Das entschieden die Mitglieder des Gremiums am Mittwoch (Ortszeit) nach stundenlanger Diskussion bei einem kurzfristig angesetzten Notfalltreffen. In etwa einer Woche solle es ein weiteres Treffen geben. Der Impfstoff von Johnson & Johnson bleibe somit ausgesetzt, wie unter anderem die „New York Times“ („NYT“) berichtete.
Die CDC und die Arzneimittelbehörde FDA hatten am Dienstag eine vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson empfohlen, nachdem in den USA im zumindest zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen sechs Fälle von Hirnvenenthrombosen erfasst worden waren.
„Übermaß an Vorsicht“
Die Aussetzung sei aus einem „Übermaß an Vorsicht“ empfohlen worden, hieß es. Johnson & Johnson verzögerte daraufhin den Marktstart seines Impfstoffs in Europa und setzte auch alle derzeit laufenden Studien mit Impfungen mit dem Wirkstoff vorübergehend aus.
Bisher wurden nach aktualisierten Angaben mehr als 7,2 Millionen Dosen des Impfstoffs, der Ende Februar in den USA zugelassen worden war und von dem es nur eine Dosis braucht, in den USA gespritzt. Bei sechs Frauen zwischen 18 und 48 Jahren war es den Behörden zufolge zwischen sechs und 13 Tage nach der Impfung zu Hirnvenenthrombosen gekommen. In drei Fällen sei zusätzlich eine Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, gemeldet worden. Eine Frau starb.
„Kein Grund zur Panik“
Der Infektiologe Amesh Adalja vom Johns Hopkins Center in Baltimore sprach von einem sehr geringen Risiko. „Sechs Fälle bei etwa sieben Millionen Dosen sind geringer als das Risiko von Blutgerinnseln mit oralen Kontrazeptiva (Antibabypille, Anm.) und kein Grund zur Panik.“ Das Vakzin von J&J ist wie das von AstraZeneca ein Vektorimpfstoff, der auf einem harmlosen Erkältungsvirus basiert. Auf dieser Technologie beruht auch der russische Impfstoff „Sputnik V“. Die Vakzine von Biontech und Pfizer sowie Moderna basieren dagegen auf Boten-RNA (mRNA). Bei den mRNA-Impfstoffen wurden laut CDC noch keine Thrombosefälle mit einem Mangel an Blutplättchen festgestellt.
Vektorimpfstoff
Einem harmlosen Erkältungsvirus wird ein kleiner Teil des genetischen CoV-Codes hinzugefügt. Nach der Impfung soll der Körper Antikörper und Abwehrzellen bilden. Diese kommen in Aktion, sobald eine Infektion mit dem echten Coronavirus erfolgt.
Der CoV-Koordinator des Weißen Hauses, Jeff Zients, sagte zuletzt, die Aussetztung des J&J-Impfstoffs werde keine „bedeutsamen Auswirkungen auf unseren Impfplan“ haben. Bisher mache das Vakzin weniger als fünf Prozent der verabreichten Impfdosen aus. Außerdem habe sich die Regierung ausreichend Dosen der Hersteller Biontech und Pfizer sowie Moderna gesichert, um nahezu die gesamte US-Bevölkerung zu impfen.
Laut „NYT“ hat die Aussetzung dennoch wohl „schmerzhafte Konsequenzen“ für das US-Impfprogramm. Betroffen seien vor allem ländliche Gebiete. Der J&J-Impfstoff sei der Zeitung zufolge ideal für schwer zugängliche Menschen und Orte, da er nur eine einzige Impfung erfordert und leichter gelagert und versandt werden kann als die Impfstoffe von Moderna sowie Pfizer und Biontech.
EMA prüft
Auch in Europa impfen mehrere Länder vorerst nicht mehr mit dem Impfstoff. Neben Österreich setzten auch die Niederlande, Schweden, Dänemark und Italien das Vakzin vorerst aus. Zunächst müsse mehr über mögliche Thrombosen bekannt sein, teilte der niederländische Gesundheitsminister Hugo de Jonge am Mittwoch in Den Haag mit.
Man wolle ein laufendes Prüfverfahren der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) abwarten, sagte Schwedens nationale Gesundheitsbehörde Folkhälsomyndigheten. Die EMA kündigte indes an, dass sie die Prüfung der Fälle beschleunige. Die Behörde will nächste Woche ein Gutachten vorlegen.
Auch in Südafrika ausgesetzt
Vorsorglich auf Eis gelegt sind Impfungen mit dem J&J-Vakzin derzeit unter anderem auch in Südafrika. „Wir haben beschlossen, unseren Roll-out freiwillig auszusetzen, bis der Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Blutgerinnseln und dem Johnson-&-Johnson-Präparat ausreichend geprüft ist“, teilte das Gesundheitsministerium am Dienstag mit.
Für Südafrika bedeutet die Entscheidung eine weitere Verzögerung der ohnehin schleppend verlaufenden Impfkampagne – und das, obwohl das Land stärker von der Pandemie betroffen ist als irgendein anderer Staat des Kontinents.