EuGH: Richterernennung in Polen teils rechtswidrig

Die Ernennung einiger Richter und Richterinnen des Obersten Gerichtshofs in Polen verstößt nach Einschätzung eines Gutachters am Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen EU-Recht.

Generalanwalt Evgeni Tanchev hielt heute im Wesentlichen fest, dass es bei der Ernennung eklatante Verstöße gegen das polnische Recht – und somit gegen EU-Recht – gegeben habe. Es sei letztlich jedoch Sache der polnischen Gerichte zu prüfen, wie schwerwiegend die Verstöße seien.

Hintergrund der beiden EuGH-Gutachten sind die Fälle zweier regierungskritischer Richter in Polen. Zum einen geht es um die Amtsrichterin Monika Frackowiak, gegen die ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, zum anderen um den Krakauer Bezirksrichter Waldemar Zurek, der vor dem polnischen Obersten Gerichtshofs seine Versetzung innerhalb des Bezirksgerichts beanstandet. Beide fechten die Besetzung des Höchstgerichts zum Teil an.

Sukzessiver Umbau des Justizsystems

Die Regierungspartei PiS baut das Justizwesen des Landes trotz internationaler Kritik seit Jahren um und setzt Richter damit unter Druck. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen, zum Teil wurden sie vom EuGH gekippt.

Tanchev betonte nun unter anderem, dass Bewerbern und Bewerberinnen um Richterstellen eine wirksame gerichtliche Überprüfung offenstehen müsse. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn der Staat – wie in Polen – so deutlich in die Richterernennung eingreife, dass die künftige Unabhängigkeit der Richter gefährdet sei.

Es sei ein eklatanter Verstoß gegen die polnischen Vorschriften, dass Polens Präsident Andrzej Duda Richter am Obersten Gerichtshof ernannt habe, obwohl noch nicht über Rechtsbehelfe entschieden worden war.

Die Einschätzung des Gutachters ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihr aber. Ein Urteil dürfte in einigen Monaten fallen.