Schachteln mit dem Covid19-Impfstoff von Johnson & Johnson in einem Kühlschrank
AP/Mary Altaffer
Nach Stopp in den USA

J&J verzögert Vakzinauslieferung in Europa

Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J) verzögert die Auslieferung seines CoV-Impfstoffs in Europa. Man habe Berichte über Hirnvenenthrombosen überprüft und sich „proaktiv“ zu dem Schritt entschieden, hieß es am Dienstag – just an dem Tag, an dem die ersten Dosen des Herstellers in Österreich eingetroffen waren.

„So lange bis Klarheit über allfällige Nebenwirkungen herrscht, werden diese Dosen nicht an die Impfstellen ausgeliefert und auch nicht verimpft“, hieß es seitens des Gesundheitsministeriums zu den 16.800 in Österreich angelangten Dosen. Bestellt wurden insgesamt 2,5 Millionen. J&J hatte erst am Montag mit der Lieferung seines im März zugelassenen Impfstoffes in die EU-Staaten begonnen.

Zuvor hatten die Behörden in den USA eine vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff empfohlen, nachdem bei sechs Menschen im Land nach der Impfung Hirnvenenthrombosen diagnostiziert worden waren. Betroffen waren laut „New York Times“ („NYT“) sechs Frauen im Alter zwischen 18 und 48 Jahren.

Pause in USA wohl „einige Tage“

Die Fälle würden nun genauer untersucht, teilten die Gesundheitsbehörde CDC und die Arzneimittelbehörde FDA am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Bis ein Ergebnis vorliege, werde als Vorsichtsmaßnahme die vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit J&J empfohlen.

Die Fälle müssten nun erst einmal „komplett verstanden“ und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Gesundheitssystems entsprechend informiert werden, sagte die amtierende FDA-Chefin Janet Woodcock. „Wir erwarten, dass diese Pause einige Tage dauern wird.“ Für Mittwoch ist eine Notfallsitzung eines Beratergremiums der CDC angesetzt.

„Kein Grund zur Panik“

Der CoV-Koordinator des Weißen Hauses, Jeff Zients, sagte dazu, das werde keine „bedeutsamen Auswirkungen auf unseren Impfplan“ haben. Bisher mache das Vakzin von J&J weniger als fünf Prozent der verabreichten Impfdosen aus. Außerdem habe sich die Regierung ausreichend Vakzine der Hersteller Biontech und Pfizer sowie Moderna gesichert, um nahezu die gesamte US-Bevölkerung zu impfen.

Bisher seien mehr als 6,8 Millionen Dosen des Impfstoffs, der Ende Februar in den USA zugelassen worden war und von dem es nur eine Dosis braucht, in den USA gespritzt worden. Bei den nun untersuchten sechs Fälle war es zwischen sechs und 13 Tage nach der Impfung zu Hirnvenenthrombosen gekommen. In drei Fällen sei zusätzlich eine Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, gemeldet worden.

Vektorimpfstoff

Einem harmlosen Erkältungsvirus wird ein kleiner Teil des genetischen CoV-Codes hinzugefügt. Nach der Impfung soll der Körper Antikörper und Abwehrzellen bilden. Diese kommen in Aktion, sobald eine Infektion mit dem echten Coronavirus erfolgt.

Der Infektiologe Amesh Adalja vom Johns Hopkins Center in Baltimore sprach von einem sehr geringen Risiko. „Sechs Fälle bei etwa sieben Millionen Dosen sind geringer als das Risiko von Blutgerinnseln mit oralen Kontrazeptiva (Antibabypille, Anm.) und kein Grund zur Panik.“ Das Vakzin von J&J ist wie das von AstraZeneca ein Vektorimpfstoff, der auf einem harmlosen Erkältungsvirus basiert. Auf dieser Technologie beruht auch der russische Impfstoff „Sputnik V“. Die Vakzine von Biontech und Pfizer sowie Moderna basieren dagegen auf Boten-RNA (mRNA). Bei den mRNA-Impfstoffen wurden laut CDC noch keine Thrombosefälle mit einem Mangel an Blutplättchen festgestellt.

EMA registrierte vier Fälle

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hatte zuvor bereits einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von AstraZeneca und Dutzenden teilweise auch tödlichen Thrombosefällen untersucht. Sie kam zu dem Schluss, dass der Nutzen der Impfung das Risiko überwiegt, und empfahl lediglich, Blutgerinnsel künftig als „sehr seltene Nebenwirkung“ des Impfstoffs aufzuführen.

Der von der J&J-Unternehmenstochter Janssen in den Niederlanden entwickelte Impfstoff ist der vierte, der in der EU zugelassen wurde. Was der nun angekündigte Schritt für die Auslieferungen in Europa konkret bedeutet, konnte eine Sprecherin noch nicht sagen. Für die EU-Kommission kam die Ankündigung des US-Konzerns „komplett unerwartet“, wie ein EU-Vertreter sagte. J&J müsse nun für Klarheit sorgen.