Eduard Müller (Vorstand FMA)
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„Ibiza“-Ausschuss

Idee zu Privatisierung als „Fingerübung“

Eine Privatisierung der Austrian Real Estate (ARE), Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), sei zwar geprüft, aber dann abgesagt worden, sagte Kurzzeit-Finanzminister Eduard Müller am Mittwoch im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss aus. Die Prüfung sei eine „Fingerübung“ gewesen. Wer genau das Projekt abgesagt hat, konnte Müller nicht sagen.

Das Thema Privatisierung sei in einem von insgesamt drei Strategie-Workshops aufgetaucht, bestätigte Müller Aussagen von BIG-Chef Hans-Peter Weiss, der direkt vor ihm befragt wurde. Er selbst habe nach einer Prüfung der Fakten und Bedingungen empfohlen, das Thema nicht weiterzuverfolgen, so Müller auf Fragen von Nina Tomaselli (Grüne). Er habe darin keine praktische Relevanz gesehen, aus verschiedenen Gründen.

Das Ganze sei schließlich eine „Fingerübung“ gewesen, nachdem schließlich die BIG dann vom Finanzministerium an die ÖBAG übertragen worden war (davor war die BIG im Wirtschaftsministerium). Die Privatisierungsidee gestoppt habe er selbst aber nicht, so Müller. Der Lead für das Projekt sei im Generalsekretariat des Finanzministeriums, also bei Thomas Schmid, gelegen. Von wem der grundsätzliche Auftrag kam, konnte Müller nicht sagen.

Eduard Müller (Vorstand FMA)
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Kurzzeit-Finanzminister Müller ist mittlerweile im Vorstand der Finanzmarktaufsicht

Eingeschlafen sei auch das „Projekt Edelstein“, die angedachte Übertragung des Bundesrechenzentrums (BRZ) an die Post. Anstoßen könne so eine Idee grundsätzlich jeder, sagte Müller, den Prozess geführt hätten ein Mitarbeiter des Generalsekretariats im Finanzministeriums und ein IT-Mitarbeiter. Müller war laut eigenen Aussagen bei zwei Gesprächsrunden zu dem Thema dabei. Für eine Umsetzung hätte es eine Ausschreibung gebraucht, sagte er weiter.

Staatliche Beteiligungen „Ressortdomäne“

Er selbst habe keine Wahrnehmungen dazu, dass Schmid ÖBAG-Chef werden wollte, sagte Müller auf Frage von Helmut Brandstätter (NEOS), Schmid habe sich da eher bedeckt gehalten, sei sein Eindruck. Die Bewerbung Schmids habe ihn aber nicht überrascht. Die staatlichen Industriebeteiligungen seien schon immer eine „Domäne der Ressortleitung“ gewesen, dazu zähle eben auch das Kabinett, das Schmid damals leitete. Für die Ausschreibung selbst sei der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung zuständig.

Kai Jan Krainer (SPÖ)
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Krainer hinterfragte die übliche Vorgehensweise bei Ausschreibungen

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer wollte wissen, ob es „übliche Praxis“ sei, dass Mitarbeiter des Ministeriums Unterlagen zu Vorstandsausschreibungen redigieren – ihm sei Derartiges nicht bekannt, so Müller. Zuvor sagte Müller auf Nachfrage von Andreas Hanger (ÖVP), dass er keine Wahrnehmung habe, dass Schmids Bestellung nicht ordnungsgemäß verlaufen sei. Inhaltlichen Input zur Ausschreibung habe er, „glaube ich“, nicht geliefert, so Schmid auf Fragen von Susanne Fürst (FPÖ).

Sidlo nur aus Medien bekannt

Auf die Frage, ob Schmid quasi „Schattenfinanzminister“ war und die Fäden im Ministerium zog, sagte Müller, er habe den Eindruck, jeder, also Schmid und der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) habe seine Rolle gehabt. Dass die ÖBIB zur ÖBAG werden soll, habe sich Ende Sommer 2018 im Ministerium gezeigt, damals habe man den Auftrag erhalten, sich dazu gesetzlich was zu überlegen.

Peter Sidlo, kurzfristiger Finanzvorstand der Casinos Austria, sei ihm nur aus den Medien bekannt, so Müller, über dessen Bestellung – womöglich im Austausch für die Bestellung von Schmid als ÖBAG-Chef – sei er als Leiter der Sektion I aber informiert gewesen.

Kein freier Zugang für Fuchs zu Beamten

Zum Rückzug der geplanten Glücksspielnovelle sagte Müller auf Fragen des Verfahrensrichters, er sei per Mail vom zuständigen Abteilungsleiter gefragt worden, ob er davon wisse. Auf Nachfrage habe er von der zuständigen Referentin im Kabinett des Ministers dann erfahren, dass die Spiegelung nicht abgeschlossen sei. Das hatten auch andere Auskunftspersonen so angegeben. Er selbst habe Fragen zur Novelle beim zweiten Anlauf 2019 gestellt, sagte Müller.

Dass der ehemalige FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs erst nach Freigabe durch das Kabinett des Ministers mit den Beamten des Ministeriums kommunizieren durfte, bestätigte Müller als „gelebte Praxis“. Der Bundesminister habe auch Weisungsbefugnis über den Staatssekretär gehabt. Das Kommunikationsverbot habe sich aber nach einem Jahr geändert. Wie mit dem Entwurf der Glücksspielnovelle weiter verfahren wurde, daran könne er sich nicht mehr erinnern, sagte Müller weiter.

Susanne Fürst (FPÖ)
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Fürst fragte Müller auch zur FMA-Reform

Keine Personalentscheidungen von Expertenregierung

Die Expertenregierung, deren Mitglied er war, hatte sich darauf geeinigt, keine Personalentscheidungen zu treffen, sagte Müller weiter auf die Frage, ob es von außen den Wunsch gab, Walter Rothensteiner im Generalrat der Nationalbank zu verlängern – es habe keinen Grund gegeben, das nicht zu tun. Fürst fragte auch zu einem Papier zur Finanzmarktaufsicht (FMA), das vom damaligen Erste-Chef Andreas Treichl erstellt wurde – Müller gab an, dieses nicht gekannt zu haben, er habe sich mit dem Thema auch nicht befasst. Müller ist seit Februar 2020 FMA-Vorstand.