Ein Angestellter spannt im Außenbereich einer Therme einen Sonnenschirm auf
APA/Robert Jaeger
CoV-Gipfel

Erste Öffnungen für Mitte Mai angekündigt

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat nach dem Coronavirus-Gipfel am Freitag trotz sehr langsam rückläufiger Infektionszahlen erste Öffnungsschritte für Mitte Mai angekündigt. Die Regierungsspitze stellte in Aussicht, alle Bereiche von Kultur über Sport bis zu Gastronomie und Tourismus mit Sicherheitskonzepten gleichzeitig öffnen zu wollen. Laut Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) werden dafür aber Beschränkungen gelten. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kritisierte Kurz und Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil scharf.

Bei den Beratungen der Bundesregierung mit Opposition und den Bundesländern war das Impfen zentrales Thema. Kurz kündigte positive Auswirkungen an, die die früher erwartete knappe Million an Biontech-Pfizer-Impfstoffdosen haben würden, die im April, Mai und Juni kommen soll. Derzeit sind 7,60 Prozent der österreichischen Bevölkerung vollimmunisiert, 18,63 Prozent haben ihre erste Impfung erhalten.

Kurz sprach erneut von einem „Impfturbo“, der durch die vorgezogenen Biontech-Pfizer-Lieferungen gelinge. „Die Freiheit ist zum Greifen nahe“, sagte der Kanzler weiter. Details über die genauen Rahmenbedingungen und Termine sollen bis Ende der kommenden Woche ausgearbeitet werden. „Es gibt Grund zum Optimismus“, so Kurz. Man befinde sich „auf den letzten Metern“.

Im Kanzleramt rechnet man mit rund 100.000 zusätzlichen Dosen im April, 300.000 im Mai und 600.000 Dosen im Juni. Von der ins zweite Quartal vorgezogenen Lieferung sollen den Angaben zufolge 30.000 ins Burgenland gehen, 60.000 nach Kärnten, 180.000 nach Niederösterreich, 160.000 nach Oberösterreich, 60.000 nach Salzburg, 130.000 in die Steiermark, 80.000 nach Tirol, 40.000 nach Vorarlberg und 210.000 nach Wien.

Kurz: „Weltuntergangsszenarien“ nicht bewahrheitet

Zufrieden zeigte sich der Kanzler, dass ein bundesweiter Lockdown nicht nötig geworden sei. „Weltuntergangsszenarien“ hätten sich nicht bewahrheitet. Das Ansteckungsniveau sei „relativ stabil“. Bei allen Öffnungsschritten werde man „behutsam“ vorgehen. Masken, Tests und auch der „Grüne Pass“ würden dabei eine große Rolle spielen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Oswald Wagner (Vizerektor MedUni Wien)
APA/Hans Punz
Die Regierung kündigte Öffnungsschritte an

Laut Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) werden Zuschauerhöchstzahlen und Quadratmeterzahlen bei den Kulturinstitutionen eine Rolle spielen. Klar sei, dass in der kommenden Woche auch mögliche Öffnungsdaten festgelegt werden müssten, um einen entsprechenden Planungsvorlauf zu gewährleisten. Es gehe um Perspektiven „ab Mitte Mai“, präzisierte Kurz in der Folge. „Nur nicht übermütig werden!“, warnte indes MedUni-Wien-Vizerektor Oswald Wagner, der aber grundsätzlich die Öffnungsschritte begrüßte.

Warnung vor „Impfparadoxon“

„Im Vergleich zu vor zwei Wochen sehen Sie uns heute entspannter“, so Wagner weiter. Es gebe fast in ganz Österreich schon deutlich fallende Infektionszahlen. Der Lockdown in Ostösterreich sei erfolgreich gewesen. Dass diese Maßnahme nicht mehr wirke, weil die Bevölkerung das nicht mehr mittrage, stimme einfach nicht. Man müsse sie nur gut erklären. Er warnte aber vor einem „Impfparadoxon“, auf das der deutsche Virologe Christian Drosten hingewiesen hatte: Dass nämliche trotz vieler Impfungen eine weitere Infektionswelle kommen könnte, wenn man auf Druck zu schnell öffne.

Statement von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Lob gab es von allen Seiten für Vorarlberg, das es mit vielen Tests geschafft habe, trotz Öffnungsschritten kein exponentielles Infektionswachstum heraufzubeschwören. Das Burgenland wollte Wagner für sein Ausscheiden aus dem Ostverbund nicht kritisieren, das Regionalisierungsmodell sei das richtige Modell gewesen.

Kogler, der derzeit den zurückgetretenen ehemaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) vertritt, zeigte sich ebenfalls vorsichtig optimistisch. Er bedankte sich außerdem bei Wien und Niederösterreich, wo man deutlich sehe, dass der Lockdown wirke. Zudem appellierte er, sich regelmäßig testen zu lassen.

Impfdosen für Polizei und Bundesheer

Kurz kündigte an, dass Lehrerinnen und Lehrer sowie die Polizei bis Ende des Monats durchgeimpft sein sollen. Die Polizei erhält in der kommenden Woche 10.000 Dosen des Impfstoffs von Moderna. Das kündigte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Freitagnachmittag und zeigte sich sehr erfreut darüber. Zuletzt hatte es wiederholt Kritik aus der Polizei am langsamen Impffortschritt bei der Berufsgruppe gegeben.

Gastronomie will „ordentliche Öffnung“

Die heimischen Gastronomievertreter äußerten sich zur Pressekonferenz der Regierung am Freitag und forderten beim anvisierten Lockdown-Ende im Mai eine „ordentliche Öffnung“ inklusive Innenräume. „Nur die Gastgärten zu öffnen macht betriebswirtschaftlich keinen Sinn“, sagte WKÖ-Gastronomieobmann Mario Pulker. Die angekündigte gleichzeitige Öffnung in allen Bereichen begrüßte der Interessenvertreter. Nach der ersten Öffnung müsse es aber auch einen Plan für weitere Lockerungen geben, etwa wann größere Veranstaltungen wie Geburtstagsfeiern und Hochzeiten stattfinden können, so Pulker.

Eine wirtschaftliche Normalisierung in der Gastronomie werde noch länger dauern. Ausländische Gäste wollen erst wieder nach Österreich reisen, wenn die Neuinfektionszahlen deutlich gesunken seien, so Pulker. „Solange die Reisewarnungen aufrecht sind, haben wir ein Problem“, sagte der WKÖ-Vertreter.

SPÖ-Cefin kritisiert Kurz

SPÖ und FPÖ übten nach dem CoV-Gipfel Kritik an der Regierung. Seit Mitte Februar gebe es keine zentrale Steuerung der Pandemiemaßnahmen mehr, so SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz am Freitag. „Die Regierung hat die Kommandobrücke Mitte Februar verlassen“. Das Management liege nun bei den Landeshauptleuten, und es herrsche das Motto: „Jeder macht jetzt, was er will.“ Das habe die Folge, dass sich die Bevölkerung noch weniger auskenne.

Rendi-Wagner griff Kurz direkt wegen seiner Aussage, „Weltuntergangsszenarien“ seien nicht eingetreten, an. Das sei noch dazu am Tag, an dem die Republik der CoV-Toten gedenke, fehl am Platz.

Rendi-Wagner kritisiert CoV-Management

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wirft der Regierung inkonsequente und mutlose Politik in Sachen CoV-Maßnahmen vor. Sie befindet die regionale Lösung für keine gute Idee. Zudem übt sie auch Kritik an SPÖ-Burgenland-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Rendi-Wagner offen gegen Doskozil

Scharfe und ungewohnt offene Kritik übte Rendi-Wagner in der ZIB2 an ihrem Parteikollegen, dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Dort würden die Öffnungen zu früh erfolgen, die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen würden solche Öffnungsschritte nicht hergeben. Doskozil trage dafür die Verantwortung, so Rendi-Wagner, die zugleich das Vorgehen des Wiener SPÖ-Bürgermeisters Michael Ludwig, den Lockdown zu verlängern, lobte.

FPÖ: „Maßnahmen nicht verhältnismäßig“

Die FPÖ nannte die Maßnahmen „ganz offensichtlich nicht evidenzbasiert“: „Sie sind überschießend und nicht verhältnismäßig“, so der stellvertretende Parteiobmann Harald Stefan in einer Aussendung. „Ein Lockdown sollte immer nur das letzte Mittel sein, dennoch wird diese Karte mit Vorliebe gezogen“, kritisierte Stefan, der Parteichef Norbert Hofer vertrat.

NEOS schlug nach den Beratungen einen baldigen „Herbstgipfel“ vor: „Wir müssen jetzt bewusst auf den Herbst schauen – unter anderem, wie es in den Schulen weitergeht“, so Parteichefin Beate Meinl-Reisinger in einer Aussendung. Aktuell brauche es außerdem mehr CoV-Tests – hier unterstütze man vor allem die Berufsgruppentests.

„Corona-Nebelwand lichtet sich“

Erfreuter zeigten sich die Bundesländer. „Die Corona-Nebelwand lichtet sich und der Weg Richtung Normalität wird sichtbarer“, freute sich etwa Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Öffnungsschritte würden jetzt durch die Öffnungskommission vorbereitet, auch im Hinblick auf begleitende Schutzmaßnahmen wie Testen. „Und Schutzmaßnahmen wird es auch brauchen, ansonsten sind wieder Rückschläge zu befürchten.“

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sah sich bestätigt. Das Konzept der Öffnungskommission werde sich an mehreren Parametern und nicht rein an den Inzidenzzahlen orientieren – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Platter: „Bereiche nicht gegeneinander ausspielen“

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte, wichtig sei, dass „die Bereiche nicht gegeneinander ausgespielt werden“ – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sprach sich zuvor für Öffnungsschritte aus, aber nur, wenn sie virologisch vertretbar seien – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ist aus diesen Gründen für eine rasche Einführung des „Grünen Passes“.

Niederösterreich gegen Ausreisetests

Niederösterreich will unterdessen seine derzeit in manchen Regionen mit zu hoher Inzidenz gültigen Ausreisetests nicht weiterführen müssen – mehr dazu in noe.ORF.at. Wiens Bürgermeister Ludwig (SPÖ) hatte sich bereits am Donnerstag für behutsame Öffnungen ausgesprochen, allerdings österreichweit im Gleichschritt und auf entsprechenden österreichweiten Kennzahlen.