Mann sitzt im Schlafzimmer am Bett
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Neue Konzepte

Zunehmender Fokus auf „Long Covid“

Mit der Zahl der Infizierten steigt auch die Zahl jener Patientinnen und Patienten, die an Langzeitfolgen des Coronavirus leiden. Bereits Mitte Februar appellierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO), „Long Covid“ mehr Aufmerksamkeit zu schenken – nun plant auch Österreich neue Konzepte für Betroffene.

Rund zehn bis zwanzig Prozent leiden noch Wochen oder Monate nach Beginn der Krankheit an den Folgen von Covid-19. Forschende nennen das Phänomen, das Atemwege, Herz-Kreislauf-System, Muskelapparat, Nervensystem und auch den Stoffwechsel betreffen kann, „Long Covid“.

Die Liste der Symptome ist dementsprechend lang und reicht von Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gliederschmerzen über Atemprobleme, Gedächtnisverlust und Konzentrationsstörungen bis hin zu chronischer Erschöpfung. Ebenso kann es zu psychiatrischen Syndromen kommen – die Datenlage zu den Langzeitfolgen ist jedoch noch recht dürftig.

„Keine Diagnose im klassischen Sinn“

„Die Häufigkeit von ‚Long Covid‘ ist noch nicht ganz klar, vor allem gibt es sehr unterschiedliche Verläufe“, sagt Thomas Czypionka, Gesundheitsexperte des Instituts für Höhere Studien (IHS), gegenüber ORF.at.

Auch seitens der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) heißt es gegenüber ORF.at, dass „Long Covid“ keine „Diagnose im klassischen Sinn“ sei. Und: Einen Diagnosecode für den „Post-Covid-19-Zustand“ gibt es erst seit März 2021.

Frau sitzt im Schlafzimmer am Bett
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Viele Covid-19-Patienten und -Patientinnen leiden noch lange nach Beginn der Erkrankung unter chronischer Erschöpfung

„Wir haben ein riesiges Thema mit Post-Covid“

ÖGK-Chefarzt Andreas Krauter sprach dabei von einem „Krankheitsbild, wo wir lernen müssen“. Im Ö1-Morgenjournal am Montag erklärte er den „Post-Covid-19-Zustand“ folgendermaßen: „Es gibt Akut-Covid, das ist vier Wochen, dann das ‚Ongoing Covid‘-Syndrom bis zwölf Wochen und dann das ‚Long Covid‘ mit über zwölf Wochen Krankheit. Und das fasst sich zusammen dann als Post-Covid-Zustand.“

„Wir haben ein riesiges Thema mit Post-Covid“, sagte Krauter. Ein Drittel der Patienten und Patientinnen, die auf Intensivstationen waren, seien nach einem Jahr „nach wie vor nicht fähig, sich selbst zu versorgen“ und kämen nicht mehr in ihrem Beruf unter. Aber auch Erkrankte mit einem leichten Verlauf würden oftmals unter „Long Covid“ leiden, wie zahlreiche Studien belegen.

Arzt und Patient im Krankenzimmer
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Nicht nur Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus waren, sondern auch jene mit einem leichten Verlauf können an „Long Covid“ leiden

Bessere Behandlung und Umgang gefordert

Betroffene müssen aber nicht nur mit Problemen mit ihrer Gesundheit, sondern oftmals auch mit der Versicherung kämpfen. So würden etwa Patienten trotz „Long Covid“-Symptomen gesundgeschrieben, wie eine Betroffene im Morgenjournal berichtete.

Frauen und „Long Covid“

Am stärksten von „Long Covid“ betroffen sind Frauen im mittleren Alter – mehr dazu in science.ORF.at.

Seitens der österreichischen „Long Covid“-Selbsthilfegruppe mit mittlerweile mehr als 600 Mitgliedern heißt es: „Wir setzen uns ein für eine bessere Behandlung der Patienten, Anerkennung von Ärzten, Versicherungsträgern und Politik sowie mehr medizinische Forschung nach ‚Long Covid‘.“ Auch die WHO appellierte, man müsse den Betroffenen zuhören und ihre Beeinträchtigungen verstehen.

Anlaufstellen für „Long Covid“-Patienten geplant

Die ÖGK plant nun Anlaufstellen für diese „Long Covid“-Patienten. Dafür werde zunächst ein Konzept entwickelt, Vorbild sei das britische Gesundheitssystem, so Krauter. In England sollen bereits bis Ende April flächendeckend 83 „Long Covid“-Zentren entstehen.

„Es ist sicherlich ganz notwendig, dass so eine Behörde geschaffen oder so ein Ort geschaffen wird, wo die Patientinnen und Patienten sich erkundigen können, informieren können. Wir haben das auch vor auf der Bundesländerebene“, sagte Krauter. Seitens der ÖGK verwies man auf das spezielle „Long Covid“-Reha-Programm in der Klinik „Mein Peterhof“, das man seit dem Vorjahr anbiete, „weil wir gesehen haben, dass der Bedarf besteht“.