Rücktritt von Bulgariens Regierungschef angenommen

In Bulgarien hat das Anfang April neu gewählte Parlament erwartungsgemäß den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Boiko Borissow angenommen. Das seit 2017 regierende Kabinett soll nun die Amtsgeschäfte bis zur Bildung einer neuen Regierung in Sofia weiterführen.

Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow
picturedesk.com/Georges Schneider

Tausende Demonstrierende hatten im Sommer 2020 nach Korruptionsvorwürfen vergeblich den Rücktritt von Borissow gefordert. Das war mit kurzer Unterbrechung Borissows dritte proeuropäische Regierung seit 2009. Borissows GERB hatte auch am 4. April die Wahl in dem EU- und NATO-Staat mit 26 Prozent der Stimmen gewonnen, ist aber durch die fünf Parteien des „Anti-Borissow-Lagers“ politisch isoliert worden. Die GERB gehört ebenso wie die ÖVP im EU-Parlament zur Europäischen Volkspartei (EVP).

Komplizierte Regierungsbildung erwartet

Ins Parlament zogen drei Protestparteien sowie die Sozialisten (BSP) und die Türkenpartei DPS ein. Diese fünf Parteien verfügen über insgesamt 165 Sitze, während die GERB nur 75 der insgesamt 240 Mandate hält. In dem zersplitterten Parlament könnte keine Partei alleine regieren. Deswegen zeichnet sich eine komplizierte Regierungsbildung ab.

Staatschef Rumen Radew muss der Verfassung zufolge jetzt die stärkste Partei – Borissows GERB – mit der Regierungsbildung beauftragen. Die GERB wolle trotz schlechter Erfolgschancen eine proeuropäische und proatlantische Regierung vorschlagen. Sollte diese bei der Abstimmung scheitern, dann käme die zweitstärkste Partei zum Zug – die populistische und systemkritische „Es gibt so ein Volk“ (ITN, 51 Sitze) des Entertainers Slawi Trifonow.