VfGH: Sondervoten mit Arbeitsweise „nicht vereinbar“

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) lehnt die geplante Einführung von Sondervoten am Höchstgericht ab. Die Veröffentlichung einer abweichenden Meinung eines Mitglieds würde nicht nur die Akzeptanz der VfGH-Entscheidung beeinträchtigen, sondern sei auch mit der „bewährten Arbeitsweise“ am Höchstgericht „nicht vereinbar“, heißt es in einer gestern veröffentlichten Stellungnahme im Begutachtungsverfahren.

Der VfGH berät über Beschwerden in Sessionen, die viermal jährlich zu je dreieinhalb Wochen stattfinden. Das Ziel sei, dass am Ende eine Entscheidung getroffen wird, die von vielen Mitgliedern mitgetragen wird. Was in den Beratungen besprochen wird, dringt nicht an die Öffentlichkeit.

Novum im Höchstgericht

Die ÖVP-Grünen-Regierung will im Zuge ihres Informationsfreiheitspakets VfGH-Mitgliedern die Möglichkeit geben, ihre von der Mehrheit abweichende Rechtsmeinung zu veröffentlichen. In vielen Staaten – die USA gelten als Musterbeispiel der Sondervoten – existiert diese Möglichkeit schon lange, hierzulande wäre das ein Novum. Denn seit hundert Jahren tritt der VfGH als Kollektiv mit einer Stimme nach außen auf.

Die Politik spricht dabei von „Transparenz“, Kritiker und Kritikerinnen betonen, dass die Entscheidungen des Höchstgerichts so in Zweifel gezogen werden könnten. Auch der VfGH äußerte sich in seiner Stellungnahme ähnlich. Entscheidungen „beenden den Streit zwischen den Verfahrensparteien und sind von diesen zu akzeptieren. Die Veröffentlichung von Minderheitsmeinungen würde diese Akzeptanz beeinträchtigen“, so VfGH-Präsident Chrisoph Grabenwarter.

VfGH: Entscheidungen nachvollziehbar und transparent

Zudem merkte das Höchstgericht an, dass die Transparenz bereits dadurch gewährleistet sei, dass erstens alle Betroffenen Gelegenheit erhalten, vor der Entscheidung des Gerichts zum Gegenstand des Verfahrens Stellung zu nehmen und zweitens Begründungen der Entscheidung alle vorgebrachten Argumente beinhalten würden.

Das Begutachtungsverfahren für das Gesetzespaket, das das Amtsgeheimnis in großen Teilen abschafft, endet am Montag.