Zwei Arbeiter im MAN-Werk in Steyr
APA/Helmut Fohringer
MAN Steyr

Industrie hofft auf Lösung

Das Ringen um das MAN-Werk Steyr in Oberösterreich ist auch für Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), nicht zu Ende. Der Standort ist nicht nur für Steyr „sehr wichtig“, sondern auch für Österreich. „Ich bin zuversichtlich, dass es noch eine Lösung geben wird“, sagte Knill am Sonntag – und erwähnte das Konzept von Investor Siegfried Wolf, das von den Beschäftigten bereits abgelehnt wurde.

Die MAN-Zentrale in München hatte Mitte der Woche offenbar ernst mit der Schließung des Standorts Steyr gemacht: Eine Woche nach dem Nein der Belegschaft zur Übernahme des Standorts durch Wolf erklärte sie, die Verträge für die 278 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter zu kündigen – mehr dazu in ooe.ORF.at. Zudem starten kommenden Montag die Verhandlungen über einen neuen Sozialplan, da der bisherige an eine Übernahme durch Wolf geknüpft war. Der Betriebsrat fordert weitere Gespräche mit potenziellen Investoren, die SPÖ sprach sich zuletzt für eine Staatsbeteiligung aus.

Knill hält hingegen nichts davon, dass sich der Staat am MAN-Werk in Steyr beteiligt, sagte er in der ORF-„Pressestunde“. Eine Unterstützung in Form von einer Arbeitsstiftung, „wenn notwendig“, sei aber möglich, so der IV-Präsident, der darauf hinwies, dass es in der Debatte nicht etwa um eine mögliche Zahlungsunfähigkeit des Werks geht. Das Unternehmen wolle das Steyr-Werk wegen einer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit schließen. Einer Firma vorzuwerfen, dass sie die Produktion in den Osten verlegt, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sei nicht legitim, sagte Knill.

Wolf-Konzept: „Segen für die Region“

Der Standort in Steyr sei aber „sehr wichtig“ und die Enttäuschung der Betroffenen nachvollziehbar. Gerade deshalb, so Knill, müssten sich die Unternehmensführung, die Arbeitnehmervertreter, die Politik und auch mögliche Investoren sowie Investorinnen wieder zusammensetzen. Für Knill ist auch das Konzept von Ex-Magna-Chef Wolf noch nicht vom Tisch. Das Konzept sei schlüssig gewesen, „ich bin sehr verwundert über die Reaktion der Mitarbeiter“, die das Konzept mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt hatten.

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), in der ORF-„Pressestunde“
ORF
IV-Präsident Knill zeigte sich zuversichtlich, dass es eine Lösung geben werde

Dass Wolf bereits angekündigt hatte, seine Übernahmepläne nicht mehr weiterzuverfolgen, ist für Knill offenbar kein Grund, nochmals mit ihm zu verhandeln. Wolf habe „ein wirklich gutes Konzept, es wäre ein Segen für die Region“. Welche Debatten es im Werk dazu gegeben hat, sei Knill nicht bekannt. Die Situation, also die angekündigte Schließung des Werks, zeige, wie wichtig eine aktive Standortpolitik ist. Die Frage der Standortgarantie bis 2030, die im vergangenen Jahr von der MAN-Zentrale aufgekündigt wurde, müssten Anwälte klären.

Weiters Angebot wurde abgelehnt

Neben Wolfs Angebot wurde in den vergangenen Wochen noch ein weiteres ventiliert, dem „Green Mobility Center“ eines Konsortiums um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit). Mit diesem Konzept liebäugelte zunächst der MAN-Betriebsrat in Steyr, doch für die MAN-Zentrale wurde dieses als zu wenig konkret erachtet und deshalb nicht ins Auge gefasst. Der Sprecher des Konsortiums, der Wiener Anwalt Gerald Ganzger, sagte nach der Absage der Belegschaft zu Wolf, dass man nach wie vor gesprächsbereit sei.

„Wenn selbst der IV-Chef einen Beitrag von Politik und Bund zur Rettung des MAN-Werks in Steyr fordert, dann ist es höchste Zeit, dass auch die türkis-grüne Regierung den Schlafwagen verlässt und nicht nur zusieht, wie tausende Arbeitsplätze vernichtet werden“, teilte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter anlässlich der Aussagen von Knill am Sonntag mit. „Es geht hier um mehr als 8.000 Arbeitsplätze. Eine Option, um diese zu retten, ist eine staatliche Beteiligung bis zu 20 Prozent“, verweist Matznetter auf den SPÖ-Vorschlag.

Lob für Wiederaufbauplan

Den von der Regierung angekündigten Wiederaufbauplan lobte Knill neuerlich. Bei den bei der EU eingereichten Punkten – die nur zum Teil öffentlich bekannt sind –, würden Punkte rund um Digitalisierung, Ökologisierung und Bildung für einen „Schub aus der Krise“ sorgen können. Knill hob 100 Mio. Euro für Wasserstoffprojekte, „einiges“ im Automotivesektor und fast 200 Mio. Euro für den Bildungsbereich hervor.

Perspektiven für den MAN-Standort Steyr

Von der Regierungsklausur am Montag erwartet sich Knill einiges zum Thema „Comebackplan“. Es gehe darum, Chancen die sich auf dem globalen Markt auftun, bestmöglich für Österreich und seine Menschen zu nutzen. „Die Welt wird heuer um sechs Prozent wachsen. Das ist eine Chance, überproportional an diesem Aufschwung teilhaben zu können.“

Die Investitionsprämie sei eine der wichtigsten konjunkturbelebenden Projekte der Bundesregierung. Diese ist kürzlich ausgelaufen und könnte verlängert werden. Nach den Liquiditätshilfen im Zuge der Coronavirus-Hilfen brauche es nun neue Hilfen: „Es benötigt jetzt eigenkapitalstärkende Maßnahmen.“ Knill erinnerte hierbei an eine in Aussicht gestellte Senkung der Körperschaftssteuer, eine Langzeitforderung der Industriellenvereinigung. Bei den Lohnnebenkosten habe Österreich Wettbewerbsnachteile.

Knill rechnet mit ökosozialer Steuerreform im Herbst

„Wir als Industrie bringen Wachstum“, sagte Knill auf die Frage, was die Industrie bereit sei zu geben – denn jemand muss ja die Kosten für die viele Milliarden schweren Coronavirus-Hilfen zahlen. „In den nächsten acht Jahren haben wir diese Krise durch Wachstum zurückverdient.“ Das zarte Pflänzchen des Wachstums dürfe jetzt nicht durch neue Belastungen erstickt werden. Es brauche auch Effizienzmaßnahmen in der Verwaltung. Es brauche „einen schlanken starken Staat“, dann sei der Sozialstaat leistbar.

Zu einer möglichen CO2-Steuer verwies Knill darauf, dass die Steuer- und Abgabenquote laut Regierungsprogramm von 43 auf unter 40 Prozent sinken solle. Er rechnete mit einer ökosozialen Steuerreform im Herbst, wie diese ausschaue, sei aber offen, sie müsse jedenfalls aufkommensneutral sein. „Es darf für die Industrie in diesem Zusammenhang zu keinen Mehrkosten kommen.“ Die Klimaziele müssten durch Unterstützung der öffentlichen Hand erreicht werden. „Und es braucht auch seine gewisse Zeit.“

Änderung des Budgets

Zur Änderung des Staatshaushalts, die das Finanzministerium bekanntgegeben hat, sagte Knill, dass Österreich sich das leisten könne. „Die zusätzlichen Ausgaben sind gerechtfertigt. Wir kommen auf eine Staatsschuldenquote auf knapp 90 Prozent. Das ist im europäischen Vergleich absolut in Ordnung.“ Mit dem erwarteten Wachstum der nächsten Jahre sei das darstellbar. „Es geht jetzt darum, wie kommen wir gestärkt aus dieser Krise heraus.“

Impfungen für Unternehmen

Zurückhaltend zeigte sich Knill auf Fragen zur ÖBAG und deren Chef Thomas Schmid. Die politische Kultur sei derart abgesunken, dass man sich frage, was hier passiere. Schmid gehe nächstes Jahr als Alleinvorstand. Man werde aus den Vorgängen lernen und es nächstes Mal besser machen. Zum WKÖ-Kontrollbericht sagte Knill, dass „Präsident (Harald, Anm.) Mahrer der Sache entsprechend nachgeht und das abstellt“.

Zu den Coronavirus-Impfungen bekräftigte Knill Ausführungen seines kürzlichen Interviews in den „Salzburger Nachrichten“, wonach die Unternehmen und deren Infrastruktur zur Durchimpfung herangezogen werden sollten.