„Ibiza“-U-Ausschuss: Aufregung bei „Schredder“-Befragung

Die Befragung des ehemaligen Kabinettsmitarbeiters von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), damals Vorgesetzter jenes Mannes, der unter falschem Namen fünf Festplatten aus dem Bundeskanzleramt zum Schreddern brachte, hat heute im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss gleich zu Beginn einige ungewohnte Aufregung gebracht.

Der Mann, mittlerweile im Kabinett von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) tätig, führte zu Beginn in seiner Stellungnahme aus, dass die Vernichtung von Festplatten im Bundeskanzleramt üblich sei, es könne auch ausgeschlossen werden, dass es sich um Festplatten aus Laptops handle. Die Auskunftsperson verwies dabei auf eine kurz vor der Befragung veröffentlichte entsprechende Stellungnahme des Bundeskanzleramts. Er habe auch das „Ibiza-Video“ weder besessen noch mehr als die allgemein bekannten Szenen gesehen.

Mitarbeiter des Bundeskanzleramts im Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Auskunftsperson sieht „politische Gründe“

Es gebe weiters ein Strafverfahren, das laut seinen Aussagen aus „politischen Gründen“ von Kai Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS) veranlasst worden sei, weshalb er sich bei den davon betroffenen Punkten entschlagen werde. Er werde als Beschuldigter geführt, gab die Auskunftsperson an. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte am Abend gegenüber ORF.at die Anzeige und den Beschuldigtenstatus.

Laut Anzeige sollen nur drei der fünf ausgebauten Druckerfestplatten geschreddert worden sein sowie darüber falsche Angaben gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSt) gemacht worden sein. Es gilt die Unschuldsvermutung, die Ermittlungen stehen am Anfang.

Emotionen gingen hoch

Bei der Erstbefragung durch Verfahrensanwalt Ronald Rohrer gingen dann die Emotionen hoch, ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger warf der Opposition „Lügenmärchen“ vor, was bei dieser für Aufregung sorgte, Hanger nahm das Wort zurück.

Die Befragung wurde ab da begleitet von zahlreichen Debatten über die Zulässigkeit von Entschlagung sowie entsprechenden Geschäftsordnungsdebatten. Um 20.00 Uhr übernahm wieder Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) den Vorsitz, der gegen 17.00 Uhr den Vorsitz an den ÖVP-Abgeordneten Friedrich Ofenauer übertragen hatte.

Laufend Entschlagungen

Die Auskunftsperson gab in der Erstbefragung weiter an, nicht dabei gewesen zu sein, als die Platten ausgebaut wurden, sie seien ihm vom Bundeskanzleramt übergeben worden. Er könne aber sagen, dass diese ihm übergebenen Platten geschreddert wurden. Bei der Frage über den Inhalt der Platten entschlug er sich, es folgte eine Debatte über das Entschlagungsrecht. Die Auskunftsperson entschlug sich auch bei der Frage, wer ihm die Platten zur Vernichtung übergeben habe.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer wollte dann wissen, ob die Auskunftsperson die Festplatten wiedererkennt, und legte Fotos von fünf Festplatten vor. Nach der erneuten Befragung mit seiner Vertrauensperson entschlug sich die Auskunftsperson, woraufhin Krainer nachfragte, wie das mit dem Statement der Auskunftsperson zusammengehe, wonach dieser bestätigen könne, dass die fünf ausgehändigten Festplatten vernichtet wurden. Es blieb bei der Entschlagung.

Wie bei vorherigen Regierungswechseln mit Festplatten umgegangen worden sei, wollte dann Christian Ries (FPÖ) wissen – die Auskunftsperson gab an, dass das außerhalb des Untersuchungszeitraums sei. Nina Tomaselli, Fraktionsvorsitzende der Grünen, hinterfragte, ob die Vernichtung von Festplatten üblicherweise dokumentiert wird – auch hier entschlug sich die Auskunftsperson.

Idee zu Privatisierung als „Fingerübung“

Zuvor wurde der Kurzzeit-Finanzminister Eduard Müller im Ausschuss befragt. Eine Privatisierung der Austrian Real Estate (ARE), Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), sei zwar geprüft, aber dann abgesagt worden, so Müller. Die Prüfung sei eine „Fingerübung“ gewesen. Wer genau das Projekt abgesagt hat, konnte Müller nicht sagen.

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