Intensivstation
APA/Helmut Fohringer
Ampelkomission

Trend nach oben gebrochen

In der CoV-Pandemie sieht die Ampelkomission den Trend nach oben gebrochen – außer in Vorarlberg. Aufgrund der zeitverzögerten Auswirkungen auf die Spitäler sei ein verhaltener Rückgang auf den Intensivstationen vorherzusehen. Die Ampelfarbe bleibt im ganzen Land aber rot, es besteht also sehr hohes Risiko.

Die Empfehlungen der Kommission sind seit Wochen die gleichen. Vorarlberg, das seit einigen Wochen eine eigenständige Lockerungspolitik mit offener Gastronomie betreibt, wird angeraten, die Öffnungsschritte laufend zu evaluieren. Grundsätzlich wird empfohlen, regionale Maßnahmen zu setzen, um Situationen wie in der Ostregion zu vermeiden. Der verlängerte Lockdown in Wien und Niederösterreich wird begrüßt.

Wie aus dem aktuellen Arbeitsdokument der Kommission hervorgeht, sind sämtliche Länder weit von der Marke von 100 Infektionen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner entfernt. Den noch besten Wert über die Woche gerechnet hatte Vorarlberg, aktuell hat es aber nicht mehr die günstigsten Zahlen, sondern das Burgenland.

Steigende Zahlen in Vorarlberg und Kärnten

Positiv zu werten ist, dass nur noch in zwei Ländern die Infektionszahlen nach oben gehen, davon recht stark (um 14 Prozent) in Vorarlberg, ein wenig schwächer in Kärnten. Den besten Trend über die vergangenen 14 Tage hat deutlich das Burgenland (minus 24 Prozent). Außer in Kärnten in allen Bundesländern rückläufig ist die Tendenz der Infektionen bei über 65-Jährigen.

Westen testet am meisten

Was die neuen ansteckenderen Varianten angeht, liegt der Wert mittlerweile in sämtlichen Ländern bei über 94 Prozent. Die Kommission empfiehlt, sich nun auf die Escape-Varianten zu konzentrieren, gegen die die vorliegenden Impfungen wohl weniger wirksam sind.

Am meisten getestet wird unverändert im Westen. Vorarlberg führt hier vor Tirol. Die wenigstens Tests gibt es in Kärnten, das bei der risikoadjustierten Inzidenz auch den schlechtesten Wert erzielt, obwohl Wien höhere Fallzahlen hat. Die Bundeshauptstadt hat mit 50 Prozent bei Weitem die höchste Zahl asymptomatischer Fälle. Mit 69 Prozent weist Wien auch die höchste Quote an abgeklärten Fällen auf.

Experte: Öffnungsschritte im Mai möglich

„Wir sehen in den Modellen, dass es sehr bald besser werden wird, aber wir hätten uns gewünscht, dass wir schneller runter kommen“, sagte Simulationsexperte Niki Popper in der ZIB2. Und das gehe mit Maßnahmen wie dem Lockdown im Osten eben besser. „Das wirkt schon.“ Es gehe darum, das Optimum daraus herauszuholen und die Intensivbettenbelegung durch Coronavirus-Patienten möglichst schnell zu reduzieren. Dann könnten auch schneller Öffnungsschritte gesetzt werden. Der Lockdown wirkt laut Popper, auch wenn die Teilnahmebereitschaft sinke.

Experten über Lockdown-Wirksamkeit

Simulationsforscher Niki Popper und Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle wägen die Pros und Contras von Öffnungen und Lockdown ab.

Die Hauptstrategie sollte das Screenen sein. Das habe davor bewahrt, dass die Zahlen explodierten, als die Mutationen kamen. „Jetzt müssen wir darauf schauen, einen Masterplan zu entwickeln“, so Popper. Ziel müsse sein, die steigende Immunisierung optimal auszunutzen. Erreicht seien 25 Prozent Immunisierung – 18 Prozent durch Krankheit und sieben Prozent durch Impfung – „und dieser Wert steigt jetzt enorm schnell an“. Ende Juni könnten 73 Prozent immunisiert sein. Außerdem sei das Virus in den warmen Monaten weniger aktiv. „Jetzt muss man planen, wie man kontrolliert aufsperren kann.“ Größere Öffnungsschritte im Mai sind laut dem Experten daher „in jedem Fall“ realistisch. „Das Erste und Wichtigste ist sicher der Schulbereich.“

„Messbarer Effekt“ durch Geimpfte und Genesene

Die effektive Reproduktionszahl näherte sich laut dem CoV-Prognose-Konsortium in den vergangenen Tagen einem Wert von 0,94 an. Das bedeutet, dass ein Infizierter weniger als eine weitere Person ansteckt. Die Zahl der genesenen und geimpften Menschen in Österreich steigt. Laut den Experten könnten bereits 20 bis 35 Prozent der Bevölkerung dadurch immunisiert sein. Das „beginnt einen messbaren Effekt auf die Infektionsdynamik zu nehmen“, so die Analyse der Fachleute.

Wirkung auf Spitäler zeitversetzt

Trotz rückläufiger Fallzahlen und mehr Geimpfter und Genesener wird die Lage in den Spitälern und besonders auf den Intensivstationen laut Prognose aber vorerst angespannt bleiben. Den Fachleuten zufolge wird Wien ebenso wie das Burgenland und Niederösterreich bis knapp vor dem 28. April – dem Endpunkt der Prognose – über der systemkritischen Auslastungsgrenze von 33 Prozent bleiben.

Ist mehr als ein Drittel der Intensivbetten mit Covid-19-Erkrankten belegt, treten diese in Konkurrenz mit anderen Patientinnen und Patienten, die intensivmedizinischer Betreuung bedürfen. Diese Schwelle bedeutet ein sehr hohes Systemrisiko. Wie die Fachleute in ihrer aktuellen Prognose schreiben, ist auch für Oberösterreich und Vorarlberg eine Überschreitung der 33-Prozent-Schwelle möglich. In Oberösterreich waren zuletzt 30 Prozent der Intensivbetten mit Covid-19-Kranken belegt, in Vorarlberg 17 Prozent.

Österreichweit rechnen die Experten damit, dass die Auslastung der Intensivbetten bis 28. April von aktuell 586 auf 521 zurückgeht. Am Mittwoch befanden sich 586 schwer kranke Covid-19-Patienten in intensivmedizinischer Versorgung. Im Schnitt müssen sie 12,2 Tage lang intensivmedizinisch behandelt werden. Auf den Normalstationen soll die Belegung von 1.770 auf 1.530 sinken.

Kurz: Erstimpfung für sechs Mio. Menschen bis Mitte Juli

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte unterdessen am Donnerstag an, dass bis Mitte Juli zumindest sechs Millionen Menschen in Österreich eine Erstimpfung erhalten können. 100.000 Dosen der aus dem Herbst vorgezogenen Biontech-Pfizer-Lieferung sollen bereits am 26. April in Österreich eintreffen. Zu Ostern hatte Kurz angekündigt, dass in den nächsten 100 Tagen alle, die es wollen, eine erste Impfung erhalten könnten. Nun werde man noch schneller sein, so der Bundeskanzler.

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass die Hersteller Biontech und Pfizer den EU-Staaten bis Ende Juni 50 Millionen Dosen CoV-Impfstoff mehr als ursprünglich geplant liefern. Es handelt sich um eine Lieferung, die aus dem vierten Quartal vorgezogen wird. Für Österreich bedeutet das eine Million mehr Dosen im zweiten Quartal.

Der Großteil der Lieferungen wird laut Kurz im Mai und Juni erwartet. „Es wurden Stand heute 100.000 Dosen von Biontech/Pfizer für 26. April avisiert. Wir erwarten die Bestätigung des Liefertermins morgen im Laufe des Tages“, hieß es dazu aus dem Gesundheitsministerium.

Zahl der täglichen Impfungen steigt

Zwei Drittel der Bevölkerung wollten sich impfen lassen, das seien ungefähr fünf Millionen Menschen, sagte der Bundeskanzler. Jeden Tag werden in Österreich laut Kurz derzeit rund 40.000 Menschen immunisiert, im Mai sollen es täglich mehr als 50.000 sein. Das sei die „Basis zur Rückkehr zur Normalität“. Die Coronavirus-Entwicklung bezeichnete der Bundeskanzler als „sehr solide“, auch in den Spitälern gingen die Belagszahlen zurück. „Die Freiheit ist schon greifbar nahe“, sagte Kurz.

Fast 500.000 Impfdosen nach Österreich geliefert

Laut dem Impfdashboard des Gesundheitsministeriums sind im zweiten Quartal seit Anfang April bisher 499.890 Impfdosen nach Österreich geliefert worden. Insgesamt werden bis Ende Juni sieben Millionen erwartet. Die Liefermengen werden nur bis Ende der Kalenderwoche 17 am 2. Mai veröffentlicht. Bis dahin sollen in Summe mehr als 3,3 Millionen Dosen von Biontech und Pfizer, AstraZeneca und Moderna eintreffen.

Der Großteil entfällt mit 2.018.835 Dosen auf Biontech und Pfizer, gefolgt von 1.004.419 Dosen AstraZeneca und 326.400 des Herstellers Moderna. Gerechnet wird auch mit 48.000 Dosen von Johnson & Johnson, diese werden aber derzeit nicht ausgeliefert und verimpft.

Exakt 1.605.395 Menschen in Österreich wurden bis Mittwoch laut den Zahlen des E-Impfpasses zumindest einmal geimpft. Sie entsprechen 18 Prozent der Gesamtbevölkerung. Von Dienstag auf Mittwoch kamen 60.096 Stiche hinzu. Voll immunisiert wurden bisher 658.318 Menschen, die 7,4 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Öffnungskommission nimmt Arbeit auf

Die von der Regierung eingerichtete Öffnungskommission, die über Lockerungen mancher CoV-Maßnahmen berät, nahm am Donnerstag ihre Arbeit auf. Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Ländern berieten dabei mit Fachleuten, wann und unter welchen Bedingungen Öffnungsschritte erfolgen sollen. Im ersten Schritt sollen Leitlinien festgelegt werden, hieß es vonseiten des Kanzleramts zur APA. So soll das Prinzip „Outdoor vor Indoor“ weiterverfolgt werden.

Auf Basis der Leitlinien sollen in weiterer Folge die Details zu den einzelnen Themenblöcken (Testkonzepte, „Grüner Pass“, Zeitleiste der Öffnungen) mit den jeweiligen Fachleuten und Branchen erarbeitet werden. In vielen Bereichen lägen bereits konkrete Vorschläge der betroffenen Branchen zu Konzepten vor, berichtete das Kanzleramt. Diese würden allesamt in die Arbeit der Kommission einfließen. Konkrete Öffnungstermine sollen am Donnerstag aber noch nicht kommuniziert oder festgelegt werden.