Wolfgang Mückstein (Primärversorgungszentrum Medizin – Mariahilf)
APA/Roland Schlager
Anschober-Nachfolge

Mückstein wird Gesundheitsminister

Wolfgang Mückstein folgt auf den am Dienstag zurückgetretenen Rudolf Anschober (Grüne) und wird Gesundheits- und Sozialminister. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gab das in einer Pressekonferenz zu Mittag bekannt. Allgemeinmediziner Mückstein ist einer der Leiter des Primärversorgungszentrums in Wien und fungiert für die Wiener Ärztekammer als Referent für Gruppenpraxen und neue Organisationsformen.

Mit der Übernahme des Gesundheitsministeriums ist der 46-Jährige künftig auch für Soziales, Pflege und Verbraucherschutz zuständig. Kogler kündigte an, dass er selbst bis Montag die Geschäfte führen werde, dann soll Mückstein (Grüne) durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt werden. Anschober hatte am Vormittag in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz seinen Rücktritt erklärt. Nach zwei Kreislaufzusammenbrüchen habe er entschieden, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederzulegen.

Bevor Mückstein die Nachfolge antreten kann, braucht er den Sanktus des Erweiterten Bundesvorstands (EBV). Dieser wird in den kommenden Tagen zusammentreten. Endgültig abgesegnet wird die Kür dann vom Bundeskongress der Grünen.

Mückstein sagte in seinem ersten Statement, dass er größten Respekt vor der Aufgabe habe. Es sei für ihn eine schwierige Entscheidung gewesen. „Wenn du keine Bedenken hast, mitten in der Pandemie Gesundheitsminister zu werden und damit oberster Krisenmanager, dann fehlt dir der Respekt vor der Aufgabe.“

Wolfgang Mückstein wird Gesundheitsminister

Wolfgang Mückstein folgt auf den zurückgetretenen Rudolf Anschober (beide Grüne) und wird Gesundheits- und Sozialminister.

Bei Ausarbeitung des Koalitionspakts eingebunden

2019 habe er als Teil des grünen Teams mit der jetzigen Regierung den Koalitionspakt ausgehandelt, so Mückstein, er kenne daher die politische Seite. In seiner Praxis habe er viele Patientinnen und Patienten mit Kollateralschaden behandelt, diese Altlasten müssten jetzt abgebaut werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei aber der Lockdown in der Ostregion die „einzige Möglichkeit“, den hohen Infektionszahlen gegenzusteuern. Gleichzeitig sei es wichtig, die Schulen bald wieder zu öffnen, so der Vater zweier schulpflichtiger Töchter.

Wenn die Intensivstationen an ihre Grenzen kommen, „dann bin ich für einen Lockdown, um Menschenleben zu retten“. Er habe großen Respekt vor der Entscheidung von Wiens Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), den Lockdown zu verlängern – es handle sich um eine unpopuläre Entscheidung, aber „sie ist richtig“. Überhaupt habe er sich als Leitlinie vorgenommen: „Ich werde unpopuläre Entscheidungen treffen, wenn es nötig ist, weil ich mich dazu als Gesundheitsminister und Arzt verpflichtet sehe.“

Der zukünftige Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
Reuters/Leonhard Foeger
Kogler wird bis zu Mücksteins Angelobung am Montag die Agenden des Gesundheits- und Sozialministeriums übernehmen

Kogler: „Mann der Praxis“

Wer sei besser geeignet als ein Mann der Praxis, so Kogler. Als langjähriger Vertreter in der Ärztekammer wisse Mückstein, wo der Schuh drücke. „Er packt an“, so Kogler über Mückstein, der 2010 das erste Primärversorgungszentrum Österreichs gegründet habe. Er kenne das Gesundheitssystem als Arzt „wie seine Westentasche“, aber auch die Sorgen und Ängste der Patientinnen und Patienten.

Die Pandemie werde noch einige Zeit eine Ausnahmesituation bleiben, Politik, Gesundheitseinrichtungen und Mitarbeiter seien „voll gefordert“, so der Vizekanzler: „Gerade deshalb brauchen wir jetzt jemanden, der mit Expertise und Kraft diese Gesundheitskrise managt. Neben mir steht jemand, der das kann.“ Der designierte Minister habe vor der Pressekonferenz ein Gespräch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geführt, so Kogler.

Dank an Anschober

Vor der Vorstellung Mücksteins bedankte sich Kogler bei Anschober. Was dieser geleistet habe, sei unglaublich. Mit Engagement und Einsatz habe er jeden Tag in der Pandemie alles gegeben und ohne Pause für den Gesundheitsschutz gearbeitet – „es ist eine Herkulesaufgabe“, so Kogler. Anschober habe in dieser Zeit sehr, sehr viele schwierige Entscheidungen getroffen, für die er immer geradegestanden sei. Und er habe Fehler eingestanden – „das ist nicht selbstverständlich“.

Gratulationen an designierten Minister

Sigrid Maurer, Klubobfrau der Grünen, gratulierte dem neuen Minister in einer Aussendung: „Wolfgang Mückstein ist ein Mann aus der Praxis, der seit 15 Jahren als Hausarzt das Ohr bei den Menschen und deren Alltagssorgen hat. Er kennt die gesundheitlichen, aber auch die sozialen Auswirkungen der Pandemie aus erster Hand“, so Maurer. Der grüne Gesundheitssprecher im Nationalrat, Ralph Schallmeiner, erklärte in einer Aussendung, er kenne Mückstein „als ausgewiesenen Experten im Gesundheitsbereich, als Mediziner, der auch über den eigenen Tellerrand blickt“.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger und ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz wünschten Mückstein in einer Aussendung „alles Gute und viel Erfolg“. Sie hätten ihn bereits in den Koalitionsverhandlungen als kompetenten Mediziner kennengelernt, der sich engagiert für die Anliegen im Gesundheitsbereich einsetze. Neben dem Kampf gegen die Pandemie hoffe man, mit ihm die anstehenden Reformen im Sozial- und Gesundheitsbereich rasch vorantreiben zu können. Wöginger wies in diesem Zusammenhang besonders auf die Pflegereform hin, wo bereits mit Anschober wichtige Schritte begonnen worden seien, die nun schnell fortgesetzt werden sollten.

SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher wünschte Mückstein viel Erfolg. Österreich brauche „endlich konsequentes und entschlossenes Handeln, ein Krisenmanagement mit Hand und Fuß und einen Fahrplan aus der Krise, der für eine klarere Kommunikation, schnelleres Impfen, mehr Impfstoff und für Stabilität und Sicherheit in Österreich sorgt“, so Kucher, der Mückstein die Zusammenarbeit anbot.

NEOS fordert „Neustart im Pandemiemanagement“

NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker sicherte Mückstein konstruktive Zusammenarbeit zu – und forderte von ihm einen „Neustart im Pandemiemanagement“. Es gelte, schneller zu impfen und klare, nachvollziehbare Maßnahmen umzusetzen, um die Menschen wieder mitzunehmen. „Mückstein muss jetzt Öffnungskonzepte für alle Bereiche liefern, damit die Menschen nach 13 Monaten Pandemie wieder mehr Normalität zurückbekommen“, umriss Loacker die Erwartungshaltung.

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres begrüßte die Nachfolgeentscheidung. Mückstein kenne auch durch sein Engagement in der Wiener Kammer das Gesundheitssystem und seine Herausforderungen „bestens“. Als erste Forderung formulierte Vizepräsident Harald Mayer: „Dieses Impfchaos muss jetzt endlich in den Griff bekommen werden, wir müssen so schnell wie möglich die Bevölkerung durchimpfen.“ Weitere wichtige Aufgaben Mücksteins sind aus Sicht der Kollegen „deutliche Investitionen“ in den niedergelassenen Bereich und eine Entlastung der Spitäler.

Als „sehr gute Entscheidung“ begrüßten die Patientenanwälte Mücksteins Bestellung. Die Beschleunigung des Impftempos ist für Sprecher Gerald Bachinger und seine Stellvertreterin Sigrid Pilz die erste große Aufgabe. Sie erwarten sich zudem eine Stärkung der Patientenrechte und neue Initiativen im niedergelassenen Bereich in Richtung eines flächendeckenden Netzes von Primärversorgungszentren.

ÖGK: „Kenner des österreichischen Gesundheitssystems“

Auch die Österreichische Gesundheitskasse nannte Mückstein in einer Aussendung einen „Kenner des österreichischen Gesundheitssystems“. Das sei für eine erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie wichtig. In der Vergangenheit habe Mückstein mit der Gründung des ersten Primärversorgungszentrums bewiesen, für neue, innovative Versorgungsmodelle offen zu sein.

Die Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) wünschte dem neuen Minister „viel Kraft und Mut für die fordernde Aufgabe in dieser turbulenten Zeit“. Er freue sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit, so Peter Lehner, Obmann der SVS und Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. „Uns verbindet ein gemeinsames Ziel: der Kampf gegen die Pandemie“, betonte Hans Aubauer, Generaldirektor der Sozialversicherung der Selbstständigen.

Die Apothekerkammer gratulierte Mückstein und betonte, dass der weiterhin engen Kooperation zwischen Apothekerkammer und Gesundheitsministerium eine besondere Wichtigkeit zukomme.

Interessenvertretungen erfreut

Die Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie (Pharmig) bezeichnete die Entscheidung für Mückstein als Gesundheitsminister als „erfreulich“. Als „ausgewiesener Kenner des Systems und mit seiner Erfahrung“ könne er die gute Arbeit seines Vorgängers fortsetzen, so Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig. „Wir werden alles tun, um Dr. Mückstein bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe bestmöglich zu unterstützen, und gratulieren ihm zur Übernahme dieses Amtes.“

Gratulationen kamen auch vom Handelsverband. Mückstein übernehme „eines der schwierigsten Ämter, die es zurzeit in Österreich gibt“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme. „Wir sind überzeugt, dass mit ihm ein Experte für dieses Ressort gewonnen werden konnte.“ Gleichzeitig dankte Will Anschober und dessen Team für die Zusammenarbeit im letzten Jahr: „Wir wünschen ihm alles Gute und beste Gesundheit.“

WKO hofft auf „neue Lösungswege“

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer meldete die Erwartung an, in konstruktiver Zusammenarbeit „mit professionellem Management und neuen Lösungswegen weitere Kollateralschäden – sei es wirtschaftlich als auch gesundheitspolitisch – zu vermeiden“.

„Mit großen Erwartungen“ sieht der Seniorenrat dem neuen Minister entgegen. Neben der gemeinsamen Pandemiebekämpfung erhoffen Peter Kostelka (SPÖ) und Ingrid Korosec (ÖVP) von ihm, dass die Pflegereform zu einem positiven Ende geführt wird – und er den Weg der „gerechten staatlichen Alterssicherung“ fortsetzt und ausbaut.

Auch Caritas-Präsident Michael Landau begrüßte via Aussendung die Bestellung Mücksteins. Gerade jetzt gelte es, „alles dafür zu tun, dass die Gesundheitskrise nicht mehr und mehr zu einer sozialen Krise für die Menschen in unserem Land wird“, sagte er. „Für diese fordernde Aufgabe wünsche ich dem designierten Minister Wolfgang Mückstein viel Kraft, Ausdauer und soziales Fingerspitzengefühl.“