete Anschober am Dienstag seinen Rücktritt.

Bei der Vorstellung von Anschobers Nachfolger Wolfgang Mückstein bedankte sich auch Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler bei Anschober. Was dieser geleistet habe, sei unglaublich. Mit Engagement und Einsatz habe er jeden Tag in der Pandemie alles gegeben und ohne Pause für den Gesundheitsschutz gearbeitet – „es ist eine Herkulesaufgabe“, so Kogler.

Anschober habe in dieser Zeit sehr, sehr viele schwierige Entscheidungen getroffen, für die er immer geradegestanden sei. Und er habe Fehler eingestanden – „das ist nicht selbstverständlich“. Auch die grüne Klubofrau Sigrid Maurer, Justizministerin Alma Zadic und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) äußerten ihren Dank, neben ihnen zahlreiche weitere grüne Politikerinnen und Politiker.

Landeshauptleute danken für Zusammenarbeit

Enge Zusammenarbeit hatte es in der Pandemie auch zwischen Anschober und den Bundesländern gegeben. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bedauerte den Rücktritt. Anschober sei enorm gefordert gewesen und habe sein Bestes gegen – mehr dazu in wien.ORF.at . Anschober nahm laut Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) „wohl eine der herausforderndsten und schwierigsten Aufgaben überhaupt“ in der Pandemie an und bewältigte diese mit großem Einsatz – mehr dazu in noe.ORF.at .

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) würdigte bei „natürlich immer wieder unterschiedlichen politischen Meinungen“, dass die Zusammenarbeit „stets von großer Sachlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung geprägt“ gewesen sei. Er hoffe angesichts der Pandemie auf eine „rasche und reibungslose Nachfolge“.

Die Grünen in Oberösterreich, für die Anschober jahrelang tätig war, würdigten seinen „grenzenlosen Einsatz“ – mehr dazu in ooe.ORF.at. Persönliches Bedauern äußerte der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ): Er habe Anschober „als sachorientierten, konstruktiven Minister schätzen gelernt“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at .

„Humanist und Pragmatiker“

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) teilte mit, er bedaure, aber verstehe Anschobers Rücktritt. Er würdigte den scheidenden Minister als Humanisten und Pragmatiker, „der die Sache über die Parteipolitik“ und über die eigene Befindlichkeit gestellt habe – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Der Tiroler Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) sagte, Anschober habe seine Aufgabe „mit viel Energie und großem Einsatz wahrgenommen“. Den offenen Umgang mit seinen gesundheitlichen Problemen hob die Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) in einer ersten Reaktion hervor – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und seine Stellvertreter Christian Stöckl (ÖVP) und Heinrich Schellhorn (Grüne) würdigten die „stets korrekte und konstruktive Zusammenarbeit“. Haslauer zeigte Wertschätzung für „seine ruhige und sachliche Art in politisch und gesundheitspolitisch äußerst herausfordernden Zeiten“ – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Auch aus der Steiermark gab es Würdigungen der Parteien und Dank für die „gute Gesprächsbasis“ von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Caritas-Präsident sieht „Auftrag für alle“

Eine gute Zusammenarbeit würdigten auch die Wirtschaftskammer (WKÖ), die Industriellenvereinigung (IV) und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB). Respekt zollte Anschober auch die Ärztekammer. „Nach einem so herausfordernden Jahr die Größe zu zeigen und seine Grenzen einzugestehen verdient ausschließlich Anerkennung“, so Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres sowie die beiden Vizepräsidenten und Bundeskurienobmänner Johannes Steinhart und Harald Mayer.

Matthias Krenn, Obmann der Gesundheitskasse, schickte ebenfalls Genesungswünsche. Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) lobte, dass Anschobers Schritt zur „dringend notwendigen Enttabuisierung psychischer Erkrankungen“ beigetragen habe.

Laut Caritas-Präsident Michael Landau sollte Anschobers Rücktritt „für uns alle auch Auftrag und Appell sein“. Gerade in einer Situation wie der gegenwärtigen Coronavirus-Krise „sollten wir das Gemeinsame vor das Trennende stellen und uns wechselseitig nicht leichtfertig absprechen, das Beste für unser Land erreichen zu wollen“. Auch die katholische Bischofskonferenz brachte Anschober ihre Wertschätzung entgegen – mehr dazu in religion.ORF.at.