Pressefoyer nach dem Ministerrat
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CoV-Wiederaufbaufonds

Projektpläne in Brüssel eingereicht

Österreich hat seinen Plan für den europäischen Wiederaufbaufonds eingereicht. Das gab die Bundesregierung am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat bekannt. Rund 3,5 Milliarden Euro sollen an Förderungen mit Schwerpunkt Ökologisierung und Digitalisierung fließen. Damit die Gelder fließen können, fehlt Brüssel aber noch von manchen Ländern ein entscheidender Schritt.

Am Wochenende hatten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) den „Comebackplan“ der Regierung – noch sehr umrisshaft – vorgestellt. Klar ist, dass ein beträchtlicher Teil der dafür vorgesehenen Mittel aus dem Wiederaufbaufonds der EU kommen soll. Kurz sprach am Mittwoch nach dem Ministerrat von einer „ersten Säule“ und einem „wesentlichen Bestandteil des ‚Comebackplans‘“.

Rund 3,5 Milliarden Euro könnte Österreich auf diesem Weg für Projekte lukrieren. Die genaue Summe werde sich auf Grundlage der Wirtschaftsdaten errechnen, hieß es dazu am Mittwoch von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Zuvor müssen die Pläne allerdings noch von der Kommission geprüft und genehmigt werden. Anfang der Woche übermittelte Österreich laut Regierung das entsprechende Papier nach Brüssel. Die Beurteilung könne dauern, hieß es bereits von EU-Budgetkommissar Johanes Hahn. Die ersten Reaktionen seien aber „sehr positiv gewesen“.

EU-Wiederaufbaufonds im Ministerrat

Im Ministerrat geht es um die Projekte für den EU-Wiederaufbaufonds. Insgesamt könnte Österreich rund 3,5 Milliarden Euro erhalten.

EU-Vorgaben laut Regierung übererfüllt

Die Kommission wird sich vor allem anschauen, ob die Pläne die Finanzierungsziele der Ökologisierung und Digitalisierung erfüllen. Um Gelder aus dem insgesamt 750 Mrd. Euro schweren Recovery-Fonds der EU abrufen zu können, muss jedes Land zumindest 37 Prozent der Investitionen in Projekte mit Schwerpunkt Ökologisierung und Klimaschutz und mindestens 20 Prozent in Digitalisierungsmaßnahmen stecken. Darauf hatten sich die EU-Staaten nach langen Verhandlungen im vergangenen Sommer geeinigt.

Pressefoyer nach dem Ministerrat
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Der Finanzminister rechnet mit rund 3,5 Mrd. Euro aus dem EU-Aufbaufonds

Laut Bundesregierung kann Österreich an dieser Hürde nicht scheitern. Blümel sagte, dass der heimische Fokus noch einmal verstärkt auf ökologischen und digitalen Investitionen liege. Die entsprechenden Zielvorgaben der EU würden deutlich übertroffen. Laut Kogler sehen die heimischen Pläne vor, 46 Prozent für den Klimaschutz und die Ökologisierung zu nutzen. Blümel verwies zudem auf 41 Prozent der Fördermenge, die für digitalen Investitionen vorgesehen seien.

Über 1,5 Mrd. Euro für Klima- und Umweltschutz

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) stellte in Aussicht, dass im Bereich Klimaschutz und Ökologisierung 850 Mio. Euro für die Umgestaltung des Verkehrs in Richtung umweltfreundliche Mobilität vorgesehen seien. Jeweils 350 Millionen seien für Projekte in den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Artenvielfalt sowie Energiewende und Dekarbonisierung der Industrie budgetiert.

Pressefoyer nach dem Ministerrat
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Über 1,5 Milliarden Euro sollen laut Klimaschutzministerin in Projekte mit dem Fokus Ökologisierung fließen

Der EU-Plan sehe überdies vor, dass keine Maßnahmen ergriffen werden dürfen, die den Klimazielen entgegenstehen, also beispielsweise keine Flughäfen und Kohlekraftwerke. Das sei ein „echter Gamechanger“, so Gewessler. Für Kurz gewährleistet der Plan, dass Zukunftsjobs geschaffen und auf die schwierigen Monate jetzt gute Jahre folgen würden. Laut Kogler werden manche Bereiche nach der Krise sogar besser dastehen als davor – weil eben modernere Schwerpunkte gesetzt würden.

Pressefoyer nach dem Ministerrat
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„Transformation statt Depression“ wünscht sich Kogler

Zu konkreten Details machte die Regierung am Mittwoch noch keine Angaben. Die „konkreten Projekte liegen zur Abstimmung bei der Kommission“. Werden sie genehmigt, dann werde man darüber selbstverständlich informieren, so Gewessler. Blümel sagte auf Nachfrage überdies, dass die Pläne nur Förderschienen definierten. Die konkrete Durchführung liege bei den jeweiligen Ministerien.

Bericht über Themen im Ministerrat

ORF-Reporterin Helma Poschner berichtet über die wichtigsten Themen, die im Ministerrat besprochen wurden.

Kritik zurückgewiesen

Von der Opposition war in den vergangenen Wochen öfters kritisiert worden, dass Österreich seine Pläne zu spät einreiche. Dem wurde von Blümel und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) entgegengetreten. Verwiesen wurde auf umfangreiche Vorgespräche mit Gebietskörperschaften und Sozialpartnern. Zudem habe es immer Kontakte mit der Europäischen Kommission gegeben, so Edtstadler. Dass Geld liegen gelassen wird, wurde ebenfalls dementiert: „Wir werden uns jeden einzelnen Euro aus Brüssel zurückholen, der uns zusteht“, so der Finanzminister.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler
ORF
Kritik an Zeitplan und Vorgehen der Regierung wollte Edtstadler nicht gelten lassen

Arbeitnehmer erbost

„Ich vernehme mit Erstaunen, dass angeblich auch die Sozialpartner in Österreich in die Verhandlungen für die Verwendung der EU-Aufbauhilfen eingebunden waren“, hieß es allerdings bereits kurz nach der Pressekonferenz von ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Außer einem Telefonat mit der koordinierenden Ministerin Edtstadler habe es keine Einbindung der Gewerkschaften gegeben. Bei dem Telefonat sei ein Termin avisiert worden, „der bis zum heutigen Tag nicht stattgefunden hat“.

Man freue sich auf die Übermittlung des angeblich 600 Seiten umfassenden österreichischen Plans an alle Sozialpartner, so der Gewerkschaftsbund in einer Aussendung. Die Chefin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, ärgerte sich: "Dass wir nun aus den Medien erfahren, dass der österreichische Plan bereits an die EU-Kommission übermittelt wurde, ist nicht in Ordnung.

NEOS kritisiert Intransparenz

Kritik kam auch von NEOS. Als „vollkommen intransparent" bezeichneten die EU-Abgeordnete Claudia Gamon und die Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer den Plan der Regierung. „Wir wissen zwar jetzt, dass der Plan endlich eingereicht wurde, was im Detail drinnen steht, ist uns aber nicht bekannt, denn er wurde uns bisher weder übermittelt noch für alle einsehbar veröffentlicht“, so Gamon in einer Aussendung. Die EU-Politikerin bemängelte überdies die mangelnde Einbindung der Opposition.

Budgetsprecherin Doppelbauer störte sich daran, dass sich die Koalition „viele Punkte aus dem eigenen Regierungsprogramm mit EU-Geldern“ finanzieren lasse. Überdies sei der Eigenmittelbeschluss noch immer nicht dem Parlament zur Ratifizierung zugeleitet worden, obwohl die Kommission dazu auffordere, so Doppelbauer.

Appell von Hahn an säumige Mitgliedsstaaten

Die Aufteilung der Mittel ist das eine, die Beschaffung der Gelder eine andere Frage. Die EU-Kommission kann mit der Aufnahme der Kredite und der Auszahlung erst beginnen, wenn alle 27 EU-Staaten den Beschluss ratifiziert haben. Diese Ratifizierung fehlt aber noch von einigen Ländern – darunter auch Österreich. EU-Kommissar Hahn appellierte am Mittwoch: „Bitte beschleunigen Sie das Verfahren!“ Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass in den noch ausstehenden zehn EU-Ländern rechtzeitig bis Ende Juni die Eigenmittel ratifiziert werden.

Es gebe „keinen Plan B“, so Hahn. „In erster Linie geht es nun darum, dass der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof seine Vorbehalte aufhebt“, damit der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Ratifizierung unterschreiben könne. Ausstehend sind die Ratifizierungen neben Österreich und Deutschland noch in Estland, Polen, Ungarn, Finnland, Rumänien, den Niederlanden, Irland und Litauen.

Zur Finanzierung des milliardenschweren Wiederaufbaufonds will die EU über Jahre hinaus jeweils rund 150 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Wie aus einem Dokument der EU-Kommission laut Nachrichtenagentur Reuters hervorgeht, sollen bis 2026 dazu diverse Geldmarktpapiere und Anleihen platziert werden – die Laufzeiten reichen dabei von unter einem Jahr bis zu 30 Jahren. Mit den Plänen würde die EU-Kommission zum größten Emittenten von Papieren in der Euro-Währung aufsteigen.